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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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Kaiserjägerstraße? Da hab ich morgen Muskelkater in den
Armen und wieder ganz verspannte Schultern. Geht das nicht telefonisch?«
    Er sah mit einem Hundeblick zu ihr auf, so lieb und so bittend, dass
sie gar nicht Nein sagen konnte. Allerdings dachte sie bei sich, dass sie
wieder mal ein heikles Thema zur Sprache bringen sollte: einen
Elektro-Rollstuhl. Sie hatte sich kürzlich im Internet informiert und war
erstaunt gewesen, wie breit da die Angebotspalette war.
    Doch spürte sie intuitiv, dass jetzt nicht der richtige Moment war,
um Paul darauf anzusprechen. Es hatte schon Überredung genug erfordert, ihn
überhaupt nach draußen zu locken.
    Nach dem Kaffee schob sie Schwarzenbacher quer durch die
Innenstadt. Sie ging mit ihm durch die touristisch arg frequentierte
Fußgängerzone, die direkt auf das Goldene Dachl zuführte, bog dort rechts ab,
ging durch den Torbogen bei der Hofburg, überquerte den Platz beim
Landestheater und nahm den Durchgang zur SOWI ,
der Hochschule für Sozial-und Wirtschaftswissenschaften. Als sie vor der
Polizei angekommen waren, sagte Schwarzenbacher, sie möge veranlassen, dass
Hosp herunterkomme. Ihm sei es ja wohl nicht zuzumuten, sich da hinaufzuplagen.
    »Du hättest wenigstens vorher anrufen können, ob er da ist«, sagte
sie. »Oder ob er überhaupt Zeit hat.«
    »Er ist da«, sagte er. »Und natürlich hat er Zeit.«
    Er kann einem gehörig auf die Nerven gehen, dachte sie. Und sie
sagte: »Woher willst du das eigentlich wissen?«
    »Weiß ich halt«, sagte er, schaute hinauf zu ihr und fügte mit
geradezu spitzbübischem Grinsen hinzu: »Ich spür das im Urin.«
    Wenig später stand Hosp neben dem Rollstuhl.
    »Du hättest anrufen können, Paul.«
    »Hätte ich«, sagte Schwarzenbacher. »Aber ich hatte einfach
Sehnsucht nach dir.«
    Hosp lächelte. Doch sein Gesicht wurde gleich wieder ernst.
    »Es wäre mir lieber, wenn du keinen Scheiß reden würdest. Habe jede
Menge zu tun …«
    Er sah Schwarzenbachers fragenden Blick.
    »Eine Tote im Milieu. Erwürgt, wahrscheinlich von einem Freier. Aber
du bist sicher nicht deshalb zu mir gekommen.«
    »Stimmt«, sagte Schwarzenbacher, jetzt ebenfalls ernst. »Es geht, du
kannst es dir ja denken, um den Mord an Spiss. Ich habe mir viele Gedanken
gemacht. Hab ja genug Zeit dazu und sonst nichts zu tun. Frage: Habt ihr euch
mal mit der Verwandtschaft von diesem Manczic befasst? Wen gibt es da? Brüder,
Neffen, Stiefsöhne? Und woher kommt dieser Mann? Das solltet ihr mal
hinterfragen. Es liegt auf der Hand, dass der Alte den Spiss nicht erwürgt, zu
dem Baum geschleppt und dann aufgehängt hat. Da besteht kein Zweifel. Doch er
könnte Helfer gehabt haben. Oder jemanden, der das für ihn erledigt hat.«
    Hosp sah Schwarzenbacher lange an. Dann nickte er, zuerst zögerlich,
dann mehrmals kräftiger.
    »Da ist was dran, Paul. Ich kümmere mich drum. Und ich sag Bescheid,
wenn wir mehr wissen.«
    Jetzt nickte Paul Schwarzenbacher. Und als ihn Ellen nach Hause
schob, war er in bester Stimmung und lächelte beinahe unablässig vor sich hin.
    *
    Manczic betrat den Riesen, als wenn es der Eingang in eine Höhle
wäre. Innerlich geduckt, ein wenig ängstlich und besonders achtsam. Und
irgendwie war es ja eine Höhle: düster, verschlungen, bewohnt von guten oder
bösen Fabelwesen mit kristallenen Gefiedern und aufleuchtenden Augen. Die
Kunstwerke, die dieser »Höhle« ihr Leben einhauchten, interessierten ihn nicht.
Er schaute nur auf die Leute, die einzeln oder in Grüppchen vor den verstörenden
und bezaubernden und glitzernden Objekten und Installationen standen. Er
wusste, dass er erwartet wurde. Irgendwo hier musste der Mann sein.
    Er sah ihn im sogenannten Kristalldom, einer riesigen Kuppel aus
unzähligen Spiegel-Dreiecken. Oder sah er ihn nicht? Sah er nur ein
Spiegelbild, eines, das den Körper zerbrach und an anderer Stelle wieder
zusammensetzte? Was war Täuschung, was war echt?
    Manczic hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren,
während ihn die Spiegel, die Bilder und die Farben darin auslachten. Doch das
dauerte nur wenige Augenblicke, dann hatten sich seine Sinne arrangiert. Er
bekam wieder Halt, sah den Mann, den er suchte, ließ sich von dem
Spiegelgeflirre nicht mehr irritieren, hatte wieder Gewalt über sich selbst.
    »Café«, flüsterte der Mann, ohne sich dabei an ihn zu wenden, ohne
ihn auch nur anzuschauen. Vielleicht schaute er ja eines der Spiegelbilder an …
    »Café«, sagte der Mann. Nur dieses

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