GK0144 - Die Todesgondel
darauf zu achten, daß Ricci trotz seiner gefesselten Hände keinen Unsinn machte. Die Polizei unterschätzte den Verbrecher keineswegs.
Ricci hob die gefesselten Hände. »Bene«, sagte er. »Ihr wollt mir also keine Antwort geben. Dann geht es euch genau wie mir. Aus mir werdet ihr auch keinen Ton herausbekommen. Auch nicht durch neue Tricks und Psychoterror.«
Die Tür wurde geöffnet, und Dr. Mensings Eintreten hinderte Ricci daran, weiterzureden. Der Killer hob überrascht den Kopf und blickte dem Psychiater entgegen.
Dr. Mensing blieb einen Augenblick im offenen Türrechteck stehen. Er hatte einen kleinen Holzkasten unter den Arm geklemmt, und seine Augen musterten prüfend die Gestalt des Killers.
Die beiden Polizisten verließen ihren Platz.
Mensing trat zur Seite. Die Beamten salutierten und gingen nach draußen.
Dr. Mensing schloß die Tür. Er hatte sich ausgebeten, mit dem Gefangenen allein sprechen zu dürfen. Man war dem Wunsch von polizeilicher Seite nur zögernd nachgekommen.
Mensing war ein mittelgroßer Mann mit braunen gescheitelten Haaren und einer Goldrandbrille vor den Augen, die ihm ein intellektuelles Aussehen verlieh. Der dunkle Anzug, das blütenweiße Hemd und die sorgfältig gebundene Krawatte unterstrichen das perfekte Äußere des Wissenschaftlers.
Mensing war nach John Sinclairs Anruf sofort losgefahren. John hatte ihm mit wenigen Worten erklärt, worum es ging, und Mensing war schnell einverstanden gewesen. Er hatte nach seiner Ankunft mit den Beamten noch eine längere Unterhaltung gehabt und sich einige Notizen gemacht.
Tino Ricci übernahm das Wort. »He, was wollen Sie denn?« fragte er mit kratziger Stimme. »Sind Sie hier der Oberkacker?«
Mensing ließ sich nicht provozieren. Er ging auf den zweiten Stuhl zu und setzte sich.
»Ich möchte gern mit Ihnen reden, Signor Ricci.«
»Aber ich nicht mit Ihnen. Ich suche mir nämlich meine Gesprächspartner selbst aus.«
Mensing hob die Schultern. Dann öffnete er den Deckel des kleinen Kastens und nahm ein Metronom heraus. Den Kasten stellte er neben seinem Stuhl auf den Boden.
Mißtrauisch beäugte Tino Ricci das Metronom. »Was soll das werden, wenn es fertig ist?«
Mensing gab keine Antwort, sondern blickte den Killer nur an.
»Was starren Sie so?«
Mit dem Zeigefinger der rechten Hand setzte Dr. Mensing den Zeiger des Metronoms in Bewegung.
Der Zeiger geriet in schwingende Bewegungen. Links-rechts-links-rechts. Jedesmal, wenn er bis zum Anschlag gekommen war, gab es ein knackendes Geräusch.
»Sehen Sie nur mich an«, sagte der Hypnotiseur.
Seine Stimme klang ruhig, aber trotzdem zwingend.
Ricci verkrampfte sich auf seinem Stuhl. Seine Augen bohrten sich in die des Hypnotiseurs. Sein Blick wurde plötzlich glanzlos, entrückter.
Und immer wieder schlug das Metronom.
Behutsam stellte Dr. Mensing es auf den Boden. »Sie hören nur noch mir zu«, sagte er. »Verstehen Sie, nur noch mir.«
»Ich verstehe.«
Es war unglaublich, was dieser Mann in kurzer Zeit geschafft hatte. Er mußte einen überstarken Willen besitzen, dem selbst ein abgebrühter Gangster wie Tino Ricci nichts entgegenzusetzen hatte.
Ricci saß auf seinem Stuhl, als hätte er einen Ladestock verschluckt. Steif mit erhobenem Kopf. Er wartete auf die Fragen oder Befehle des Hypnotiseurs.
Mensing erkundigte sich erst nach dem Namen des Mannes und einigen anderen prsönlichen Daten, die Ricci mit absoluter Klarheit beantwortete. Unhörbar zeichnete der batteriebetriebene Recorder in Mensings Brusttasche das Gespräch auf.
Langsam steuerte der Hypnotiseur auf das eigentliche Thema zu.
»Sie gehören dem Club der goldenen Masken an?«
»Ja.«
»Wer ist euer Anführer?«
»Professor Mandra.«
»Was ist das für ein Mann?«
»Er ist der Diener des Goldenen Löwen.«
»Welch eine Bewandtnis hat es mit dem Goldenen Löwen?« wollte Dr. Mensing wissen.
Tino Ricci begann zu reden. Mit monotoner Stimme berichtete er von der Entstehungsgeschichte des Kults. Er kam auf die Vergangenheit zu sprechen und redete auch detailliert über einzelne Greueltaten.
Dr. Mensing kam wieder auf die Gegenwart zurück. »Wie viele Mitglieder zählt der Kult?«
»Ich weiß es nicht.«
»Kennt ihr euch?«
»Nein. Das heißt, ja«, verbesserte sich der Gangster. »Wir kennen immer nur Gruppen von vier Leuten. Diese arbeiten jedesmal zusammen. Jede Gruppe hat eine bestimmte Aufgabe.«
»Wofür ist eure Gruppe zuständig?«
»Für die Entführungen. Wir haben die
Weitere Kostenlose Bücher