Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
Herns Ansinnen ein. Ich konnte sie nicht zurückhalten. Als Ihr geboren wurdet, Gloriana, hoffte ich, Ihr würdet alles wiedergutmachen, was hier stattgefunden hatte. Aber nicht lange, und Ihr folgtet ihr zur Verderbtheit. Meine Frau und unsere Söhne waren die nächsten Opfer. Ich wollte sie ihm nicht überlassen, aber ich mußte schweigen. Er hatte eine armselige Einbildungskraft, Euer Vater, wie die meisten Ungeheuer. Wie hart kam es mich an, in der Gewalt eines Ungeheuers zu sein, einer kaum noch berechenbaren Bestie, dennoch wartete ich. Ich machte meine Pläne, förderte sie durch behutsame Vorkehrungen. Ich wollte Euch zu der goldenen Siegerin machen, die all meinem Leiden einen Sinn geben würde. Euch und Albion. Und für fast dreizehn Jahre schien es, als ob meine Arbeit, meine Opfer und meine Geduld sich gelohnt und wir gemeinsam das Zeitalter der Tugend verwirklicht hätten. Dann aber gabt auch Ihr Euch einem Ungeheuer. Und nun werde ich Euch töten und alledem ein Ende machen.«
    Sie hatte es erwartet. Sie begriff, daß sie ihn mit Bitten nicht würde erweichen können. Während er auf sie zukam, wich sie weiter zurück, die Stufen hinauf, bis sie den Thron erreichte und sich darauf niederließ, als könnte er ihr Schutz bieten. Tatsächlich machte er halt.
    »Aber das Goldene Zeitalter kann bald wieder erblühen«, sagte er, »wenn erst das schlechte Blut ein für allemal ausgetilgt ist.« Sie begann um ihr überlebendes Kind zu fürchten.
    »Kommt!« sagte er und zeigte zum Block. »Ihr sollt sterben, wo Ihr gezeugt wurdet. Ihr hättet niemals existieren sollen. Ihr seid ein Alptraum.«
    Ein keuchender Laut entrang sich ihrer Kehle, ein unausgesprochenes Flehen um ihr Leben, aber auch um das Leben der Tochter, von deren Errettung vor seinem blutgierigen Pöbel er sicherlich noch nicht wußte.
    »Sünde auf Sünde«, sagte er. »Ich hätte dem Treiben damals schon Einhalt gebieten sollen. Es nahm allzu lang seinen Fortgang und brachte Albion an den Rand des Verderbens. Kommt!« »Nein.«
    Er schob Dees leblosen Körper mit dem Fuß beiseite, erstieg die Stufen, streckte die graue, gepanzerte Hand aus und nahm sie beinahe sanft beim Handgelenk. »Kommt!«
    Ihre Kraft war von ihr gewichen. Der Schrecken und die Unwirklichkeit der Szene hatten sie betäubt und ihres Willens beraubt. Sie erhob sich und folgte ihm gehorsam die Stufen hinunter.
    Sie erreichten den Lichtkreis des Mondscheins. Ohne sie loszulassen, stieß Montfallcon den geköpften Leichnam ihrer Mutter vom Block fort. Gloriana, einer Ohnmacht nahe, brach in die Knie.
    Von der Galerie rief eine kühle, belustigte Stimme herab: »Ah, Majestät, ich sehe, Ihr habt Euren alten Freund gefunden.« Montfallcon stieß eine knurrende Verwünschung aus und zwang Gloriana vorwärts und nieder, bis ihr Kopf den Granit berührte.
    »Da bin ich«, sagte Quire in beiläufigem Ton. »Seit Wochen sucht er mich. Es ist ein Spiel, das wir zusammen in den Wänden gespielt haben, Montfallcon und ich.«
    »Oh!« Als habe die kühle Stimme sie in die Realität zurückgerufen, riß Gloriana sich los und versuchte, behindert von ihrem langen Nachthemd und den vom Blut schlüpfrigen Steinplatten, auf allen vieren davonzukriechen. Montfallcon strauchelte über den Leichnam seiner Tochter, fand das Gleichgewicht wieder und verfolgte sie mit erhobenem Schwert.
    Nun sprang Quire die Treppe herunter, den Degen in der Hand, mit wehendem Umhang, den hinderlichen Hut beiseitegeworfen, das dichte, lockige Haar um sein schmales Gesicht tanzend; so sprang er auf Montfallcon zu, wie ein Terrier auf einen Bären, bis er mit zähnebleckendem Grinsen vor ihm stand. »Da bin ich, Montfallcon.«
    Der Bihänder sauste zischend durch die Luft, um mit der Wucht seines ganzen Gewichts auf Quires parierendes Stichblatt zu krachen. Montfallcon lachte in schrecklicher Freude, als Quire unter der Gewalt des Schlages zu Boden ging. Doch einen Augenblick später war dieser schon wieder auf den Beinen, sprang geduckt seitwärts, während Montfallcon zum nächsten Hieb ausholte, und kam hinter den sich drehenden Gegner, der mit einem waagerecht geführten Rundschlag parierte, der Quire in der Mitte durchgetrennt hätte, wäre er nicht rechtzeitig zurückgesprungen, um seinen Gegenstoß auf Montfallcons einzige ungeschützte Stelle zu zielen: sein graues Gesicht. Die Degenspitze berührte Montfallcons Wange unter dem Auge, wurde aber von einem eisernen Arm beiseitegeschlagen. Das lange Schwert hob

Weitere Kostenlose Bücher