GK283 - In den Katakomben von Wien
glänzte seidig, und während er grinste, entblößte er sein kräftiges Gebiß. Mit einer schnellen Bewegung rückte er sich die moderne Brille zurecht, die er trug.
Er sah gut aus, war sonnengebräunt und wirkte ungemein vital.
»Willkommen in Wien, Tony«, sagte er herzlich.
Er schüttelte innig meine Hand, schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen. Und dann schüttelte er Mr. Silvers Hand ebenso lange.
Sein schwarzer Rover stand auf dem Parkplatz.
Wir fuhren direkt nach Döbling, wo Vladek eine phantastische Villa bewohnte. Während er uns die Gästezimmer zeigte, sagte er: »Ich habe für heute abend ein Treffen mit dem Ehepaar Katzler arrangiert. In Grinzing. Beim Heurigen. Ich hoffe, das ist euch recht.«
Ich grinste. »Du kennst mich, Vladek. Einem guten Tröpfchen bin ich niemals abgeneigt.«
»Ich auch nicht«, sagte Mr. Silver grinsend.
Punkt zwanzig Uhr erreichten wir den berühmten Heurigenort. Vladek hatte nicht vergessen, einen Tisch für uns zu reservieren. Wir saßen in einer netten Nische beisammen und warteten auf das Ehepaar Katzler.
Sie kamen fünf Minuten nach uns. Meine Nackenhaare stellten sich sofort quer, als ich Katzlers Hand schüttelte. Sie war schlaff und feucht. Diesem Mann schien es tatsächlich dreckig zu gehen.
Seine Frau hingegen schien eine starke Persönlichkeit zu sein. Sie bemutterte ihren Mann, achtete darauf, daß er bequem sitzen konnte und daß er sich wohl fühlte.
Während Vladek Rodensky Wein bestellte, beobachtete ich, wie Bernd Katzler sich eine Zigarette anzündete. Seihe Hände zitterten. Er schaffte es nicht, die Zigarette anzubrennen.
Liselotte Katzler erbarmte sich schließlich seiner. Sie nahm ihm das Feuerzeug aus der Hand und brannte ihm das Stäbchen an. »Danke, Liebes«, sagte er schwach.
Sie nickte ihm mit geschlossenen Augen zu, als wolle sie sagen: Aber ich bitte dich, Bernd, das ist doch selbstverständlich.
Der Wein kam. Vladek tat so, als wäre er hier der Hausherr. Er füllte alle Gläser, schob jedem das seine zu. Wir prosteten einander zu und tranken. Es war ein köstlicher Tropfen. Gerade richtig gekühlt. Er rann wie Öl in die Kehle, und ich sagte mir: Vorsicht, Tony! Der hat es in sich. Wenn du bei dem nicht achtgibst, haut er dich aus den Schuhen.
Zunächst wollten die Katzlers wissen, wie der Flug gewesen war, aber danach fragten sie nur höflichkeitshalber. Sie waren nicht wirklich daran interessiert, deshalb hielt ich die Antwort auch so knapp wie möglich.
Sehr bald schon kamen wir auf das eigentliche Problem zu sprechen. Vladek übernahm die Einleitung, die ich dankbar aufgriff, um sofort zielstrebig auf den Kern der Sache loszugehen.
Bernd Katzler erzählte mir zuerst zaghaft, doch nach und nach immer flüssiger und leidenschaftlicher von seinen Alpträumen. Im Grunde genommen erfuhr ich von ihm aber nichts Neues. Vladek hatte mich bereits bestens informiert, und da sich die Alpträume in ähnlicher Form immer wiederholten, kam zu dem, was ich wußte, nichts Wissenswertes mehr dazu.
Nachdem Katzler geendet hatte, herrschte eine Weile Schweigen. Vladek Rodensky unterbrach es, indem er sagte: »Ich bin davon überzeugt, daß dir meine Freunde Ballard und Silver helfen können. Nicht wahr, Tony, ihr könnt doch etwas für Bernd tun?«
»Wir müssen zuerst die Ursache dieser Alpträume kennen«, erwiderte ich ausweichend. »Wenn wir wissen, woher diese störenden Einflüsse kommen, können wir uns darauf einstellen und unsere Gegenmaßnahmen darauf abstimmen.«
Bernd Katzler hob ächzend die Schultern. »Ich kann mir nicht vorstellen, woher diese Einflüsse kommen. Ich weiß nicht, wodurch sie entstehen. Ich weiß bald überhaupt nichts mehr.«
Rodensky legte dem Mann seine Hand beruhigend auf den Arm. »Nun laß bloß den Kopf nicht hängen, Bernd. Das kommt schon wieder in Ordnung. Du kannst voller Zuversicht in die Zukunft blicken. Du hast eine Frau, die tapfer zu dir steht, und dir steht die Erfahrung meiner beiden Freunde zur Verfügung. Sie werden herausfinden, was an deinen Alpträumen schuld ist, und sie werden’s abstellen, verlaß dich drauf.«
Vladek war sicherer als ich in diesem Augenblick, denn ich wußte noch nicht, wie ich die Sache anpacken sollte. Ein Alptraum spielt sich auf einer Ebene ab, zu der ich keinen Zutritt habe.
Vielleicht konnte sich Mr. Silver auf irgendeine Weise nützlich machen. Er verfügte immerhin über Fähigkeiten, die mir als gewöhnlichem Sterblichem völlig fehlten.
Aber
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