Glaenzende Geschaefte
auch die ganze Zeit geschwiegen, als sie zusammen Erde nachgeschaufelt und alle Spuren beseitigt hatten, so gut es ging. Es würde mindestens einmal kräftig regnen müssen, bis man die Stelle nicht mehr ohne Weiteres erkannte.
Doch das Vergraben und Spurenverwischen schien geholfen zu haben, sich mit der Situation anzufreunden. Es verhielt sich wie mit der heilsamen Wirkung, die Gartenarbeit auf gestresste Seelen hatte: Man konnte planen und gestalten, hier und da ein wenig aufharken, nachtreten und den letzten Dreck entfernen.
Wieder im Haus, fiel Löhrings Blick auf Keschs Schreibtisch, der immer noch von Blut bedeckt war. Es sah ein wenig verdächtig aus, auch ohne Leiche. Er überwand sich, tapste über die Zeitungen auf dem Boden hinweg Richtung Küche und fand Eimer, einen gelben Schwamm und grüne Gummihandschuhe unter der Spüle. Dies war etwas für die ganz Harten, konstatierte Löhring, als er mit dem Eimerchen zurück ins Arbeitszimmer ging und anschließend das Sekret in langen Bahnen vom Tisch zog. Es fühlte sich irgendwie archaisch an. Er wischte noch mindestens drei Mal mit Spüli nach und hielt den Schwamm anschließend bestimmt zwei Minuten unter fließendes Wasser, ließ ihn aufquellen, presste ihn wieder aus, was das Zeug hielt. Das Wasserlief noch lange rot durch den Abfluss, und der Schwamm blieb rosa.
Kellermann lehnte am Küchentisch, beobachtete jede von Löhrings Bewegungen gedankenverloren, und nach einer langen Zeit des Schweigens sagte er, er habe in seinem Leben immer nach einem einfachen Job gesucht, nach etwas Solidem, etwas, das man mit den Händen machen konnte – und so sei er eben Maurerpolier geworden. Er sei eher der Typ fürs Grobe, habe es nicht so mit der Verantwortung. Und jetzt solle er, vorbestraft, wie er war, den Kesch spielen. Ein Scheißspiel sei das. So richtig passe das ja wohl nicht.
Doch, das passe haargenau, entgegnete Löhring, als er nach einem Müllbeutel für die Schreibtischunterlage und das Papier suchte. Kellermann würde sich wundern, wie viel Geld man ganz solide und mit verdammt wenig Verantwortung verdienen könne. Löhring war allerdings selbst nicht ganz frei von Zweifeln, wenn er zurückdachte an das letzte Telefonat, das er auf Keschs Handy entgegengenommen hatte. Aber das musste er Kellermann nicht erzählen, zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht.
Um Kellermanns Verwandlung ein wenig zu erleichtern, letzte Zweifel auszuräumen, und vor allem auch, um einem drohenden Polizeibesuch durch ein entsprechendes Outfit glaubhaft zu begegnen, gingen sie in den ersten Stock, wo Löhring Keschs Kleiderschrank vermutete. Zwei Minuten später standen er und Kellermann nebeneinander vor Keschs Garderobe und starrten schweigend auf die Bügel. Das hatten sie nicht erwartet. Es mochten dreißig Anzüge und Oberhemden sein, mit nochmals der doppelten Anzahl an Krawatten. Eine stattliche Menge. Doch das war auch schon alles. Die zur Verfügung stehende Bekleidung war von solch einheitlicher, langweiliger Förmlichkeit, dass auch Löhring staunte. Er selbst ließ dann und wann einfach die Krawatte weg, besaß Sakkos mit dezenten Goldknöpfen oder ein Einstecktüchlein in Pink, um dem Mainstream zu widerstehen. Doch in diesem Schrank herrschte modisches »middle of the road« vor: entschiedenes Grau in allen Schattierungen, die Krawattenvornehmlich silbrig bis bleu, selten ins Rote gehend, und wenn überhaupt gemustert, dann nur gestreift, und das dezent.
Kellermann war enttäuscht: »Verdammter Spießer. Also, ich hätte mir da schon was Schickeres vorgestellt, so was mit Charakter. Ganz hell oder ganz schwarz. Nicht gleich verwegen, aber mehr Italo irgendwie.«
»Vergessen Sie’s. Wir sind hier nicht bei den Sopranos. Kesch war nicht seriös, und dies hier«, Löhring strich über die Bügel wie ein routinierter Kaufhausangestellter, »dies hier war seine perfekte Tarnung.«
Kellermann war noch nicht überzeugt. Seine Tarnung sei die äußerliche Ähnlichkeit mit Kesch. Das müsse reichen. Er wolle einen hellen Anzug. Richtig hell. Mit einem breiten dunkelroten Schlips und roten Schuhen, ochsenblutroten Schuhen.
Löhring versuchte, es ihm zu erklären: »Kesch war ein Anleger, kein Angeber. Er lebte davon, dass die Reichsten im Lande ihm und seinen Fonds ihr Geld anvertrauten. Habe ich ja auch gemacht. Da kommt was zusammen. Da reden wir alles in allem von zweistelligen Milliardensummen. Die kriegen Sie nicht in roten Schuhen.«
Kaum hatte er das
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