Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GK099 - Das Bildnis des Samurai

GK099 - Das Bildnis des Samurai

Titel: GK099 - Das Bildnis des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
Vom Netzwerk:
bohrte tiefer.
    Er hielt sich nicht lange zurück. Seufzend, erzählte er mir, was ihm vor ein paar Tagen im Hilton passiert war.
    Ich hörte gebannt zu. Seine Story faszinierte mich. Ein Mädchen hatte vor seiner Tür Harakiri begangen. Ein Mädchen in Trance.
    Das roch mir nach bösen Mächten. Ich glaubte ihm jedes Wort.
    Nach dem dritten Champagner fragte er unvermittelt: »Sagen Sie mal, Tony, was haben Sie da für einen komischen Kauz bei sich?«
    »Das ist Mr. Silver«, antwortete ich.
    Er schaute mich erstaunt an.
    »Sie sagen das so, als müsse ihn alle Welt kennen.«
    »Ihn wird bald alle Welt kennen«, sagte ich zuversichtlich.
    Vicky gesellte sich wieder zu uns.
    »Diese Amerikanerinnen!«, sagte sie kopfschüttelnd. »Manchmal sind sie richtiggehend ermüdend.«
    »Sei vorsichtig, Schatz!«, sagte ich grinsend. »Mr. Mey ist Amerikaner.«
    »Lassen Sie nur, Tony. Miss Bonny hat vollkommen recht«, schmunzelte der Maler.
    Die Kapelle spielte einen Tusch. Eine Art Zeremonienmeister bat zur Tafel.
    Da wurden dann großartige Reden geschwungen. Ich muss sagen, einige gefielen mir sogar. Sie trafen den Nagel ›Tucker Peckinpah‹ haargenau auf den Kopf. Alle ließen den freundlichen alten Herrn hochleben.
    Dann kam die dreistöckige Torte.
    Die Beleuchtung wurde ausgemacht, damit die Kerzen, die ringsherum auf der Torte brannten, besser zur Geltung kamen.
    Viel ›Oh‹ und ›Ah‹ wurde gerufen.
    Als die Torte Peckinpah erreicht hatte, gefror mir das Blut in den Adern.
    Der alte Mann wollte uns an seinem Geburtstag eine Überraschung ganz besonderer Art bereiten.
    Mir standen die Haare zu Berge, als ich sah, was er vorhatte.
    Peckinpah war auf seinen Stuhl gestiegen. Nun kniete er auf dem Tisch. Der Schein der unzähligen Kerzen verzerrte sein faltiges Gesicht.
    Nun flammte die Deckenbeleuchtung auf. Jetzt sahen ihn auch die anderen Gäste.
    Er kniete auf dem Tisch, hatte einen japanischen Harakiridolch in der Faust und schickte sich in diesem schaurigen Augenblick an, sich das Leben zu nehmen.
    ***
    Silver und ich saßen zum Glück nahe genug bei ihm.
    Wir sprangen hinzu. Silver riss ihn vom Tisch. Verstörte Frauen kreischten entsetzt auf. Die Männer hielten erstarrt den Atem an.
    Peckinpah versuchte sich den Dolch in den Leib zu rammen. Ich umklammerte seine Hand. Ich drehte sie wild herum.
    Mit gefletschten Zähnen setzte sich Tucker Peckinpah zur Wehr.
    Es war unglaublich, über welche Kräfte dieser Fünfundsechzigjährige verfügte.
    Er wollte sich die Klinge in den Bauch stoßen, in die Eingeweide, und sich vor den Augen aller aufschlitzen, damit alle sein Blut spritzen sahen.
    Wir schafften ihn mit großer Mühe.
    Sobald ich ihm den Harakiridolch entwunden hatte, presste ich ihm meinen magischen Ring zwischen die Augen.
    Eine verblüffende Wandlung ging mit ihm vor.
    Er entspannte sich, wehrte sich nicht mehr, blinzelte und tat so, als würde er aus tiefem Schlaf erwachen.
    Verwirrt schaute er in die bleichen Gesichter, die um ihn waren.
    »Was ist?«, fragte er erstaunt. »Tony! Wieso sehen die mich alle so an? Was ist vorgefallen?«
    Ich sagte es ihm.
    Seine Erschütterung war echt.
    »Tatsächlich?«, presste er verdattert hervor.
    »Ich würde mit sowas nicht scherzen, Mr. Peckinpah«, erwiderte ich.
    »Ich kann mich nicht daran erinnern.«
    »Hypnose«, sagte ich. »Es gelang mir, mit Hilfe meines magischen Ringes diesen Bann zu durchbrechen.«
    Vicky bemühte sich um den Industriellen. Ich rief in die Runde, dass wieder alles in Ordnung wäre.
    Aber, verdammt, ich wusste nicht, wie ich den verstörten Leuten beibringen sollte, was die Hintergründe für Peckinpahs Wahnsinnstat gewesen waren.
    Ich holte mir diesen Zeremonienmeister heran und bat ihn, die ganze Party abzublasen. Peckinpah fühle sich nicht wohl. Er brauche Ruhe.
    Man würde das schon verstehen. Vor allem nach dem, was soeben vor aller Augen vorgefallen war.
    Von allen Seiten wurde mir Hilfe angeboten. Ich wurde x-mal gebeten, gleich am nächsten Morgen anzurufen und zu sagen, wie Peckinpahs Befinden wäre.
    Sie gaben mir Visitenkarten. Ich steckte sie alle in dieselbe Tasche. Bald war die Tasche voll.
    Der Saal leerte sich.
    Ich kehrte zu meinem Partner zurück.
    Er sah wirklich elend aus. Wie wenn er vorhin seinen hundertsten Geburtstag gefeiert hätte.
    Enttäuscht starrte er auf die dreistöckige Torte. Die Kerzen waren inzwischen bis zur Sahne abgebrannt. Keiner fand sich, der die Flammen ausblies.
    »Gott, Tony! Was

Weitere Kostenlose Bücher