Girlfriend in a Coma
aufgefallen, was für üble Typen das sind - ich ... ich muß unbedingt mit ihnen reden. Stars! Die Mörder sind unter uns, hier in unserem Englischkurs!
Als es zur Pause klingelte, rannten wir drei den lärmigen Nordflur entlang, um uns wieder draußen beim Datsun zu versammeln. Hamilton und Pammie waren bereits, dort. Sie rauchten und wirkten gereizt. Ihnen war es ähnlich ergangen wie uns.
»Na, das war ja ganz toll, Leute«, sprach Hamilton aus, was wir alle dachten. »Um keinen Preis geh ich wieder zurück in diese Freakshow.« Schon da war uns fünfen klar, daß wir die Schule niemals auf normalem Wege beenden würden. Pam sagte: »Canyon«, und wir stiegen in unsere Autos. Wir hatten ein paar Zigaretten dabei, Linus hatte billig Skunk besorgt, und das war alles, was wir im Moment brauchten. Also sausten wir los zum Canyon, in den Wald unterhalb der Rabbit Lane. Dort parkten wir die Wagen, liefen in das windstille, matschige Grün des Canyon hinunter wo uns die großen Bäume über uns vor dem unfreundlichen Regenwetter schützten, und Ruhe überkam uns.
5
Kein Sex, kein Geld, kein freier Wille
Noch einmal: Persönlichkeiten.
Mir ist schon immer aufgefallen, wie ähnlich sich all die Schüler-Profile in High-School-Jahrbüchern lesen - wie schon nach ein paar Seiten die Identität all der unverdorbenen jungen Gesichter verschwimmt, wie eine Person mit der nächsten und wieder der nächsten verschmilzt: Susan ißt gern bei Wendy's; Donald hat im Basketballteam gespielt; Norman läßt nichts auf seinen Schulpullover kommen; Gillian hat sich auf der Klassenreise im Frühjahr den Arm gebrochen; Brian ist ein Autonarr; Sue möchte nach Hawaii ziehen; Don will eine Million machen und ein Ski-As werden; Noreen will nach Europa ziehen; Gordon will Radio-DJ in Australien werden. An welchem Punkt unseres Lebens hören wir auf, miteinander zu verschwimmen? Wann werden wir zu deutlich unterscheidbaren Individuen? Was müssen wir tun, um diese diffusen Identitäten loszuwerden - um zu klären, wer genau wir eigentlich wirklich sind? Was habe ich bisher über mich selbst gesagt? Offensichtlich nicht viel. Bis Jared starb, hatte ich mein Leben für durchschnittlich gehalten. Ich bin jemand, den man auf den ersten Blick bittet, seine Kinder einzuhüten oder mit ihnen Baseball zu trainieren. Ich glaubte, ich hätte ein reines Gewissen.
Ich hatte keine bestimmten Ambitionen, aber ich ging davon aus, daß ich meinen Weg schon machen würde. Ich bemühte mich, nett und liebenswert zu sein. Nicht, daß ich das für schlecht halte, aber ich konnte mich keinen Tag des Gefühls erwehren, ich sei nicht besonders gut darin, ... ich zu sein. Ich war nicht direkt ein Schwindler, nur ... nicht besonders gut darin, ich zu sein.
Menschen fielen mir wieder ein, die ich mit Anfang Zwanzig gekannt hatte, Freunde, die in eine Rolle zu schlüpfen pflegten - der elegante Europäer, das verbitterte Grunge-Ding, Stevie Nicks -, und nachdem sie diese Rolle jahrelang eingeübt hatten, wurden sie plötzlich zu der Person, die sie darstellten. Wozu war ich geworden? Ich kann mich nicht mal erinnern, daß ich versucht hätte, eine Rolle zu spielen. Und als Karen fort war, fühlte ich mich die ganze Zeit wie verhext; ich entfernte mich von meiner Mitte. Dunkelheit brach über mich herein. Mein Leben wies die Anfänge einer Geschichte auf. Ich war nicht mehr bloß wie alle anderen; und das war ein Gefühl, wie auf Eiern zu laufen, als würde man mit nassen Schuhen auf schlüpfrigen Steinen durch einen Bach schliddern, dessen Strömung immer stärker wird. Im High-School-Jahrbuch der Abschlußklasse von 1980 gab es eine Sonderseite zu Ehren von Karen. Darauf war ihr Abschlußfoto zu sehen, aufgenommen im Monat vor ihrem Koma, über ein Bild von Bäumen im Nebel montiert, und darunter stand:
Erinnerungen ...
Karen Ann McNeil
Für Karen Ann, die uns am 15. Dezember verließ und immer noch von größeren Welten als der unseren träumt. Hey, Karen - du fehlst uns, und wir werden immer an dich denken.
David-Bowie-Fan/ Zukünftige Rechtsanwaltsgehilfin mit Wohnsitz auf Hawaii / »Arschkopf« / Quasselstrippe/Hat für jeden ein .Lächeln übrig / »Verrrrr-giß es!« / Ach, diese Montage! / Die Frage ist doch, Mädels - haben wir genug Pullover? / hat einen Schuh im Elton-John-Konzert verloren / umpf , ...im Regen aufs Chemieklo gehen / das Ei (jawoll!) / Die große Liebe? Fonzie aus Happy Days: Heyyyy! (Tschuldigung,
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