GK0137 - Das Todeskabinett
jetzt waren seine beiden Tanten nicht da. Sie waren in den Ort gefahren, um einzukaufen.
Larry kaute nervös auf seiner Unterlippe.
Wieder schellte es. Diesmal länger, fordernder.
Dem jungen Mann blieb fast das Herz stehen. Trotzdem raffte er allen Mut zusammen und lief die Treppe hinunter.
Durch das kleine Fenster neben der Haustür konnte man nach draußen sehen. Larry schob vorsichtig die Gardine zur Seite und peilte durch die Scheibe.
Es waren keine Polizisten, die vor der Tür standen, sondern ein junges Mädchen. Larry konnte es nur im Profil sehen, erkannte aber in ihm eine der Freundinnen von Milly.
Ehe das Girl zum drittenmal seinen Finger auf den Klingelknopf legen konnte, öffnete Larry die Tür.
»Ja?« fragte er leise und ein wenig abweisend.
»Ich muß dich mal sprechen.« Das Gesicht unter dem lockigen, dunklen Haar wirkte sehr ernst. Larry sah, daß das Girl grüne Augen hatte. Seine Hände hatte es in den Taschen des offenstehenden Parkas vergraben.
»Wer bist du?« fragte Larry.
»Ich bin Janet Sturgess. Ich habe mit Milly Day auf einem Zimmer gewohnt.«
»Und was willst du von mir?«
»Das kann ich dir besser im Haus sagen, Larry!«
Der junge Mann zögerte. Er hatte eigentlich nicht vor, Janet Sturgess hineinzulassen, außerdem hatten die Tanten ihm verboten, jemanden mitzubringen, wenn sie nicht da waren, doch Janet Sturgess gab nicht so leicht auf. Sie quetschte sich kurzerhand an Larry vorbei in die kleine Diele.
»He, was…«
»Mach die Tür zu, Larry.«
Der junge Mann folgte automatisch dem Befehl. Dann gingen die beiden in den Livingroom. Janet verzog das Gesicht, als sie die Einrichtung sah. »Und zwischen solch einem Kram kannst du leben?« fragte sie.
»Man gewöhnt sich daran.«
Janet wandte Larry ihr Gesicht zu. »Du bist komisch«, sagte sie, »aber das ist ja egal. Ich bin nicht gekommen, um mit dir über dich zu sprechen, sondern über Milly, Sie ist tot!«
»Nein!« Larry taumelte zurück und ließ sich in einen Sessel fallen. »Das – das ist unmöglich.«
»Es ist wahr, Larry. Mit solchen Sachen treibe ich keine Scherze.« Janet beobachtete den jungen Mann genau, und sie erkannte, daß er ein wenig schauspielerte, daß er von Millys Tod schon gewußt hatte.
Larry Harker schluckte ein paarmal und fragte dann: »Und was habe ich damit zu tun?«
»Du warst mit ihr zusammen!«
Larry sprang auf. »Woher willst du das wissen?« schrie er. »Außerdem ist es gelogen. Ich war in den letzten Tagen und Nächten hier im Haus. Das werden meine Tanten auf jeden Fall bezeugen können.«
»Die Aussagen kenne ich, Larry. Aber mir kannst du ja viel erzählen. Die Frage ist nur, ob dir auch die Polizisten glauben werden.«
»Was habe ich denn mit den Polizisten zu tun?«
»Larry, du bist ein schlechter Schauspieler«, stellte die Schwarzhaarige fest. »Alle Schülerinnen der Beauty-School sind schon vernommen worden. Oder wenigstens fast alle. Natürlich habe ich den Beamten gesagt, daß mir Milly erzählt hat, mit wem sie die Nacht verbringen wollte.«
Larry Harker begann zu lachen, doch es klang ziemlich unecht. »Natürlich bestreite ich nicht, daß ich Milly gekannt habe, aber ich war in der Nacht hier zu Hause.«
Jetzt wurde Janet wütend. Sie sprang auf. »Sei doch nicht so stur, verdammt.« In ihren Augen glitzerten Tränen. »Milly Day ist in einer Waldhütte umgebracht worden, die deinen Tanten gehört. Wer sonst hätte dort hineinkommen können, außer dir?«
»Jeder! Das Schloß ist einfach zu knacken. Das kannst du sogar mit einer Sicherheitsnadel schaffen, wenn du etwas geschickt bist. Und ich weiß auch, was du willst. Du hältst mich für den Mörder, nicht wahr?«
»Wenn du es genau wissen willst – ja!«
Larry Harker hob den rechten Arm. »Du bist ein Miststück. Du bist…«
»Ja!« schrie Janet Sturgess. »Schlag doch! Hast du Milly auch geschlagen? Du kannst mich ja gleich umbringen, oder macht dir das keinen Spaß, du Bestie, du!«
Larry Harker war bleich wie ein Leichentuch geworden. Doch plötzlich ließ er den Arm sinken und fiel zurück in den Sessel.
»Geh«, flüsterte er. »Verschwinde von hier. Ich will dich nicht mehr sehen.«
Janet Sturgess war erregt. Ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt, und die Brust hob und senkte sich bei jedem Atemzug. »Ja, Larry Harker, ich gehe. Aber ich werde wiederkommen, verlaß dich darauf.«
Janet machte auf dem Absatz kehrt, rannte aus dem Zimmer und riß die Haustür auf. Fast wäre sie mit
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