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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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mehr gearbeitet und ein bisschen weniger gefeiert. Aber das Unangenehmste waren Brandis letzte Worte, die eigentlich alles ausdrückten, was ich befürchtete.
    »Was ist denn los?«, fragte Johannes.
    »Brandis hat Emilia fertig gemacht«, platzte es aus Pierre heraus, woraufhin ich noch elender zu Boden sah.
    Johannes runzelte die Stirn. »Wieso?«
    »Brandis hat sie nach irgendeiner Rothenbach gefragt«, ereiferte sich Pierre.
    »Marianne Rothenbach?«, fragte Johannes.
    Meine Schultern sanken noch tiefer.
    Pierre nickte aufgescheucht. »Ja, ja, genau die. Emilia kannte sie nicht.«
    Johannes wandte sich zu mir. »Und?«
    »Das Schlimme war«, sagte ich leise, »ich habe nicht gesagt, dass ich mit dem Namen nichts anfangen kann, sondern mir was zusammengestottert, bis herauskam, dass Rothenbach nicht wie ich dachte, ein Mann, sondern eine Frau ist.«
    Johannes schoss ein Grinsen ins Gesicht.
    »Wie mitfühlend von dir«, bemerkte ich.
    »Tut mir leid.« Besänftigend legte er seine Hand auf meine Schulter. »Aber die ganze Sache sollte dich nicht kümmern. Das passiert hier an der Uni dauernd. Es gibt dafür sogar einen Namen.« Er lachte. »Doch wirklich. Jetzt schau nicht so skeptisch. Man nennt es das Etcetera-Prinzip.«
    Er löste seine Hand von meiner Schulter, die nun unangenehm kalt wurde und fuhr fort: »Es bedeutet, eine Information in einem Gespräch ist unverständlich. Vielleicht ein Name oder irgendeine Bezeichnung, aber man fragt nicht nach, weil man annimmt oder vielmehr hofft«, wieder lachte er, »dass sich die Klärung noch aus dem Gespräch ergeben werde.«
    Johannes zuckte mit den Schultern. »Da hier fast alle Angst haben, in ihrer Unwissenheit entdeckt zu werden, gibt es solche Gespräche jeden Tag. Manchmal wird man eben ertappt.«
    »Brandis hat mich danach als erstes auf die Bekanntschaft des Alten zu meiner Mutter angesprochen.«
    »Sie kennen sich?«
    »Ja, aus dem Studium. Ich glaube, sie mochten sich mal.«
    »Und jetzt meint Brandis, du bist deshalb eingestellt worden?« Johannes schüttelte den Kopf. »Ich kenne den Alten.«
    »Der Alte schien auch nicht sehr glücklich, als er erfuhr, wer meine Mutter ist. Ich glaube, sie hat ihn damals verlassen.«
    »Warum?«, fragte Pierre neugierig.
    »Sie sagte einmal, ihn hätte ein neues Buch mehr interessiert als jede nackte Frau.«
    Johannes nickte. »Das passt viel eher zu ihm.«
    »Aber meine Mutter schwärmt noch heute von seinen zarten Händen.«
    »O-ho«, machte Pierre.
    »Wie auch immer«, sagte ich und begann vorsichtig meinen roten Nagellack wie eine entzündete Hautschicht von meinen Nägeln abzuziehen. »Jedenfalls ist Brandis der Überzeugung, ich gehöre nicht hierhin. Wenn ich die Haare offen habe oder einen Rock trage, sieht er mich richtig hasserfüllt an.«
    »Dann mach dir einen Zopf und trag Hosen«, wandte Pierre auf seinem Stuhl wippend ein.
    »Ja, Pierre, soll ich das? Du trägst doch selbst Leggins, in denen sich jedes Körperteil abzeichnet.«
    Pierre starrte mich mit offenem Mund an.
    Johannes lachte. »Bitte, hört auf. Hier läuft jeder rum, wie er will. Und was Brandis denkt... Emilia, das kann dir völlig gleichgültig sein.«
    »Ja, aber vielleicht hat er Recht. Mir geht das hier nicht leicht von der Hand. Ich habe es bisher nicht einmal geschafft, eine Seite am Stück zu schreiben.«
    »Du bist doch erst seit ein paar Wochen hier«, sagte Johannes, aber es beruhigte mich nicht.
    »Wenn ich dem Alten nicht schnell etwas vorlege«, sagte ich, »wird Brandis ihn davon überzeugen, dass meine Einstellung ein Fehler war.«
    »Glaub mir, Emilia«, sagte Johannes sachlich, »der Alte macht sich sein eigenes Bild. Dem geht es nur um eine gute Arbeit. Und das Schreiben geht hier keinem leicht von der Hand. Frag mich. Frag Pierre.«
    »Merci«, flötete der.
    Ich erklärte Johannes, dass ich nicht einmal wüsste, wo ich überhaupt anfangen sollte und ärgerte mich zugleich über meinen nur noch bruchstückhaft vorhandenen roten Nagellack, da es nichts gab, was an Frauenhänden ordinärer aussah.
    »Du fängst mit einer Gliederung an«, sagte Johannes und seine Stimme klang aufmunternd. »Ich kann dir dabei auch helfen.«
    »Das hat du mir noch nie angeboten«, sagte Pierre eifersüchtig.
    Ruhig sah Johannes ihn an. »Doch, habe ich.«
    Pierres Blicke wechselten einen Moment von Johannes zu mir.
    »Aber nicht so, in diesem Ton.«
    »Pierre«, sagte Johannes, aber der hob abwehrend seine Hand und zog es vor, schweigend und

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