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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schienen mit jedem Klicken von ihren Nadeln zu springen. Vor ihr lag eine Reihe dunkelroter, vermutlich kratziger Sturmhauben, fast sah es aus, als würde sie eine Revolution planen. »Ja?«, fuhr sie mich an.
    »Haben Sie etwas für ein Baby?«
    »Junge oder Mädchen?«
    »Mädchen.«
    »Wie wär’s mit so einer Mütze?«
    Ich ging weiter. Neu – und offenkundig sehr beliebt – war in diesem Jahr ein Stand mit Dingen, die aus Filz gefertigt waren.
    Vielleicht war die Strickfrau deshalb so wütend? Ich schob mich nach vorn und fand ein paar winzige rosa Babystiefel. Perfekt. Nur dass einer wesentlich größer war als der andere.
    »Fünf Euro«, sagte die Frau hinter dem Tisch.
    »Aber … sie sind unterschiedlich groß.«
    »Ein Geschenk?«
    »Ja.«
    »Dann zählt die Geste. Fünf Euro.«
    »Könnten Sie sie als Geschenk einpacken?«
    »Nein. Was glauben Sie denn, wo wir sind? Bei Barneys?«
    »Was wissen Sie denn über Barneys?«
    »Oh, ich kenne mich aus.« Sie zwinkerte mir zu und stopfte meinen Fünf-Euro-Schein in ihre bereits prall gefüllte Geldtasche.
    »Was ist das da?«, fragte ich.
    »Orangenmarmeladentorte.«
    »Soll das ein Witz sein?« Eine entsetzliche Idee. »Haben Sie auch … normalen Kuchen?«
    »Dieser leckere Kaffee-Walnuss-Rührkuchen vielleicht?«
    »Kaffee?«, sagte ich. »Und Walnuss? Ich bekomme Be such. Ich habe …« Ich brauchte einen Moment, um das neue Wort auszuprobieren. » Gäste. Ich möchte sie willkommen heißen, nicht beleidigen. Was ist das da?« Ich zeigte auf einen schiefen braunen Würfel.
    »Kalter Hund.«
    »Perfekt, den nehme ich.«
    »Vielleicht noch ein paar Muffins?«
    »Ich?«, sagte ich von oben herab. »Sehe ich etwa aus wie eine, die Muffins isst?«
    »Sehen Sie sich doch mal an, Ihr kleines Gesicht«, sagte sie. »Und so schick in dem Mantel und den hohen Schuhen, und was für eine hübsche Handtasche. Ist die neu?«
    »Ja …«, sagte ich schwach, aber sie gehörte nicht mir, sondern Claire, und ich hatte sie mir »geborgt«.
    »Um ehrlich zu sein«, sagte sie, »Sie sind das Muffin-Klischee schlechthin. Wie aus dem Bilderbuch.«
    »Das stimmt nicht«, sagte ich ernsthaft. »Das bin ich nicht. Trotzdem, ich nehme ein Dutzend davon.«
    Ich musste einfach, schon aus Tradition, den Trödelstand aufsuchen. Wohlwollend sah ich mir die Auslage an: drei Rubbelkarten (schon abgerubbelt), ein einzelner silberfarbener Sportschuh (Größe 39), eine Broschüre für den Stan nah-Treppenlift, eine Blumenvase mit Sprung, eine halb volle Flasche Chanel N° 5, die irgendwie so aussah, als hätte jemand daraus getrunken.
    Die Frau hinter dem Tisch – eine andere als im letzten Jahr, da war ich mir ziemlich sicher – war so verschreckt, dass sie mich nicht einmal ansah.
    »Was haben Sie bloß angestellt?«, fragte ich sie voller Mitgefühl. »Dass Sie hier mit diesem Ramsch sitzen müssen?«
    Sie sah überrascht auf und brauchte einen Moment, um ihre Stimme zu aktivieren. Offenbar hatte den ganzen Morgen niemand mit ihr geredet. »Ich … eh … also … Die Vorsitzende des Komitees hat das bestimmt, und ihr widerspricht man nicht.« Sie lachte bitter auf. »Meine Hyazinthen sind vor ihren aufgegangen, zwei Wochen früher.«
    »Das ist der Grund?«
    Sie nickte. »Seitdem ist mein Leben die Hölle auf Erden. Ich erwäge ernsthaft, ob ich aus der katholischen Kirche austreten soll. Ich habe mich schon mit anderen Religionen befasst. Vielleicht gehe ich zu den Zoroastriern, die scheinen ganz nett zu sein. Oder zu den Scientologen, Tom Cruise finde ich toll.«
    Ich fuhr nach Hause, machte die Tür zu meinem marineblauen Flur auf, und ein Gefühl von Dankbarkeit durchströmte mich. Meine wunderbare Wohnung. Ist es nicht lächerlich, dass man etwas erst verlieren muss, um es richtig würdigen zu können? Welcher kranke Geist legt die Regeln in dieser seltsamen Welt fest, in der wir leben?
    Und so war es passiert: Es war an einem Dienstagmorgen im Juli, ungefähr einen Monat nach den Laddz-Konzerten. Am Ende gab es doch nur vier – die drei ursprünglich geplanten und, wegen anhaltender Nachfrage, ein viertes. Inzwischen hatte Docker seinen Beitrag geleistet und seine Schuld Wayne gegenüber abgetragen und musste sich um irgendwelche unterbezahlten Bauern in Ecuador kümmern. Dass Wayne auftreten würde, war völlig ausgeschlossen.
    Aber alle hatten gewonnen. Alle hatten an den Konzerten verdient: die Promoter, Harry Gilliam, Jay Parker und die Laddz. (Docker hatte, was niemanden

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