Glaesener Helga
befassen, und er brauchte es auch nicht, weil er so genügsam war wie ein Zaunpfahl.
Die Bücher sind dahin, aber neue Tapeten wird er bezahlen, beschloss Cecilia und nahm sich vor, in dem kleinen Laden in Buggiano nach Velintapeten zu fragen und Rossi das benötigte Geld dafür abzuschwatzen.
Letzteres versuchte sie noch am gleichen Tag, als sie ihm einen Becher seiner geliebten Pfefferschokolade ins Arbeitszimmer brachte. Rossi brütete über Papieren und kratzte mit der Stahlfeder über weiße Bögen. Es war kalt im Zimmer, aber das schien ihn nicht zu stören, so wenig wie es ihn störte, wenn er eine Mahlzeit ausließ oder zu Fuß die steinige Abkürzung durch die Brombeeren nach Montecatini Terme nahm.
Cecilia suchte nach einem Plätzchen für die Schokoladentasse und schuf es sich schließlich selbst, indem sie einige Bögen auf dem Tisch beiseite schob.
Rossi murmelte unwillig. So gleichgültig ihm der Rest des Hauses war, so zimperlich stellte er sich mit dem Arbeitszimmer an. Wenn man ihm glauben durfte, hatte darin alles eine ausgetüftelte Ordnung: die Büchertürme auf dem Boden, die Rollen und Kladden in den Regalen, die Entwürfe hier und die gehefteten Dokumente dort. Dass ja niemand etwas anrührte, geschweige denn von seinem Platz bewegte! Da der Raum dennoch einigermaßen sauber war, musste er gelegentlich selbst zu einem Putztuch greifen – eine irritierende Vorstellung, aber was war nicht irritierend an diesem Mann?
»Neue Tapeten? Wieso?«, wollte er wissen, als sie ihm ihr Anliegen vortrug.
»Weil es nötig ist.«
»Es ist nötig?«
»Ja.« Sie wusste, dass er es schätzte, wenn sie nicht lange um den heißen Brei herumstrich.
»Wie lange noch?«
»Wie lange noch was?«
»Die Putzerei. Das Geschnatter im Haus macht mich verrückt.«
»Zwei Tage.«
Wortlos zerknüllte er ein Papier und schleuderte es in die Ecke, wo sich bereits ein kleines Häufchen angesammelt hatte. Auch diese Häufchen beseitigte er selbst. Nichts wird hier angerührt ! Von niemandem !
»Zwei, aber vielleicht auch drei«, meinte Cecilia. »Es kommt darauf an, wie viel Ruß sich in den Ritzen verkrochen hat. Unglaublich, was dieses Haus an Nischen und Eckchen aufzuweisen hat. Wir hätten gut daran getan, vor der Kaminreinigung die Türen abzudichten. Das hätte uns eine Menge Arbeit erspart. Oder besser noch: Gleich Signore Greco …«
»Zwei! Und keinen Tag länger.«
»Vorausgesetzt, Eusebia kann auch morgen zum Putzen kommen. Allein schafft Genoveffa das nicht so schnell. Aber auf Paolos Hintern sitzt ein Furunkel …«
»Cecilia …«
»Eusebias Enkel. Paolo. Er kratzt daran herum. Soll er krank werden, der arme kleine Engel?« Eines der Papierblätter war unlädiert zu Boden gesegelt. Cecilia versuchte mit schrägem Hals die Worte zu entziffern. Gedrechselte, mit lateinischen Ausdrücken gespickte Wendungen, in denen item und ergo fröhliche Reigen tanzten. Sicher etwas, was mit Rossis Arbeit in der Kommission zu tun hatte.
»Ich hab’s verstanden«, gab Rossi mit einem Stöhnen nach. »Ich bin schuld, ich werde dir Tapeten bezahlen.«
»Und schon lass ich dich in Ruhe.«
»Es geht um die Finanzpacht, Weib«, erklärte er gequält. »Ich weiß, du hältst es für Böswilligkeit. Aber Finanzpacht ist ein kompliziertes Gebiet. Tausenderlei Interessen sind gegeneinander abzuwägen …«
Cecilia lachte. »Morgen Abend ist alles sauber.«
»Das Gesetz besteht aus so vielen Ausnahmen, Besonderheiten und Gewohnheitsrechten, dass man damit um ganz Florenz einen Kranz flechten könnte. Es hängt mir, ehrlich gesagt, zum Hals heraus. Ich will einfach damit fertig werden.«
Die Finanzpacht mag jedermann zum Hals heraushängen, aber nicht dir, dachte Cecilia. Enzo Rossi liebte seine juristischen Tüfteleien wie andere Leute Anagramme oder Zahlenrätsel. Ihn machte weder der Hausputz noch die Finanzpacht verrückt, sondern diese Signora Brizzi, Francesca, mit den leidenschaftlichen Augen. Darauf hätte sie wetten mögen. »Konntest du der Dame behilflich sein?«, fragte sie.
»Welcher Dame?«, grummelte er.
»Francesca Brizzi.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Seine Lippen kräuselten sich. »Weil der Mord nicht in meinem Gerichtsbezirk geschehen ist. Sehe ich aus wie der Granduca, der sich in alles einmischen darf?«
»Ein schrecklicher Tod. Die arme Signora.«
»Ja.« Es war eindeutig, dass er keine Lust hatte, weiter über seine vergangene Liebe zu reden.
»Morgen ist der Lärm vorbei«, versprach Cecilia ihm noch einmal.
»Und
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