GK099 - Das Bildnis des Samurai
schien aus reinen Silberfäden zu bestehen.
Obgleich er kein Dämon mehr war, verfügte er immer noch über außergewöhnliche Fähigkeiten. Er hatte so etwas wie ein Dämonenradar in sich. Er konnte einen Dämon, selbst wenn sich dieser noch so sehr verstellte, schon auf große Entfernung erkennen und entlarven. Das war ein ungeheurer Vorteil.
Ich hatte ihm das Leben gerettet.
Deshalb hatte er sich, aus Dankbarkeit, zu meinem Diener gemacht.
Wir gelangten bald nach der Landung mit dem Strom der anderen Reisenden in das riesige Flughafengebäude.
Alles war hier supermodern. Moderner noch als in New York oder sonst wo auf der Welt.
Die Ankömmlinge wurden mit einer sorgfältig ausgewählten Stimmungsmusik begrüßt.
Über die vielen Lautsprecher entbot uns eine junge Dame in allen möglichen Sprachen blechern-sympathisch ein herzliches Willkommen. Sie wünschte uns einen angenehmen Aufenthalt im Lande der aufgehenden Sonne.
Dann wieder Musik. Hunderte von stimmungsvollen Geigen, Ätherklänge auf dem Flugplatz - und viel zu laut.
»Das ist eben Tokio!«, sagte ich grinsend.
Mr. Silver kümmerte sich um unser Gepäck.
Vicky und ich hielten inzwischen nach Tucker Peckinpah Ausschau, den wir hier treffen sollten.
Er hatte versprochen, uns vom Flughafen abzuholen.
»Siehst du ihn?«, fragte mich Vicky.
»Ich sehe so viele Leute, dass ich ehrlich gesagt nicht weiß, ob ich auch ihn sehe.«
Er ließ uns ausrufen.
Das war das Klügste, was er hatte tun können.
»Mr. Anthony Ballard! Mr. Anthony Ballard! Bitte kommen sie zum Informationsschalter, Sie werden erwartet«, kam es aus den Lautsprechern.
Und noch einmal: »Mr. Anthony Ballard…«
Wir fragten uns zum Informationsschalter durch. Da entdeckten wir dann das Gesicht des fünfundsechzigjährigen Multimillionärs aus England.
»Hallo, Partner!«, rief ich erfreut aus und drückte ihm die Hand, nachdem er Vicky herzlich begrüßt hatte.
»Hallo, Tony. Wie war der Flug?«
»Wir blieben oben.«
»Na, das ist ja schon einiges«, lachte der Großindustrielle, der mir ein offenes Konto eingerichtet hatte, damit ich mich nur noch der Dämonenjagd zu widmen brauchte, ohne jemals Geldsorgen zu haben.
Er paffte vergnügt an einer dicken Zigarre.
»Wo ist denn Ihr Mr. Silver?«, fragte er dann und schaute mir suchend über die Schulter.
»Wenn er hier wäre, brauchten Sie mir nicht über die Schulter zu gucken«, erwiderte ich grinsend. »Der Bursche ist wie ein Fernsehturm, einfach nicht zu übersehen. Eine im wahrsten Sinne des Wortes überragende Persönlichkeit.«
»Da kommt er!«, sagte Vicky.
Ich übernahm es, Silver mit Peckinpah bekannt zu machen.
Peckinpah nickte beeindruckt. Er fand sofort Gefallen an dem Hünen.
»Toller Bursche«, sagte er zu mir. Und zu Silver sagte er: »Tony hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Ich muss sagen, er hat nicht übertrieben. Genauso habe ich Sie mir vorgestellt.«
»Vielen Dank, Mr. Peckinpah«, erwiderte mein Freund mit einem warmen Lächeln.
»Kommt!«, sagte Peckinpah. »Ich fahre euch jetzt zum Hotel.«
Silver trug unser Gepäck zum Wagen. Ich wollte ihm dabei helfen, aber das lehnte er ab.
Peckinpah steuerte den Leihwagen selbst.
»Wir waren einigermaßen erstaunt, als wir Ihren Anruf erhielten«, sagte Vicky.
»Es war nicht bloß ein Anruf«, stellte der Industrielle richtig. »Es war eine Einladung zu meiner Geburtstagsparty.«
»Na eben«, sagte Vicky. »Sie sind Engländer. Und Sie feiern Ihren Geburtstag in Tokio. Da darf man doch staunen.«
»Das hat seine Gründe, Miss Bonney«, erklärte der vitale Peckinpah lächelnd. »Ich halte mich zurzeit natürlich nicht von ungefähr hier in Tokio auf, wie Sie sich vorstellen können.«
»Ich nehme an, Sie haben in der Metropole des Fernen Ostens geschäftlich zu tun.«
»Genau.«
»Und zwar?«
»Japan ist eine der größten Industrienation der Erde. Als ich erfuhr, dass auf japanischen Werften die beiden größten Handelsschiffe der Welt gebaut wurden - zwei Supertankschiffe -, entschied ich mich dafür, ebenfalls zwei solche Schiffe hier bauen zu lassen.«
»Sie wollen doch nicht etwa ins Ölgeschäft einsteigen?«
»Ich bin bereits mittendrin«, lachte Tucker Peckinpah. »Wussten Sie das denn nicht, Miss Bonney?«
Das war also der Grund. Peckinpah verband das Angenehme mit dem Nützlichen. Und da er uns sehr in sein jung gebliebenes Herz geschlossen hatte, hatte er uns zu seiner Geburtstagsparty made in Japan eingeladen.
Wir waren
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