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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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eine Wort – und es wiederholte
und wiederholte sich in dieser Spiegelkuppel, kam von oben, von unten, von
dieser Seite und von der anderen. »Caffffeeee … Cafffeeee … Caffeee … Caffee …
Cafee … Café …«
    Manczic wusste, was das bedeutete, und er wusste, dass er keine
Antwort zu geben brauchte.
    Kurz darauf sah er den Mann in der Cafeteria wieder, er besah sich
die Gemälde an der Wand, ging wie achtlos an ihm vorbei – und er hörte, diesmal
ganz ohne Widerhall, das eine kleine Wort »Shop«.
    Kein Blickkontakt, kein Ja, kein Nein, kein Nicken. Der Mann verließ
die Cafeteria; Manczic sah ihn wieder, wie er im Shop zwischen den Vitrinen
umherging. Scheinbar interessiert besah er sich die Ausstellungsstücke:
Swarovski-Glasfiguren; mit Kristallen verzierte Kleider, Handtaschen, Brillen;
Luxusartikel aller Art. Manczic sah die Glastiere: zierliche Elefanten,
Schwäne, in zartem Rosa strahlende Flamingos – die Augen wurden ihm feucht,
weil er einen Moment lang daran denken musste, wie viel Freude sein Mädchen,
seine kleine Carla, daran gehabt hätte.
    Dann stand der Mann neben ihm. »Kennen Sie Park draußen, wo aussieht
wie Hand?«
    Er erwartete keine Antwort. »Ist schön. Sehr schön.«
    Das war alles. Der Mann ging davon, passierte die Kasse, ohne etwas
zu kaufen, und verließ den Riesen durch einen langen Tunnel.
    Es waren nur ein paar Schritte bis zur Hand. Hecken bildeten die
Umrisse der Finger, und sie bildeten auch das Muster, das dem der hennabemalten
Hand einer arabischen Frau ähnelte. Manczic brauchte mehrere Minuten, um den
Mann in diesem poetischen Labyrinth zu finden.
    Auf Kroatisch und mit verärgertem Gesichtsausdruck sprach ihn der
Mann an.
    Manczic zog die Stirn in Falten. »Rede wenigstens Deutsch mit mir.
Du kannst es. Und mein Kroatisch gerät in meinem alten Kopf allmählich in
Vergessenheit. Aber was soll das überhaupt: Ich würde nicht aufpassen? Ich
passe auf!«
    »Nein«, sagte der Mann. »Sitzt einer vor dem Eingang. Ist dir
gefolgt ganze Zeit.«
    Manczic riss die Augen weit auf. »Das gibt es doch nicht!«,
stammelte er. »Das kann gar nicht sein … Ich war sehr, sehr vorsichtig …«
    »Nicht genug vorsichtig. Er ist jung, ist groß, ist nicht dick. Hat
Anorak an und Jeans und so Turnschuh, so dicke Schuh, weißt du. Kannst ihn
schon erkennen nachher. Ist aber kein Bulle, merkt man. Ist irgend anderer
Schnüffel.«
    »Schnüffler«, korrigierte ihn Manczic. »Es heißt ›Schnüffler‹.«
    »Scheiß ich drauf!«, fuhr ihn der Mann an. »Problem ist, was der
Mann will von dir. Und noch ein Problem: Warum hier treffen. War nicht
ausgemacht. Und ist für mich ein Risiko, verstehst du?«
    Manczic trat ganz nahe an den Mann heran. So nahe, dass er seinen
Schweiß und ein billiges Rasierwasser riechen konnte. Der Mann war mindestens
einen Kopf größer als er, doch davon ließ er sich nicht beeindrucken.
    »Nun hörst du mir mal zu«, sagte er sehr bestimmt. »Du erledigst
Aufträge, richtig? Und ich zahle dich dafür, ja? Ich zahle dich gut. Und zwar
so gut, dass du dir in deinem beschissenen Dorf in Kroatien etwas aufbauen
kannst. Und weil das so ist, wirst du dich auch in Zukunft mit mir treffen,
wenn ich das will.«
    Der Mann trat einen halben Schritt zurück. Weniger forsch fragte er
nun, was Manczic eigentlich von ihm wolle.
    »Was ich von dir will? Dass du deine Aufträge so ausführst, wie wir
sie besprochen haben.«
    »Ich …« Der Mann wollte etwas erwidern, doch Manczic ließ ihn nicht
zu Wort kommen.
    »Ich habe dir gesagt, du sollt ihn büßen lassen. Für jedes Jahr, das
ich seit Carlas Tod durchlitten habe, sollst du ihn büßen lassen. Langsam
sollte der sterben, stimmt’s? Du solltest ihn an einen Baum hängen, nicht weit
entfernt von dem Ort, wo Carla ums Leben kam. So solltest du ihn aufhängen,
dass er langsam erstickt. Langsam und qualvoll. Was machst du stattdessen? Du
erwürgst ihn irgendwo und bescherst ihm einen Tod, der kaum schlimmer ist, als
wenn einem ein Herzinfarkt oder eine Lungenembolie den letzten Schnaufer aus
dem Leib zieht.«
    Er spuckte wütend aus.
    »Verrecken sollte dieses Schwein! Elendig verrecken!«
    Er wischte sich mit der Hand über den Mund, wandte sich ab, ging ein
paar Schritte und kam wieder zurück.
    »Ich weiß nicht, was sich mein Neffe gedacht hat, als er dich
empfohlen hat. Guter Mann, hat er gesagt, kriegserfahren. Hat schon viele
fertiggemacht, hat er gesagt. Soldaten genauso wie Zivilisten. Auch Frauen und
Kinder.

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