Glück auf kleinen Pfoten - Erlebnisse einer Hundefreundin
herumliegt â von Ahornsamen über kleine Steine, Flaschendeckel und Kugelschreiberfedern bis hin zu abgerissenen Schnürsenkeln und Styroporschalen mit verführerisch duftenden Burgerresten ist alles dabei. Zwischenzeitlich wird das ständige Aufpassen für uns so anstrengend,dass ich sogar daran denke, einen kleinen Maulkorb für Wolle zu kaufen. Wobei der Gedanke, wie ich dann den erstaunten anderen Spaziergängern erklären werde, dass mein Kleiner zwar harmlos aussehen mag, in Wirklichkeit jedoch ein äuÃerst gefährlicher »Kampfspitz« ist, mich schon wieder zum Schmunzeln bringt.
Während wir noch mit der grundsätzlichen Lösung dieses Problems beschäftigt sind, hat Pauline, meine jüngste Tochter, eine Idee: Sie möchte nach Mannheim fahren, um sich ein paar neue Kleidungsstücke zu besorgen. Da wir gelesen haben, dass ein junger Hund in der Prägungsphase möglichst vielfältige Erfahrungen machen sollte, würde es sich doch anbieten, einen gemeinsamen Ausflug in die groÃe Stadt zu unternehmen.
Die Idee gefällt mir, und am nächsten Samstag setzen wir unseren Plan in die Tat um. Die Autofahrt bereitet unserem Liebling keine Probleme. Brav liegt er in seiner Transportbox und gibt keinen Ton von sich.
Aber nachdem wir einen zentral gelegenen Parkplatz gefunden haben und aus dem Auto ausgestiegen sind, lässt sich Wolle vor Aufregung kaumberuhigen. So viele fremde Menschen, so viele unbekannte Geräusche â und vor allem: so viele verführerische Gerüche! Die kleine Nase klebt förmlich am Boden, ständig müssen wir aufpassen und ihm die wahllos aufgesammelten Beutestücke wieder aus dem Mäulchen nehmen, ehe er sie verschluckt. Aber dann ist das Unglück doch passiert: Auf einmal ist die weiÃe Blesse um Wolles Nase blutrot verfärbt. Entsetzt schreie ich auf â bestimmt hat er in ein Metallstück oder, schlimmer noch, eine Glasscherbe gebissen! Pauline und ich knien uns zu unserem kleinen Hund auf den Boden und öffnen vorsichtig seine Kiefer, um den scharfen Gegenstand zu entfernen. Einen Augenblick später sehen wir uns fassungslos an. Was unser kleiner Held da ergattert hat, ist â ein feuerroter Lippenstift! Er muss anscheinend jemandem aus der Hülle gefallen sein. Nun kaut Wolle genüsslich darauf herum. Wir schütteln den Kopf über so viel Geschmacksverirrung â obwohl, vielleicht haben die Hersteller ja spezielle Zusatzstoffe verwendet, die unserem Hündchen das Gefühl vermitteln, hier eine ganz besondere Köstlichkeit vor sich zu haben. Mir bleibt leider nichts anderes übrig, als dem kleinen Schlingelseine Eroberung wieder abzunehmen. Nach einem kurzen Moment der Enttäuschung, wendet er, als geborener Optimist, sein Näschen neuen, vielversprechenden Düften zu. So können wir unseren Stadtbummel fortsetzen.
Leider dauert diese Phase, in der Wolle alles Mögliche und Unmögliche zu fressen versucht, noch einige Wochen an. Aber wir lernen, damit umzugehen, indem wir ihm ein Tauschgeschäft anbieten: Jedes Mal, wenn er etwas vom Boden aufnimmt, das mir ungeeignet oder gefährlich scheint, zaubere ich ein Leckerchen aus meiner Tasche hervor und halte es ihm hin. Wenn er dann sein Mäulchen aufmacht und seine Beute fallen lässt, um das Leckerchen zu nehmen, hebe ich den anderen Gegenstand schnell auf und lasse ihn verschwinden.
Ich bin sehr zufrieden damit, wie gut ich meinen Kleinen mit dieser neuen Methode austricksen kann â bis mir eines Tages schlagartig klar wird, wer hier eigentlich wen austrickst. Wolle hat den Spieà einfach umgedreht: Jedes Mal, wenn er gern etwas Feines zu essen haben möchte, nimmt er irgendeinen kleinen Gegenstand (ein Steinchen, ein Stück Karton, einen Flaschendeckel oder Ãhnliches) insMaul, spielt auffällig damit herum und legt ihn, wenn ich darauf nicht reagiere, schlieÃlich sogar ganz offensichtlich vor meine FüÃe. So will er mich dazu bewegen, ihm die begehrte Leckerei zuzustecken. Ich tue natürlich so, als würde ich seinen Trick nicht durchschauen, lobe ihn überschwänglich und freue mich einfach nur »spitzbübisch« darüber, was für ein überaus schlaues kleines Hündchen ich doch habe.
Unwillkürlich muss ich an das Lied von dem Hund und dem alten Knochen denken, das unsere Kinder vor vielen Jahren im Kindergottesdienst gelernt haben. Es
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