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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über die Frankfurter Eintracht mit 2 : 1 siegreich geblieben, Borussia Mönchen-Gladbach über den VfL Bochum mit 3 : 0. Der Hamburger Sportverein hatte in Kaiserslautern mit 2 : 3 den kürzeren gezogen. Das waren die Ergebnisse der Mannschaften in der oberen Tabellenhälfte. Alles andere fiel unter, wie der Sportlermund sich ausdrückte, ›ferner liefen‹. Dort würde es erst interessant werden, wenn gegen Ende der Saison der Abstiegskampf einsetzen würde. Soweit war es aber noch nicht.
    Das Telefon läutete. Theo hob ab, lauschte, sagte erst gar nichts und dann: »Weißt du, was du mich kannst? Und zwar kreuzweise?« und legte wieder auf.
    »Ihr wißt, wer das war«, sagte er zum Quartett seiner Freunde, die ihn fragend anblickten. »Pit Schmitz.«
    Verhältnismäßig rasch fing dann das Lokal an, leerer zu werden. Nicht wenige Gäste, die in der Nähe wohnten, zahlten und gingen. Sie wollten bis 18.00 Uhr zu Hause sein, um die Sportschau im Fernsehen mit den auszugsweisen Übertragungen der Spiele nicht zu versäumen. Alle, die heute diesem Bedürfnis erlagen, stempelte der Waschmittelvertreter Karl Jaworowski als ›Masochisten‹ ab. Keine Masochisten schienen Ted, der Bursche in Lederkleidung, und seine zwei Freunde zu sein; sie blieben noch.
    Wilhelm Thürnagel saß immer noch vor seinem ersten Glas Bier, mußte aber nun trotzdem mal auf die Toilette. Ted sah das und folgte ihm.
    Auf dem Pissoir stellte er sich neben Wilhelm, ließ es unter wohligem Grunzen so richtig laufen und sagte: »Du weißt ja, wie das bekanntlich ist?«
    Nachdem ihn Wilhelm zwar freundlich anschaute, ihm aber keine Antwort gab, ergänzte er selbst: »Wie ein halber Geschlechtsverkehr.«
    Wilhelm blieb stumm. Er hatte bei seinem Geschäft einen kleinen Vorsprung vor dem anderen gehabt, war dadurch eher fertig damit, zog sich den Reißverschluß der Hose zu, drehte sich um und ging. Nach zwei Schritten erreichte ihn Teds Ruf: »Warte!«
    Wilhelm hielt an und wartete.
    Ted ließ sich Zeit, zuviel Zeit, so daß sich Wilhelm nun doch wieder in Richtung Ausgang in Bewegung setzte. Als Ted dies bemerkte, hatte er es plötzlich sehr eilig. Ohne seine Hose zu schließen, fuhr er herum, glitt geschmeidig an Wilhelm vorüber, überholte ihn und stand plötzlich zwischen der Tür und Wilhelm, letzterem den Weg verstellend. Mit bösem Gesichtsausdruck herrschte er ihn an: »Hörst du nicht?«
    Wilhelm ließ sich immer noch nicht aus der Ruhe bringen. Gelassen sah er den Rocker an, sagte aber nichts.
    Ted fuhr fort: »Was ist? Hast du kein Maul? Ich habe dich etwas gefragt, du Absonderer!«
    Der Ausdruck beschäftigte Wilhelm. Das zeigte seine Antwort, zu der er sich nun bereitfand: »Was sein das: Absonderer?«
    Die Überraschung, die er damit bei Ted erzielte, war im ersten Moment groß. Ganz schnell machte sie aber einem Ausdruck der Befriedigung in Teds Gesicht Platz, so, als habe sich plötzlich etwas für ihn bestätigt, das er eigentlich schon von Anfang an vermutet hatte.
    »Sieh mal an, ein Ausländer«, sagte er. Einem Ausländer in die Fresse zu schlagen, vergrößerte ja noch ganz entschieden den Genuß, den sich zu verschaffen er schon fest entschlossen war. Vorher wollte er ihm aber noch richtig Angst einjagen, ihm einheizen; auch das vergrößerte noch einmal den Genuß, den er dabei hatte.
    »Weißt du was?« fragte er.
    »Nein«, erwiderte Wilhelm.
    »Solche wie dich kann ich nicht leiden.«
    »Warum nicht?«
    »Das weiß ich nicht. Es steckt einfach in mir. Deshalb werde ich dir eine verpassen und deinen Kopf in die Pißrinne stecken. Hast du das schon mal erlebt?«
    »Nein.«
    »Dann wird's höchste Zeit. Und anschließend wirst du dich gar nicht mehr an deinen Tisch setzen, sondern gleich aus dem Lokal verschwinden, hörst du? Weißt du, warum?«
    »Nein.«
    Wilhelms Ruhe war geradezu unnatürlich. Es sah aus, als ob er viel zu naiv wäre, um überhaupt zu erkennen, was ihm hier blühte; oder als ob er dächte, daß der andere nur Spaß mache.
    »Dann werde ich es dir sagen«, fuhr Ted fort. »Weil dir das Blut von deiner Visage fließen wird und sich die anderen Gäste davor ekeln würden. Und weil du nach Pißrinne stinken wirst und sich die anderen Gäste davor noch viel mehr ekeln würden. Klar?«
    »Nein.«
    Wenn Ted aufgepaßt hätte, wäre ihm nicht entgangen, daß dieses ›Nein‹ der erste scharfe Widerspruch war, den er von Wilhelm zu hören bekam. Doch das Entscheidende, das alles veränderte, erfolgte nun erst.

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