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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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diesem Florian?« Er deutete auf mein Gesicht. »Ich sehe es dir doch an.«
    Genervt winkte ich ab und sagte, nun sei wohl der richtige Zeitpunkt, wieder an die Arbeit zu gehen.
    »An die Arbeit?« Johannes blieb demonstrativ sitzen. »Denkst du noch an deine Arbeit? Hast du heute einen Satz geschrieben? Oder gestern? Meinst du, der Alte kriegt das nicht mit, wenn du hier gar nichts tust?«
    »Am besten du sagst es ihm gleich persönlich«, erwiderte ich und stand auf, während Johannes mit einem Satz von der Fensterbank sprang und vor mir stehen blieb. Er hätte mich schlagen oder küssen können, sein Blick passte zu beidem.
    »Kinder, Kinder«, schaltete sich Pierre singend ein. Bis zur letzten Sekunde war er auf seinem Stuhl sitzen geblieben und hatte uns aufgeregt zugesehen. »Streitet euch doch nicht.«
    »Wir streiten uns nicht«, patzten Johannes und ich ihn gleichzeitig an. Keine zwei Minuten später saß jeder wieder in seinem Büro.
     

Die unverhoffte Einladung
     
    Hatte ich mir in den letzten Tagen nur einen Funken Gelassenheit bewahrt, wich diese von mir, als ich Florians neueste Nachricht las: »Hey«, schrieb er, »ein Kumpel von mir feiert heute Geburtstag. Bist herzlich eingeladen. Er meinte, ich soll alle einladen, die ich kenne. Und jetzt kennen wir uns ja schon ein bisschen.«
    Ich wollte weinen, wollte schreien, wollte anrufen und ihm meine Liebe erklären, wühlte wie ein Hund im Bett nach meinem Telefon, fand es schließlich unterm Kissen.
    Anruf bei Maria: »Florian hat mich auf einen Geburtstag eingeladen«
    »Was? Wann?«
    »Heut Abend!«
    »Nicht möglich!«
    Dann bei Fibi: »Florian hat mich auf einen Geburtstag eingeladen!«
    »Ein Date?«
    Ich kicherte. »Vielleicht.«
    Fibi: »Ich sags ja, ihr seid füreinander bestimmt.«
    Aufgescheucht rannte ich in meiner Wohnung umher. Jeder Versuch, ruhig zu bleiben, war vergebens. Fibi war der Überzeugung, alle meine Beziehungen seien nur Vorbereitung auf diese eine gewesen. Maria warnte, ihm meine Gefühle zu sehr zu zeigen. Beide sprachen sich dafür aus, mit der Antwort zu warten, damit er mich nicht für ein hypnotisiertes Karnickel vor dem Computer hielt. Wenige Sekunden nach meiner mit großer Anstrengung um zwanzig Minuten verzögerten Antwort war alles klar. Am Abend würde er mich mit dem Auto abholen. Zehn Jahre hatte ich darauf gewartet.
     

Schicksalsentscheidung
     
    Ein Abend, eine Nacht mit ihm. Wenige Stunden, die dazu bestimmt waren, niemals vergessen zu werden.
    Bereits um sechs hatte ich mich geduscht, eingecremt und rasiert, alle Nägel lackiert, die Augenbrauen gezupft, meine Haare aufgedreht, mich geschminkt, angezogen und parfümiert.
    Immer wieder sah ich mich im Spiegel an und versuchte herauszufinden, ob er mich lieben könnte. Ich nahm mir vor, bezaubernd zu sein, auch wenn mir nicht klar war, wie das genau auszusehen hatte. Sorge bereitete mir das leichte Zittern, das seit dem Nachmittag immer wieder meine Beine ergriff.
    Die Türklingel um kurz nach neun erschreckte mich so, dass ich mir den Lidstrich, den ich nur noch ein bisschen korrigieren wollte, übers gesamte Augenlid zog. Hastig versuchte ich den Strich zu entfernen, was jedoch den Lidschatten verwischte, so dass es erschien, als hätte ich einen Schlag aufs Auge bekommen. Mit einem satten Schwarz übertünchte ich mein vorheriges, aus Blau und Grün bestehendes Vielfarbenspiel und zwang mich, es dabei zu belassen, denn er wartete in diesem Moment unten vor der Tür. Schnell wühlte ich noch einmal meine Haare auf, zog meine Bluse glatt, warf alle Schminksachen in meine Handtasche, suchte Schlüssel und Portemonnaie und eilte die Treppen herunter. Mit rasendem Herzen öffnete ich die schwere Haustür. Er stand direkt vor mir, er, Florian, mit einem grünen Strickpulli bekleidet, der so grell war, dass es mich für einen Moment irritierte.
    »Hallo«, sagte er freundlich.
    »Hi«, sagte ich, während wir uns zögerlich – wie sollten wir uns begrüßen? – die Hände reichten.
    »Fahren wir?«, fragte er. Ohne den Blick von ihm zu lassen, nickte ich. Seine braunen Haare reichten ihm bis zu den Wangen, die nur etwas markanter als früher waren. Seine Lider hingen noch immer ein wenig herab, was seinen Augen diesen verträumten Ausdruck verlieh. Wie oft hatte ich mich danach gesehnt, dass sie mich einmal liebend ansähen.
    Als wir zum Auto liefen, schlurfte er leise. Ich fragte ihn nach seiner Gitarre, nach seiner Band, seinen Liedern, seiner Arbeit, nach

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