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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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die schöne Tonflasche, aus der er seit Tagen freigiebig Whisky ausschenkte. »Ich wende mich an Euch, weilLochiel mir sagte, anders als mit Eurem Vater sei mit Euch zu reden«, erklärte er.
    »Ich werde nicht hier stehen«, erwiderte Sandy Og, »und meinen Vater von Euch beleidigen lassen.«
    »Beim Satan, ist denn einer von euch so verbohrt wie der andere? Hör zu, Sandy Og, denn so werde ich dich von jetzt an nennen, schließlich kannte ich dich schon als Rotzbalg, dem der Hintern durchgehauen wurde. Ich sage dir das, weil ich glaube, dass du ein ordentlicher Kerl bist und weil’s mir, so dumm das von mir ist, um euch leidtäte. Das hier ist keins von den Spielchen, die sich dein Vater mit dem Tropf Glenlyon liefert. Wenn ihr hier einen eurer verbockten Fehler macht, gibt es kein Zurück, und deinen dummen, Hurra schreienden Bruder reißt ihr mit euch in den Abgrund.«
    »Mein Bruder ist …«
    »Halt doch den Mund! Wir wissen beide, wie dein Bruder ist. Und er ist nicht der Einzige, den’s erwischt, wenn ihr euren Verstand nicht gebraucht.«
    »Das wissen wir auch beide«, erwiderte Sandy Og beherrscht, obgleich ihm das Herz jagte.
    Breadalbane klopfte ihm auf den Arm. »Genau das sagt auch Lochiel: ›Du bist ein vernünftiger Junge, wenn du willst.‹«
    Mit einem Mal wünschte Sandy Og sich, wie sein Vater und sein Bruder zu sein, bei ihnen auf dem Übungsfeld zu stehen, verblendet, doch mit ihrer Welt im Reinen. »Ich werde nicht versuchen, an der Entscheidung zu rütteln, die mein Vater trifft.«
    »Selbstredend nicht.« Breadalbane grinste. »Der jagt dir immer noch Angst ein, was? Keine Sorge, ich kenne das. Wir hatten schließlich alle Väter, und mancher von uns bleibt ein Knäblein, bis ihm der Bart weiß wird.«
    Dass Männer den Wunsch verspürten, einander die Fäuste ins Gesicht zu schlagen, hatte Sandy Og nie verstanden; der Gedanke an knackende Knochen ließ ihn schaudern. Jetzt aberpackte der Wunsch ihn selbst, er wollte die Fäuste heben und auf sein Gegenüber einprügeln, als wäre damit etwas aus der Welt geschafft.
    Breadalbane grinste noch immer. Er entkorkte die Flasche mit den Zähnen, nahm einen Zug und reichte sie Sandy Og. Der erwog kurz, sie fallen zu lassen, schüttelte dann den Kopf, packte den dünnen Hals der Flasche und drosch sie gegen den Pflock für sein Pferd. Am Holz zersprang der Ton nicht sofort, er musste mit aller Kraft zuschlagen, um das ersehnte Klirren zu hören. Splitter und Flüssigkeit spritzten ihm ins Gesicht, der Schecke bäumte sich wiehernd, und der Geruch nach Whisky breitete sich aus.
    Eine der feuchten Scherben blieb auf seinem Handrücken kleben, das Muster aus Distelblüten noch erkennbar. Sandy Og sah, dass seine Hand heftig zitterte, als hinge sie lose im Gelenk. »Ich ersetze Euch den Schaden«, murmelte er.
    »Lass gut sein.« Breadalbane murmelte ebenfalls.
    Sandy Og strich sich die Scherbe von der Hand. »Mein Vater und ich sind bereit, dem Waffenstillstand zuzustimmen, sofern Eure Bedingungen für uns annehmbar sind«, wiederholte er, was er seinem Vater vorgesprochen hatte, und fügte hinzu, was der MacIain ihm vorgesprochen hatte: »Wenn Ihr uns allerdings keine Wahl lasst, kämpfen wir weiter.«
    Breadalbane hatte das Grinsen, das ihm vom Mund gerutscht war, wiedergefunden. »Selbstredend sind die Bedingungen annehmbar«, hatte er gesagt. »Hätte ich sonst wohl die Stirn, Euch herzubitten?«
    Sandy Og fehlte die Menschenkenntnis, Breadalbane zu durchschauen. War er tatsächlich überzeugt, den Hochländern ein leidliches Angebot zu machen? Lag ihm, wie er so dringlich versicherte, daran, eine friedliche Lösung zu erzielen? Oder war das ganze Gehabe eine Falle, in die er sie wie Treibwild hetzte? Jetzt saßen sie am Tisch in seiner Halle. Die Chiefs lachten über den Scherz des MacIain, und Breadalbane ließ eilig frischen Wein ausschenken, um die Verlegenheit zu überbrücken. Sandy Og warf einen Blick in Lochiels Richtung, der ihm schräg gegenübersaß. Breadalbane hat recht, dachte er. Ich bin ein Knabe geblieben; ich habe nur einen Vater gegen den anderen getauscht. Lochiel aber, an den er sich klammern wollte, erwiderte seinen Blick mit demselben Flehen, derselben Hoffnung, der andere möge ihm ein beruhigendes Zeichen senden.
    »Mein Freund MacIain hat recht«, brüllte Ardshiel. »Wie soll einer von uns dir glauben? Du warst nicht in Killiekrankie. Du reist nach London, um dir am Tisch des Willie den Wanst zu mästen, und was dem

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