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Mein ist dein Tod

Mein ist dein Tod

Titel: Mein ist dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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1
     
    Berlin 2011
     
    Kälte und Nebel.
    Sie spürten es nicht, denn sie waren erhitzt vom Tanzen, Saufen und Kiffen. Toni war völlig dicht, die anderen konnten noch gehen. Toni torkelte und musste sich an seinen Freunden festhalten. An Wölfi, Deniz und Lena.
    Es war eine super Geburtstagsfeier gewesen. Jägermeister von Jolande, die die Flasche ihrem Dad geklaut hatte, Jack Daniels, den Rasmus mitbrachte, ein zwanzigjähriger Biker, der so aussah, wie er hieß , und Prosecco vom Geburtstagskind, von Aiche, die vor zwei Jahren ihr Kopftuch und ihre Familie abgelegt hatte und jetzt in einer Wohngemeinschaft lebt. Zum Schluss gab es eine Küchenschlacht mit Frikadellen, die nun unter der Zimmerdecke klebten und von denen Toni noch Reste an der Jacke hatte.
    Alles in allem eine Nacht wie viele, ein voller Erfolg.
    Sie schwatzten, waren lebendig, waren jung und niemand spürte Müdigkeit, vielleicht abgesehen von Toni, der eigentlich Thorsten hieß, aber ein leidenschaftlicher Snowboarder war, weshalb er den Spitznamen hatte. Der Schnee-Toni, der stundenlange Reisen in den Süden auf sich nahm, um mal ein bisschen den Berg runterzurutschen.
    Sie kamen zum Potsdamer Platz und Lena hörte Stimmen.
    Männer schälten sich aus dem Nebel.
    Männer? Nein, es waren drei junge Burschen, nicht älter als sechzehn oder siebzehn.
    Sie stellten sich ihnen in den Weg. Einfach so. Ohne Grund.
    Es war fast vier Uhr. Die Stadt schlief. Alles ist in REM-Phase.
    Toni machte Faxen, Lena sagte freundlich: »Macht mal Platz. Ihr seht doch, dass er betrunken ist.«
    Und Deniz fragte: »Oder habt ihr was zu schlucken dabei?« Er machte einen auf locker, wollte cool wirken. Er stand neben Lena, die ihn liebte, denn er war sanft und freundlich, hatte bei der Küchenschlacht nicht mitgemacht und von allen am wenigsten getrunken.
    » Schlucken, du Sack?«, fragte einer der drei Jungen. Alle mit Lederjacke, in Jeans. Typen wie hunderttausende in dieser großen Stadt. Könnten Studenten sein, aber genauso gut Hartz-IV-Empfänger oder Obdachlose.
    Einer der drei sagte mit schwerem türkischen Akzent: »Musch du schlucke, Schwuchtel, he? Weisch Allah nix davon, he? Wasch schagt dein Pappa dazu?«
    Toni kippte vornüber, rutschte Lena und Wölfi aus den Armen, hockte auf allen vieren und kotzte dem Türken auf die Schuhe. Mitten drauf, was ekelhaft aussah, sogar in der relativen Dunkelheit.
    Blitzschnell hob der Junge sein Bein und die Fußspritze krachte Schnee-Toni unters Kinn.
    Deniz, selbst Türke, aber sehr assimiliert, wollte dazwischen gehen, als man ein schnappendes Geräusch hörte und sich der Morgentau grau und dreckig auf ein Stilett senkte.
    Dann ging alle s sehr schnell.
    Der Türke trat erneut zu und Toni rollte über das nasse Pflaster. Er versuchte, sich aufzurappeln, und wieder ein Tritt. Der mit dem Stilett machte eine schnelle Bewegung und Deniz schrie auf. Lena und Wölfi waren wie vom Blitz getroffen, als Angreifer Nummer drei ebenfalls ein Messer zückte. Alles verschwamm ineinander, Klingen blitzten matt auf, Stöhnen und Fluchen und Deniz ging zu Boden. Tritte, immer wieder Tritte, dazwischen türkische Flüche: »Pisadam, verdammtes! Mach disch kaputt!«
    » Hilfe!«, schrie Lena. »Hiiiiilfe!« Ihre Stimme verschluckte der Nebel. Das Licht der Straßenlaternen flackerte verwaschen. »Hört auf. Seht ihr nicht, dass er nicht mehr kann? Hört doch auf!«
    » Fucking Pisadam!«, spuckte der Türke aus und hörte nicht auf. Seine beiden Kumpane traten, schlugen, stachen.
    » AUFHÖREN!«, kreischte Lena verzweifelt. Wölfi neben ihr heulte. Er war hager und klein und obendrein feige.
    Es ging immer weiter. Sie hämmerten die Schuhsohlen in die zwei Liegenden. Dann endlich gab der Anführer ein Zeichen und sie rannten davon, in die Suppe, ins Grau, in die Dunkelheit.

2
     
    Berlin 2013
     
    » Tony hatte gebrochene Rippen und ein paar Stichverletzungen, Deniz starb im Krankenhaus«, sagte die junge Frau mit ruhiger Stimme. »Durch die Tritte hatten sich Blutgerinnsel in seinem Kopf gebildet.«
    Dr. Maximilian Jung lehnte sich zurück. Er betrachtete die Frau.
    » Wie nahe standen Sie dem Verstorbenen?«
    » Deniz und ich waren verlobt. Na ja ... nicht richtig, ein Versprechen, falls Sie verstehen.«
    Jung nickte. »Ich verstehe.«
    » Warum hat sich ihr anderer Freund, dieser Wölfi, nicht eingemischt?«
    » Wolfgang?« Die Frau lachte. »Zivilcourage gleich null, Herr Doktor.«
    » Dazu werden wir noch kommen, Frau

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