Glueck allein
allem, was mir einfiel, damit keine Pause entstand, in der unsere Schritte auf dem Asphalt laut und beklemmend werden konnten. Seine Stimme war ruhig und sanft und ich saugte ihren Klang in mich auf, denn fünf Jahre war sie mir meist verwehrt geblieben, fünf Jahre hatte ich sie nur zufällig hören können.
Sein Wagen war sportlich und eine Sitzheizung wärmte meinen Rücken. Dankbar, die Begrüßung ohne größere Peinlichkeiten überwunden zu haben, begann ich mich auf dem Beifahrersitz zu entspannen. Nur meine Hände blieben zwischen meinen Schenkeln verknotet.
Als er rückwärts ausparkte und sein Gesicht nach hinten wandte, war er mir für einen Moment nah wie noch nie, so dass ich mich fast an meinem eigenen Atem verschluckte. Ich zerbrach mir den Kopf, ob ich jemals davon geträumt hatte, mit ihm im Auto zu fahren, aber ich konnte mich nicht erinnern.
Jetzt, da ich neben ihm saß, waren meine Gefühle von damals schemenhaft und weit entfernt, als hätte ich sie nicht selbst erlebt. Aber ich wusste, wenn ich es geträumt hätte, wäre es so gewesen wie in diesem Moment: Der summende Motor, der leichte Vanilleduft im Innern, die Wärme im unteren Rücken und er, Florian, lächelnd neben mir. Nur den grasgrünen Strickpulli hätte es nicht gegeben.
Überraschend schnell verließen wir wieder die Autobahn und nur wenige Minuten später parkte er den Wagen in einem Zug rückwärts ein, so dass ich ihn für seine Geschicklichkeit bewunderte. Bereits im Treppenhaus hörten wir gedämpft die Musik und die vielen Stimmen, die durch die Tür einer der oberen Wohnungen drangen.
Eine Frau machte uns beiläufig auf. Überall waren Leute, saßen am Boden oder lehnten an der Wand. Stimmen, Musik und Lachen vermischten sich. Wir stiegen über Beine und drückten uns an Rücken vorbei, schoben uns vom Flur in die Küche, wo uns, ohne dass wir gefragt hätten, zwei Flaschen Bier angereicht wurden. Um es zu trinken, mussten wir unsere Körper in der Enge zurücklehnen. Ein ineinander verschlungenes Pärchen beendete seine Küsse und beobachtete uns mit Eulenaugen.
»Sollen wir mal raus?«, fragte ich und deutete auf den Balkon. Florian nickte sofort.
Die frische Nachtluft ließ uns aufatmen. Florian lehnte sich an die steinerne Wand und zündete sich eine Zigarette an. Ich schaute über das Geländer hinweg in die Dunkelheit. Eine rothaarige Frau kam auf den Balkon. Ihr Gesicht war mit Sommersprossen übersät. Sie fragte uns erst nach einer Zigarette, dann nach einem Feuerzeug und begann, als sie es Florian zurückgab, einfach zu erzählen. Sie war die Freundin des Gastgebers und gerade wohl ein wenig einsam.
Auf meine Frage, seit wann sie mit dem Gastgeber zusammen sei, sagte sie nur: »Wir poppen seit Anfang des Jahres miteinander« und Florian und ich lachten erstaunt.
»Seid ihr zusammen?«, fragte sie unerwartet zurück. Mein Lachen verstummte und meine Augen suchten einen Punkt in der Dunkelheit.
Florian sagte einfach: »Ja.«
Verblüfft sah ich ihn an. Die Rothaarige nickte, als hätte sie es ohnehin gewusst und erzählte von vierzig Litern Bier, die sie für diese Party gekauft hätten und die dennoch nicht reichten. Unauffällig wandte ich mich ab, um Florian nicht um den Hals zu fallen. Er hatte »Ja« gesagt. Er hatte gesagt, wir seien zusammen. Das war verrückt, aber romantisch. Irrationales Verhalten, verursacht durch Gefühle. Endlich wurde ich aufgefangen in meinem seit Monaten währenden freien Fall. Heimlich lächelte ich in der Dunkelheit. Fibi hatte Recht. Es ist alles so einfach, wenn man füreinander bestimmt ist.
Florian drückte seine Zigarette aus und verschwand mit einem Nicken in meine Richtung nach drinnen. Er entzog sich den Erzählungen der Rothaarigen, die uns gerade über den genauen Ablauf der Vorbereitungen dieser Party berichtete. Sofort versuchte ich, verlassen von Florian, dieses Gespräch zu ersticken, indem ich keine Fragen mehr stellte und meine Antworten auf drei Wörter begrenzte. Nach ein paar unangenehmen Sekunden des Schweigens verabschiedete ich mich von ihr und ging hinein.
Rasch quetschte ich mich durch die Küche, durch den Flur, sah an allen Männern vorbei und fand Florian schließlich alleine im Schlafzimmer, wo er in gebückter Haltung vor einem Computer saß. Wie sollte es anders sein, er beschäftigte sich mit Musik. Ich überlegte, ob ich mich auf einen der beiden Ledersessel unter dem Fenster setzen sollte, entschied mich aber fürs Bett, auf dem eine beige
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