Gleichklang der Herzen
finden?“
„Vielleicht kann Sebastian uns helfen?“, fragte Hugh Carlyon. Der Herzog stand noch immer am Fenster und drehte sich nicht um.
Nun fragte Hugh Carlyon ohne Umschweife: „Was will sie damit sagen, Sebastian, dass sie auf deinen Wunsch weggegangen ist?“
Es dauerte einen Augenblick, bevor der Herzog antwortete. Lady Harriette unterdrückte ihr Schluchzen, damit ihr keines seiner Worte entging.
„Ich habe ihr gesagt, dass sie nicht hierbleiben könnte.“
„Das hast du ihr gesagt?“ Lady Harriette war fassungslos. „Aber warum hat sie es mir nicht erzählt? Und, Sebastian, warum … warum hast du ihr das befohlen? Stimmt es denn, dass du die Prinzessin heiraten willst?“
„Nein, absolut nicht. Es ist eine Lüge, die man ihr absichtlich aus Rache eingeflüstert hat.“
„Ich verstehe nichts“, sagte Lady Harriette völlig verwirrt. „Warum sollte der Graf so etwas behaupten, und was stand in dem Brief, den sie erwähnt?“
Der Herzog betrachtete ein Stück Papier, das er in der Hand behalten hatte und das Ravellas Brief beilag.
„Es ist eine Fälschung, und nicht einmal eine sehr geschickte. Aber dieser Brief, der mich angeblich entehren sollte, diente als vortreffliches Mittel, um eine große Summe von einem wohlhabenden Mädchen zu erpressen. Der Graf glaubte, Ravella sei in mich verliebt.“
„Darin hatte er recht“, sagte Lady Harriette heftig. „Oh, Sebastian, wie konntest du Ravella aus dem Haus treiben, da sie dich doch so von Herzen liebt? Ich habe jeden Abend auf meinen Knien dafür gebetet, dass du sie auch nur ein wenig gern haben möchtest. Empfindest du denn nicht die geringste Neigung für sie?“
„Neigung?“, fragte der Herzog. Dann sagte er ganz langsam: „Ich glaube, dass ich sie von Anfang an geliebt habe.“
Völlig überwältigt von diesem Geständnis fragte Lady Harriette: „Aber, Sebastian, wenn das die Wahrheit ist, warum hast du es nicht gezeigt?“
„Ich habe dir doch eben gesagt, dass ich Ravella liebe. Ich liebe sie sogar zu sehr, um sie um ihre Hand zu bitten. Ich hatte gehofft, dass sie einen Bewerber finden könnte, einen anständigen, respektablen jungen Mann, der sie glücklich machen würde.“
„Du musst verrückt sein, Sebastian, wenn du dir so etwas einbildest“, ereiferte sich Lady Harriette. „Mit der Liebe, die sie für dich hegt, könnte sie keinen anderen Mann lieben oder auch nur gern haben.“
„Ja, vielleicht bin ich verrückt“, gab der Herzog zu. „Aber so weit geht es nun doch nicht, dass ich mich nicht mehr richtig einschätzen könnte. Bei dem Leben, das ich jahrelang geführt habe, sind mein Name und mein Ruf völlig ruiniert. Niemals könnte ich um ein so reines Geschöpf wie Ravella werben.“
Die einfachen, klaren Worte des Herzogs waren Lady Harriette schmerzlich, aber dennoch sprach Hoffnung aus dem Blick, mit dem sie ihren Bruder ansah.
„Du liebst sie also, Sebastian. Nur wenn man wirklich liebt, ist man bereit, persönliche Opfer zu bringen. Such Ravella, und wenn du sie gefunden hast, wiederhole ihr das, was du uns soeben gesagt hast. Verstehst du denn nicht, du lieber, törichter Mann, dass ihr deinetwegen das Herz bricht?“
Ruhelos ging der Herzog im Raum auf und ab. Plötzlich blieb er vor Hugh Carlyon stehen.
„Hugh, du hast hier all die Jahre gewohnt. Du kennst mein Leben. Vielleicht mehr als jeder andere Mensch in London weißt du, wie tief ich gesunken bin, was die Frauen betrifft. Sag mir, was du denkst, Mann, und sprich um Himmels willen die Wahrheit!“
Hugh Carlyon streckte die Hand nach ihm aus.
„Harriette hat mich gelehrt, dass Liebe alles überwindet“, sagte er.
Der Herzog ergriff diese Hand und drückte sie fest; dann gab er jedoch nicht mehr der Gemütsbewegung nach, sondern wandte sich den praktischen Fragen zu. Er nahm sich die Zeilen, die Ravella an Lady Harriette gerichtet hatte, noch einmal vor.
„Sie schreibt, dass sie an einen sicheren Ort gegangen ist. Wo könnte das sein?“
„Darüber haben Hugh und ich uns schon den ganzen Morgen den Kopf zerbrochen. Ravella hat sehr wenig Freunde, wie du weißt. Als du sagtest, sie solle das Haus verlassen – hast du ihr da irgendeinen Vorschlag für ihre Zukunft gemacht?“
„Ich war sehr ärgerlich“, entgegnete der Herzog. „Um aufrichtig zu sein, Harriette: Ich war rasend eifersüchtig. Sie hatte mir gesagt, dass sie Wroxham aufgesucht hatte. Auf keinen Fall wollte sie mir indes gestehen, wem sie die andere
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