Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
erreichte ich die Spitze der Bestsellerlisten und hielt mich dort auch wacker gegen alle Konkurrenz, die nun aus sämtlichen Schriftstellerlöchern aufzutauchen schien.
Der Markt veränderte sich rasant, daran war nicht zu rütteln. Aber ich hatte mich erneut durchgesetzt.
Es war unglaublich. Die Hausfrauen-Saga, die ich mir ausgedacht hatte, war ein Volltreffer. Selbst im Feuilleton der großen, überregionalen Tageszeitungen wurde kontrovers diskutiert, ob es die heimliche Sehnsucht der heutigen Frauen nach dem Dasein der blitzsauberen 50er-Jahre-Hausfrau mit gestärkter Kittelschürze wirklich gab.
Hatte si ch die Emanzipation etwa schon wieder erledigt? Wollten die Karrierefrauen nicht länger ihre männlichen Kollegen kopieren? Was sollte die Quote in Dax-Vorständen auch bringen, wenn es weit und breit keine Frauen gab, die überhaupt solch eine Verantwortung übernehmen wollten? Hatten die Frauen von heute keine Lust auf eine 60-70-Stunden-Woche und Sitzungen-bis-in-die-Puppen?
Wollten Sie doch lieber Kittelschürze statt Kostümchen?
Waren taffe Damen wie unsere neue Truppen-Ursel mit ihren sieben Kindern wirklich die Ausnahme? Fast schien es so.
Ein e Zeitung titelte passend: „Und man hört Alice leise weinen…“
Es gab eine lebhafte Debatte, und ich saß allabendlich auf meinem Sofa im Möbellager und schaute tatsächlich so manche Sendung, in der das thematisiert wurde, was ich gerade in meinem Roman „ Ich träume oft von Kartoffelsalat “ geschrieben hatte.
Mann, hatte ich eine n Staub aufgewirbelt...
Und das ohne jegliche Absicht.
Die geheimnisvolle Florentina Piroggi war der strahlend-neue Stern am Belletristik-Himmel. Und ich genoss meinen heimlichen Erfolg in vollen Zügen, träumte im Jacuzzi unter winterlichem Sternenhimmel bereits von einer Fortsetzung…
Ja, ich hatte wieder Ideen.
Vorsichtshalber hatte ich n iemandem von meinem neuen Projekt erzählt.
Nur Ahmed wusste Bescheid, und der hielt dicht.
Die Kamera hatte ich ihm übrigens abgenommen. Erstens wusste ich mittlerweile alles über die geheimen Wünsche von Adrian Altenberg, der sich nach einer Frau sehnte, die einmal nicht nur an seinen Geldbeutel wollte, und außerdem wollte ich meine kleinkriminelle Erpresserkarriere möglichst schnell beenden.
M an konnte ja nie wissen, ob man am Ende an jemanden geraten würde, der ähnliche Ideen hatte wie man selbst …
Das hätte unter Umständen ganz schön ins Auge gehen können.
Ich genoss also die Vormittage ganz lässig im Hanse-Heim, wie immer im verknitterten Nachthemd und die Umsatzzahlen prüfend. Jeden einzelnen Morgen.
Das macht immer gute Laune!
Ich, Thea Sellinger, hatte das Ding zum zweiten Mal gerissen!
Ohne Verlag, ohne die Frankfurter Süßfische und ohne Hannibal, den Buchstaben-Kannibalen. Nur mit meinen beiden Glückshändchen und dem schnurrenden Samtpfötchen an meiner Schriftstellerseite.
Wir Glückspfötchen im Doppelpack hatten das Unmögliche möglich gemacht. Wir hatten es GEROCKT!
Ich war stolzer als Oskar u nd Frau Bolle zusammen…
Die G-Karte
Und dann war wieder Weihnachten. Wie jedes Jahr. Doch dieses Mal sollte es anders kommen. Ich wollte alle einladen ins Hanse-Heim und meinen Erfolg als Florentina Piroggi verkünden. Ni emand wusste ja bislang davon.
Die „richtige“ Frau Florentyna war inzwischen zurückgekehrt. Ich hatte ihr die Dachgeschosswohnung im Hause meiner Mutter zurechtgemacht, und sie war sehr zufrieden mit dem Vorschlag.
Das Möbellager wollte ich ja nicht mehr hergeben, war es doch praktisch die Grundlage meiner Existenz.
Ich hatte mir das traditionelle polnische Weihnachtsessen mit zwölf verschiedenen Gerichten von ihr gewünscht. Allerdings ohne Heu unter der Tischdecke, das hätte Ahmed falsch verstehen können… Dafür musste unter jedem Teller ein Geldstück liegen, damit im neuen Jahr keine Armut drohte – und, nicht zu vergessen, es musste unbedingt immer ein Gedeck mehr aufgetragen sein.
Für einen unerwarteten Gast …
Es war das erste Weihnachtsfest, das Florentyna nicht mit ihrer Familie verbr ingen konnte. Denn die Bahn hatte sämtliche Züge in Richtung Osten gestrichen. Es galt eine Sturmwarnung der höchsten Stufe, auch wenn bei uns außer starken Schneefällen nichts davon zu merken war. Doch in Hamburg waren schon drei starke Sturmfluten in Folge zu verzeichnen gewesen, und der gesamte Verkehr im Norden und Osten lag brach. Am Hafen standen die Straßenlaternen fast
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