Glauben Sie noch an die Liebe
Fällen haben wir es mit einem Abgewöhnungsprozess zu tun. Und Abnutzungsscharmützel sind mir ein Gräuel.
Woran spürt man, dass ein »Abgewöhnungsprozess« begonnen hat?
Es fängt damit an, dass eine Frau einen Mann nicht mehr mit diesem ganz bestimmten Blick anschaut, sondern mit einem stumpfen Blick. Plötzlich wird man so angeschaut wie eine Kommode, ein Pantoffel oder ein Paar Turnschuhe. Dann ist der Ofen aus.
Kann ein Mann das nicht verhindern, indem er ständig an sich arbeitet und auf die Bedürfnisse der Frau eingeht?
Ja, aber dann ist man ein domestizierter Pudel. Die Frauen züchten sich diese domestizierten Pudel, der Mann macht es natürlich mit, möchte schnuppern, weiterhin schnuppern. Wir können es nicht fassen, wenn eine Frau sich für uns auszieht, und wir können es nicht fassen, dass schöne, gepflegte Frauen solche Typen wie uns mögen, das ist ja unfassbar. Aber dann stellen wir fest, dass die Beischlaffrequenz, das Liebemachen, immer seltener wird. Deine Frau geht ins Bett und schläft ein. Was soll denn das heißen? Eine schöne Frau im eigenen Bett, ich spüre die Körperwärme, und sie liegt da wie ein erigierter Untoter, und ich habe Fantasien. Das ist doch ganz schlimm!
Ist es nicht normal, dass mit der Zeit der Sex weniger wichtig wird?
Könntet ihr Jungs es ertragen, dass die Frau, die ihr liebt, mit der ihr zusammen seid, sich sehr für andere Jungs interessiert, um es mal vornehm zu sagen, dass sie andere Jungs anschaut – könntet ihr das ertragen?
Nein. Aber dass man nach vielen Jahren Beziehung oder Ehe weniger miteinander schläft, muss ja auch nicht zwangsläufig bedeuten, dass jemand sich dann für andere interessiert. Kann es nicht sein, dass sich dafür aber eine größere Vertrautheit einstellt?
Ist es toll, dass das Liebemachen tatsächlich immer seltener wird? Wenn ihr mir sagt: »Ja, es ist toll, Hauptsache, wir essen immer Chips auf dem Sofa«, oder: »Hauptsache, ich komme nach Hause, und ich höre eine Frauenstimme«, dann sage ich euch, ihr seid echt bekloppt, dann ruft hier die Bequemlichkeit. Ihr könnt nicht alles haben, ihr könnt nicht sagen: »Ich will ein Nest«, und gleichzeitig sagen: »Ich will jede Nacht Liebe machen.«
Warum soll nicht beides gehen?
Das geht nicht, weil Harmonie nichts weiter ist als Langeweile. Es werden erst einmal bestimmte Verhältnisse geschaffen, um sie dann zu bewahren. Dann kommt es ja auch nicht von ungefähr, dass die Jungs, wenn sie in solchen Verhältnissen sind, dicker werden.
Die Frau domestiziert also den Pudel und füttert ihn, er wird dick, und sie beginnt ihn zu verachten. Sollte man sich als Mann also öfter auflehnen, mutig und wild sein?
Man kann die Wildsau abgeben, die durchs Unterholz kracht, oder man kann die Frau in romantischem Sinne erhöhen. Nur kommt irgendwann der Punkt, da hilft gar nichts mehr.
Demzufolge sollte man auch gar nicht heiraten, weil jede Liebe früher oder später erlischt?
Romeo und Julia haben deswegen eine unvergessliche, großartige Liebe gelebt, weil sie nicht geheiratet haben. Romeo und Julia ist ja in Wirklichkeit das obszönste und vulgärste Spiel von Shakespeare, in der deutschen Fassung ist es aber zensierter Stoff. Es gibt viele anzügliche Witze, und Romeo hat natürlich mit Julia geschlafen. Shakespeare ist kein Bänkelsänger, er hat die menschliche Existenz auf vielfältige Weise erfasst und dabei den Körper nie vergessen. Shakespeare ist kein Zyniker, er liebt diese Kinderseele, sein Herz springt wie ein Lämmerschwänzchen im Frühlingsregen, wenn er Romeo und Julia sieht, das fühlt er genauso. Romeo war im Original, so wie Shakespeare ihn gemeint hat, romantisch und säuisch. Und in diesem Sinne bin ich es auch: romantisch und säuisch. Alles andere ist verlogen.
Sie könnten sich also nicht vorstellen zu heiraten?
Die Hochzeit ist die größte Lüge der bürgerlichen Welt. Erst einmal tritt die Frau im Unschuldsweiß auf, das ist ein Mädchentraum, und dann wird man mit Reiskörnern beworfen, und alles ist toll. Ein paar Jahre später ist alles im Arsch. Das Ganze dauert vielleicht idealerweise vier bis fünf Jahre, dann ist aber Schluss. Dann gibt es ein Kind, das Drama eines vaterlosen Kindes. Viele Leute da draußen sind zu feige, sowohl Männer als auch Frauen, bestimmte Dinge auszusprechen. Die Liebe dauert drei Jahre, länger nicht.
Sie glauben also nicht an die ewige Liebe?
Nein, es gibt die großartige stürmische Liebe, es gibt filmreife
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