Gluecksklee Und Koboldkuesse
irgendwo absetzen?«
»Ja. Von meinen Quellen weiß ich, dass sich der Mann, nach dem ich suche, gestern in der Mulberry Street aufgehalten hat. Ich will mich dort ein wenig umsehen. Vielleicht mit ein paar Leuten sprechen.«
»Ist der Kerl gefährlich?«
»Nicht besonders, aber die Idioten, die ihn verfolgen, sind es.«
»Ich habe in Grandmas Zimmer einen Prospekt entdeckt«, berichtete ich meiner Mutter. »Wahrscheinlich hat sie den Seniorenbus nach Atlantic City genommen und wird heute Abend wieder zurück sein.«
»O Gott«, stieß meine Mutter hervor und bekreuzigte sich. »Deine Großmutter allein in Atlantic City! Was da alles passieren kann! Du musst sie zurückholen.«
Normalerweise hätte ich das für eine dumme Idee gehalten, aber heute war ein schöner Tag, und ich war schon seit einer Ewigkeit nicht mehr in Atlantic City gewesen. Das klang wie ein perfekter Vorwand, um mir einen Tag freizunehmen. Ich hatte noch fünf offene Fälle zu bearbeiten, doch darunter war nichts, was nicht noch warten konnte. Und ich hatte nichts dagegen, auf ein wenig Abstand zu Diesel zu gehen. Diesel stellte eine Komplikation in meinem Leben dar, die ich wirklich nicht brauchte.
Eine Stunde später hatte ich mir Jeans, einen langärmligen Pulli mit V-Ausschnitt und ein Sweatshirt angezogen. Ich fuhr zum Kautionsbüro, parkte am Gehsteig und marschierte hinein.
»Was steht an?«, wollte Lula wissen. »Ziehen wir heute los, um ein paar böse Jungs zu fangen? Ich bin bereit, ein paar Leuten in den Hintern zu treten. Dafür habe ich heute die richtigen Stiefel an. Außerdem trage ich einen Stringtanga, der mir zwei Nummern zu klein ist, und bin richtig fies drauf.«
Connie Rosolli schnitt eine Grimasse. Connie ist die Büroleiterin und eine waschechte Italoamerikanerin aus Burg. Ihr Onkel Lou war der Fahrer von Zwei-Zehen-Garibaldi. Und man munkelt, dass ihr Onkel Nunzo dabei geholfen hatte, Jimmy Hoffa in der Schaufel eines Kipplasters verschwinden zu lassen. Connie ist ein paar Jahre älter, einige Zentimeter kleiner und um einiges üppiger als ich. Wäre Connie nach einer Frucht benannt, würde sie mit Nachnamen Cantaloupe-Melone heißen.
»Zu viel Information«, sagte Connie zu Lula. »Ich will nichts über deinen Stringtanga wissen.« Connie nahm einen Aktenordner von ihrem Schreibtisch und reichte ihn mir. »Das ist gerade hereingekommen. Kenny Brown. Gesucht wegen schweren Autodiebstahls. Zwanzig Jahre alt.«
Das bedeutete, dass er, wenn er nicht 150 Kilo wog, schneller laufen konnte als ich und daher verdammt schwer zu erwischen sein würde.
Ich stopfte die Akte Brown in meine Schultertasche. »Grandma Mazur hat sich aus dem Staub gemacht. Ich vermute, sie ist zu Daffy’s gefahren, und ich habe meiner Mutter versprochen, nach ihr zu suchen. Will jemand mitkommen?«
»Ich hätte nichts gegen einen Ausflug nach Atlantic City«, meinte Lula.
»Ich auch nicht«, erklärte Connie. »Ich kann die eingehenden Anrufe auf mein Handy umleiten.«
Lula hatte bereits ihre Handtasche über die Schulter geschlungen und hielt ihre Autoschlüssel in der Hand. »Ich fahre. Ich werde nicht in einem Wagen ohne Rückwärtsgang nach Atlantic City fahren.«
»Ich brauche den Rückwärtsgang fast nie«, verteidigte ich mich.
Connie schloss das Büro ab, und wir quetschten uns alle in Lulas Firebird.
»Was macht deine Großmutter in Atlantic City?«, fragte Lula.
Ich schnallte mich an. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich in Atlantic City ist. Das ist nur so eine Vermutung. Aber wenn sie dort sein sollte, wird sie wahrscheinlich an den Spielautomaten sitzen.«
»Ich sage euch, sie hatte gestern einen Kobold in dieser Reisetasche«, meinte Lula. »Und sie hat ihn nach Atlantic City mitgenommen. Das ist genau der richtige Ort, um einen Kobold als Glücksbringer mitzunehmen.«
»Du glaubst doch nicht wirklich an Kobolde, oder?«, fragte Connie Lula.
»Wer, ich? Zur Hölle, nein«, entgegnete Lula. »Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Es ist mir einfach so rausgerutscht. Jeder weiß doch, dass es keine Kobolde gibt, richtig?« Lula bog in die Broad Street ein. »Trotzdem gibt es eine Menge Geschichten über sie, und das muss ja von irgendwoher kommen. Erinnert ihr euch an das Weihnachten, als es in Trenton von Elfen nur so wimmelte? Wenn es Elfen gibt, könnte es auch Kobolde geben.«
»Das waren keine Elfen«, berichtigte ich sie. »Das waren kleinwüchsige Menschen mit spitzen Ohren aus Plastik, die im Rahmen
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