Gletscherkalt - Alpen-Krimi
Zwanzig-Liter-Säcke mit feiner Blumenerde. Er deponierte sie beim Händler,
schlenderte umher, kaufte sich an einer Imbissbude eine Meraner Wurst, die er
mit viel scharfem Senf verzehrte.
»Loss dir schmecken«, sagte der Imbissmann. »Von der hoscht zwoamol
was – iatz beim Essen, und nochher beim Aufsteßn.«
Er kaufte ein wenig Obst, schleppte dann die Erde zum Auto und traf
unterwegs noch den Bauern Rifesser aus Tschöfas, der weit und breit den besten
Speck unterm Dach hängen hatte.
»Ja«, sagte der Bauer, »ich kauf grad wieder drei junge Schweine.
Die kommen dann auf die Alm, sobald der Schnee ganz weg ist. Da hamms’ ein
schönes Leben.«
Hellwage wusste das. Er war schon ein paarmal auf der kleinen Alm
unterm Sellajoch gewesen und hatte sich dabei auch die Schweinderln angesehen,
die dort droben, auf zweitausend Metern, wahrlich ein Leben wie Gott in
Frankreich führten: viel Freiheit, gesunde Luft, Bewegung und ein richtig gutes
Futter, nämlich die gesamten Küchenabfälle aus der nahen Almwirtschaft.
»Das stimmt«, sagte Hellwage, »bei dir haben die Schweine ein gutes
Leben. Da möchte man am liebsten selbst eine Sau sein. Wenn man nicht wüsste,
dass man dann im Herbst abgestochen wird … Wie dem auch sei, du kannst mir
schon wieder zwei Kilo reservieren, wenn das machbar wäre.«
Als er am Nachmittag wieder zu Hause war, räumte er die Terrasse
leer und verteilte dünn und locker die dunkle Erde aus den Säcken. Er sah immer
wieder prüfend zum Himmel: Der Wetterbericht schien recht zu behalten, es würde
trocken und mild bleiben, heute und wahrscheinlich auch an den nächsten Tagen.
Abends fächelte er mit einem Reisigbüschel die eigenen Spuren weg
und zog sich dann ins Haus zurück. Wenn jemand käme, um hier herumzuschnüffeln,
dann musste er unweigerlich Spuren hinterlassen. Und das, ohne selbst etwas
davon zu merken, denn die Erdschicht auf dem Holz war kaum drei Millimeter
dick.
Warte, Kerl, wenn es dich gibt, dann kriegen wir dich auch, dachte
Hellwage.
*
Pablo und Marielle packten die Rucksäcke, schnallten Eispickel
und Steigeisen drauf, holten die Bergstiefel aus dem kleinen Kellerabteil, das
einer Rumpelkammer nicht unähnlich war, und füllten die Trinkflaschen mit
Wasser und Magnesiumpulver.
»Und Schwarzenbacher war wirklich einverstanden?«, fragte Pablo.
Marielle sah ihn an, als wäre er ein Kind, das einfach nicht
kapiert, wie man das Essbesteck hält.
»Ja, ich sag’s jetzt noch mal: Er ist einverstanden. Ich habe ihm
erklärt, dass du eine Auszeit brauchst. Dass wir nicht Fulltime-Spitzel sind.
Dass wir in die Berge wollen. Und dass meinetwegen er und Ellen oder irgendein
Typ aus Hosps Dienststelle die nächsten zwei Tage hinter Manczic her sein
sollen.«
»Okay«, sagte Pablo. »Ich kann mir das schon vorstellen. Du hast ihn
gar nicht erst gefragt, ob es ihm recht ist. Du hast ihm das auf eine Art
mitgeteilt, die ihm gar keine Wahl gelassen hat, oder?«
Marielle grinste. Sie erhob sich vom Boden, wo sie am Rucksack
hantiert hatte, und stieß Pablo über das Fußteil des Bettes auf die Matratze.
»Irgendwelche Klagen?«, fragte sie und sah ihn mit herausforderndem
Blick an. Sie krabbelte zu ihm aufs Bett, kitzelte ihn am Bauch, an der Brust,
an den Beinen – und da, wo er es so richtig gern hatte.
»Hey, du dumme Nudel«, kreischte er. »Hör bloß damit auf! Aufhören
sollst du!
Er packte sie, zog sie zu sich heran, sie balgten wie junge Hunde,
und es hätte gar nicht viel gefehlt, dass sie damit begonnen hätten, sich die
Hosen und die Pullis gegenseitig wieder auszuziehen.
»Schluss«, sagte Marielle. »Wir sollten jetzt wirklich aufbrechen.«
Sie löste sich von Pablo, sprang aus dem Bett und forderte ihn noch mal auf:
»Los, komm, steh auf!«
»Ein Stückchen von mir steht doch schon.«
Sie ließ sich nicht beirren. Auch sie hätte große Lust gehabt, jetzt
mit ihm zu schlafen. Aber die Zeit war knapp. Und unter Zeitdruck einen Quickie
hinlegen – nein, dazu hatte sie wiederum keine Lust.
Und außerdem waren ihre Gedanken woanders: Sie freute sich so
wahnsinnig, jetzt ins Gebirge zu kommen. Einfach nur auf eine Hütte und morgen
dann über den Gletscher zu einem Gipfel. Sie freute sich auf die Luft im
Hochgebirge, auf den Sonnenaufgang am Gletscher, auf das strahlende Weiß, in
dem sie unterwegs sein würden, auf das Blau des Himmels und natürlich auf den
Rundumblick, wenn sie erst einmal oben wären.
Und sie freute sich darauf, Pablo mit
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