Glashaus
hierhergebracht? Wenn Yourdon mich findet, bringt er mich um! Am Bettrahmen ist irgendein Kästchen mit Knöpfen befestigt. Als ich danach greife und auf gut Glück auf einen Knopf drücke, fahren meine Füße hoch. Andersrum! Zehn Sekunden später sitze ich unangenehm aufrecht da, weil der obere Teil des Bettes ganz hochgefahren ist. Im Magen spüre ich jetzt zwar einen üblen Druck, aber die aufrechte Haltung verschafft mir auch einen winzigen Trost - ich habe wenigstens ein bisschen Kontrolle über meine Umgebung -, bis das stärkere Gefühl des Unbehagens mich wieder packt.
Okay, also hat der Gärtner … Ich verliere den Faden, da meine innere Reflexion der Ereignisse im Nebel stecken bleibt und ich nicht durchblicke. Hat der Gärtner mich hierhergebracht? Und wo bin ich hier überhaupt? Dieses Bett … ist eines von vielen, die an einer Wand in einem riesigen weißen Raum mit hoher Decke aufgereiht sind. Weit oben sind in die gegenüberliegende Wand mehrere Fenster eingelassen, durch die ich einen Blick auf einen blauweißen Himmel erhaschen kann. Überall sind irgendwelche Ausrüstungsgegenstände verteilt, deren Zweck mir nicht klar ist. Neben manchen Betten stehen Spinde. Und ich sehe, dass eines der Betten am anderen Ende des Raums offenbar belegt ist.
Das Entsetzen plötzlicher Gewissheit erdrückt mich fast, und ich schließe die Augen: Ich bin immer noch im Glashaus.
Aber ich bin zu schwach, um irgendetwas zu unternehmen. Außerdem bin ich nicht allein. Ich höre mehrere Stimmen und das Klappern von Absätzen, die näher kommen. »Um vier Uhr endet die Besuchszeit«, sagt eine weibliche Stimme mit der flachen Modulation, die ich mittlerweile mit der Sprache von Zombies verbinde. »Die Fachärztin macht am Abend Visite. Die Patientin ist noch schwach und darf nicht über Gebühr gestört werden.« Als der Vorhang weggezogen wird, fällt mein Blick auf einen weiblichen Zombie, der ein weißes Kleid und seltsamen Haarschmuck trägt. Sie sieht mich an. »Sie haben einen Besucher«, verkündet sie mit leiernder Stimme. »Überanstrengen Sie sich nicht.«
»Ah«, bringe ich heraus und versuche den Kopf zu drehen, um zu sehen, wer es ist. Doch ich liege immer noch halb verborgen hinter dem Vorhang. Es ist wie in einem Albtraum, wenn man weiß, dass sich irgendein Monster an einen heranschleicht …
»Also, wenn das nicht unsere kleine Bibliothekarin ist!«
Und ich denke: Verdammt, diese Stimme kenne ich doch! Und gleichzeitig, fast ärgerlich: Aber du kannst doch gar nicht hier sein! Im selben Moment tritt Fiore durch den Vorhang und beugt sich mit herablassender Miene, die wohl Ratlosigkeit ausdrücken soll, über das Bettgeländer. »Möchten Sie mir vielleicht verraten, wohin Sie eigentlich wollten?«
»Nein.« Ich schaffe es, ein Zähneknirschen zu unterdrücken. »Eher nicht.« Der Albtraum hat mich eingeholt. Eine Welle der Verzweiflung droht mich zu verschlucken. Sie haben mich erwischt und zurückgebracht, um ihr Spielchen mit mir zu treiben. Ich fühle mich krank und fiebrig.
»Na, kommen Sie schon, Reeve.« Salbungsvoll, das ist das richtige Wort. Fiore pflanzt mir seine plumpe Hand, die sich feucht und kalt anfühlt, auf die Stirn. »Meine Güte, Sie sind ja wirklich in einem schrecklichen Zustand.« Ehe ich die Hand abschütteln kann, zieht er sie zurück. Ich fröstele. »Jetzt verstehe ich, warum Sie sofort hierhergebracht wurden.«
Ich beiße die Zähne zusammen und warte auf den Coup de Grâce, doch Fiore scheint etwas anderes zu beschäftigen. »Da ich mich um das Seelenheil aller meiner Schäfchen kümmern muss, junge Dame, kann ich nicht allzu lange bei Ihnen bleiben. Sie sind offensichtlich krank «, er gibt dem Wort eine seltsame Betonung, »und ich bin mir sicher, das erklärt auch Ihr sprunghaftes Verhalten in der letzten Zeit. Aber wenn Sie das nächste Mal beschließen, in den Wänden herumzuklettern, sollten Sie zuerst zu mir kommen, um darüber zu reden.« Einen Moment lang verhärtet sich seine Miene. »Sie möchten doch bestimmt nichts tun, das Ihnen später leidtun könnte.«
Zwischen Anfällen von Schüttelfrost schaffe ich es noch, die Augen zu verdrehen. »Ich bedauere nichts.« Warum spielt er mit mir?
»Na, kommen Sie!« Fiore gluckst missbilligend. »Selbstverständlich bedauern Sie gewisse Dinge! Mensch sein heißt, Reue zu empfinden. Doch wir müssen lernen, das Beste aus dem zu machen, was uns zur Verfügung steht, nicht wahr? Sie haben lange gebraucht, sich in
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