GK0089 - Horrorfest am Galgenhügel
kann ihn nicht fassen. Inspektor!« Fred krallte seine Fingernägel in Johns Arm. »Sie müssen Sie retten, Inspektor. Am Galgenbaum soll sie hingerichtet werden. Mein Gott…«
Tief atmete John Sinclair aus. Was war mit diesem jungen Mann geschehen. Blutige Striemen, die von einer Peitsche stammen konnten, bedeckten seinen Oberkörper. Auch das Gesicht hatte etwas abbekommen. Der Verband an seinem Arm war zerrissen.
Dreck war in die frische Wunde gelangt.
Hoffentlich blieb Fred am Leben.
Der junge Mann ächzte schwer. »Meine Mutter - sie ist tot. Die Bestie hat sie erwürgt, mit ihrer Peitsche. Es war so grausam.«
John Sinclair strich dem Verletzten das schweißverklebte Haar aus der Stirn.
»Keine Angst, Fred, es wird schon alles gut werden. Du siehst deine Chris wieder, das verspreche ich dir.«
Fred hob mühsam den Kopf. »Danke, Inspektor, danke. Ich kann Ihnen gar nicht…«
Plötzlich weiteten sich die Augen des jungen Mannes. »Um Himmels willen, Inspektor! Vorsicht!«
Schräg nach hinten hechtete John weg. Sein in vielen Gefahren geschulter Instinkt ließ ihn richtig reagieren.
Er sah einen Schatten, hörte einen Schrei, und dann bohrte sich eine Lanze an der Stelle in die Erde, wo John eben noch gelegen hatte.
O'Donell, der Sargtischler! John hatte ihn vergessen. Und dieser Schweinehund versuchte, die Gunst der Stunde zu nutzen, um den Inspektor zu töten.
Gerade riß O'Donell die Lanze aus dem Boden, wollte ein zweites Mal zustoßen.
John lag auf dem Rücken.
Einen Schritt vor ihm stand der Sargtischler, die Lanze zum tödlichen Stoß erhoben.
Das Gesicht des Mannes hatte nichts Menschliches mehr an sich. Es war eine Fratze.
John sah nur noch eine Möglichkeit.
Gedankenschnell verschwand seine Hand unter dem Jackett, riß die Pistole hervor…
»Stirb, verdammter Hund!« schrie O'Donell und stieß zu.
John Sinclair feuerte einen Sekundenbruchteil früher. Das Silbergeschoß raste dem Sargtischler in die Brust.
O'Donell kam nicht mehr dazu, die Lanze zu werfen. Sein Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei, dann klappte der Sargtischler zusammen.
John Sinclair schluckte, stand auf und trat neben den Toten.
Glasige Augen starrten gegen den nachtdunklen Himmel. John empfand nicht einmal Mitleid für den Mann. Zuviel Schuld hatte er auf sich geladen.
Ein Stück weiter lag der junge Fred Young. Es war fraglich, ob er durchkommen würde. Und dabei hatte er John noch das Leben gerettet.
Der Inspektor steckte seine Waffe ein. Es war das erste Mal, daß er mit einer Silberkugel einen Menschen getötet hatte.
Dann ging er mit schnellen Schritten quer über die Straße und schlug gegen die nächstbeste Haustür.
»Machen Sie auf!« schrie er. »Dort auf der Straße liegt ein Verletzter, der Ihre Hilfe braucht.«
Im Haus rührte sich nichts.
John biß die Zähne zusammen, daß sie knirschten.
»Wenn Sie nicht öffnen, schieße ich das Schloß entzwei!«
Diese Drohung reichte. Zögernde Schritte näherten sich. Ein Schlüssel wurde herumgedreht. Langsam öffnete sich die Tür.
Ein bleiches Männergesicht erschien.
»Kommen Sie mit!« befahl John. »Sie müssen mir tragen helfen.«
Der Inspektor ging vor. Als John einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah er, daß der Mann ihm zögernd folgte.
»Machen Sie schon!«
Gemeinsam brachten sie den verletzten Fred Young ins Haus.
Der Mann hatte eine Familie. Drei Kinder sahen John ängstlich an. Die Ehefrau hatte überall im Haus Kreuze aufgehängt und Weihwasser verspritzt. Sie wollte wenigstens einen kleinen Schutz gegen Dämonen haben.
Fred wurde auf eine Couch gebettet. Er war bewußtlos geworden.
»Waschen Sie ihm die Wunden aus«, sagte John zu der Frau.
Sie nickte eifrig.
Dann wandte sich der Inspektor an den immer noch vor Angst schlotternden Mann. »So, und Sie beschreiben mir jetzt den Weg zum Galgenhügel!«
Der Mann zuckte erschrocken zusammen.
»Wollen Sie dahin?«
»Ja«
»Sie werden nicht mehr lebend zurückkommen.«
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Und jetzt reden Sie nicht lange herum, sondern erklären Sie mir den Weg.«
Der Mann tat es. Seine Stimme zitterte dabei wie Espenlaub.
John hörte konzentriert zu. Er bedankte sich dann und meinte noch zum Schluß: »Sorgen Sie dafür, daß der Tote von der Straße geschafft wird.«
Der Mann nickte eifrig.
John Sinclair sah noch einmal nach dem verletzten Fred Young und verließ das Haus.
Tief atmete er draußen die kühle Nachtluft ein. Seine
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