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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Die Seite an ihm, die sie in den letzten Tagen kennengelernt hatte, war ihr fremd. Sie vertraute ihm nicht mehr. Amadeos Grundzüge waren in ihm verankert. Sachte schüttelte sie den Kopf. »Das Perspektiv bringe ich in jedem Fall zurück.«
    »Mit diesem Gegenstand ist die Macht Gottes in den Händen der Menschen.« Nathanael verstummte kurz, wobei sich seine Kiefermuskeln anspannten. »Wenn du es findest, werde ich es zerstören.«
     
    Camilla lag in ihrem Zimmer auf dem Bett. Papier und Stift ruhten auf ihren Knien. Sie konnte sich einfach nicht auf die Zeichnungen und Notizen konzentrieren, die sie anfertigte. Ihre Gedanken hörten nicht auf zu kreisen, seit Chris unterwegs war, um Melanie zu besuchen und ihren Eltern Bericht zu erstatten.
    Sie wäre liebend gern mitgekommen, allein, um ihre Eltern wiederzusehen und ihren Vater nach all seinen Geheimnissen auszufragen. Allerdings behinderten sie ihre Verletzungen an den Knien zu stark. Zurzeit konnte sie kaum stehen, geschweige denn, die ganze Strecke bis an die Oberfläche hinaufsteigen und auf der Strecke Waisentunnel vor den einfahrenden Zügen über die Gleise fliehen. Über die lange Fahrt nach Wannsee wollte sie sich gar keine Gedanken machen.
    Sie wusste nicht, wie lang er fortbleiben würde. Trotz der Tatsache, dass jetzt eigentlich keine Gefahr mehr drohte, fühlte sie sich unruhig. Die Sorge um Chris war vollkommener Unfug. Er war erwachsen, muskulös und außerordentlich wehrhaft. Dennoch …
    Chris, bitte sei vorsichtig.
    An der Tür zu ihrem Raum kratzte es leise.
    »Wer ist da?«
    Niemand antwortete. Auf dem Flur und in der Halle vernahm sie nur die bekannten Geräusche der Dampfmaschine und etwas weiter entfernte Stimmen. Geirrt hatte sie sich nicht, dessen war sie sich sicher. Sie schob die Zeichenutensilien zur Seite und stemmte sich hoch. In der Luft lag schwacher Verwesungsgeruch.
    Die lebende Leiche.
    Camilla musste an sich halten, um nicht zu tief einzuatmen. Der unterschwellige Gestank drückte ihren Magen hoch.
    Sie öffnete die Tür. Das Geschöpf lehnte im Rahmen, zittrig, unsicher, wie bei ihrer ersten Begegnung. Die sackartig weite Kleidung, die sie trug, weichte an diversen Stellen durch, an denen sich ihre schwammige Haut auflöste. Der Anblick erschreckte Camilla keineswegs.
    Aus großen Augen sah das Wesen zu ihr auf. Das Gefühl, einem scheuen Tier zu begegnen, keimte in Camilla.
    Ohne zu zögern öffnete sie die Tür. Das Wesen huschte lautlos auf nackten Füßen herein und blieb mitten im Raum stehen. Ihr Blick glitt neugierig über die schlichten Einrichtungsgegenstände, das Essgeschirr und die Zeichenutensilien.
    »Sieh dich ruhig richtig um.«
    Die Frau wandte sich ihr zu. Sacht berührte eine ihrer kühlen Hände die beinah verheilte Prellung an Camillas Ellbogen. Traurig senkte sie den Kopf.
    »Nein, das hast du nicht zu verantworten. Das war ich selbst.« Camilla lächelte. Behutsam legte sie die Hand unter das Kinn der Frau. Ein kurzer Schauder durchrann ihren Körper. Das Wesen hob scheu den Blick.
    »Mach dir keine Gedanken, mit mir ist wirklich alles in Ordnung.«
    Beinah vertraut ließ sich die Frau in ihre Arme sinken. Einen Augenblick zögerte Camilla, bevor sie die Geste erwiderte.
    »Du bist einsam und unsicher, wie?« Sie erwartete keine Antwort. Trotzdem schmiegte sich das Geschöpf enger an sie.
    »Du fühlst dich unverstanden und begreifst deine Umwelt nicht.« Behutsam strich Camilla über den Rücken des Wesens. Ein kehliger Laut entrang sich ihrer Brust. Vielleicht war sie auf dem geistigen Stand eines Kindes, das sich nicht verständlich machen konnte.
    Das war unfair. Dieses Geschöpf war gutherzig und unschuldig. Solch eine Grausamkeit dürfte ihr nicht angetan werden. Innerlich kochte Camilla vor Zorn auf ihren Vater. Er hatte diese Frau unfertig zurückgelassen, verurteilt zu ewiger Einsamkeit. Warum sollte sie nicht für diese Frau noch einmal ihre Fähigkeiten nutzen?
    »Ich will dir helfen.«
    Das Wesen drängte sich instinktiv enger in ihre Arme. Ein hilfloses Keuchen entrang sich ihrer Brust. Sanft strich Camilla über ihren kahlen Kopf und schloss die Augen, versuchte, sich zu konzentrieren. Es fiel ihr schwer, den Geruch auszuschließen. Er blieb wie ein schwaches Aroma in ihr haften. Schartige Nägel strichen über den Stoff ihres Shirts. Erneut keuchte das Wesen.
    Camilla ignorierte es. War da ein Geist? Ruhten in dieser Frau Intelligenz und Seele? Sie spürte den Herzschlag, hörte ihre

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