Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
noch so vor hatte ? Für sie, ihre Tochter und das Baby.
Na gut. Ich würde mir für die Zwischenzeit eine Hilfe auf „ambulanter“ Basis ins Haus holen. Sowohl für meine Mutter, als auch für mich. Eine Frau, die nur stundenweise kommen würde. Das Kochen konnten wir vorerst wieder alleine übernehmen. Im Sommer reicht ja auch oft auch ein Salat oder ein paar Nudeln mit Zucchini, überbacken.
Mittlerweile hatte ich – bedingt durch Frau Florentynas Begeisterung fürs Kochen – auch schon selbst richtig Spaß am Hantieren in meiner Nobel-Küche gefunden.
Schweren Herzen fuhr ich sie in meinem übergroßen SUV, der den uralten Wagen meiner Mutter nun standesgemäß abgelöst hatte, an den Frankfurter Hauptbahnhof, von wo die Reise nach Polen weiterführte.
„Sie kommen aber ganz bestimmt zurück?“
„Na, was denken Frau Sellinger von Frau Florentyna? Ich nie machen leere Versprechungen… Ganz in Wirklichkeit!“
Sie hatte mich dabei so fest gedrückt, dass ich kurzfristig echt keine Luft mehr bekommen konnte.
Das war polnische Herzlichkeit in Reinkultur ! Und es folgten noch drei Schmatzer, die für die Bussi-Bussi-Gesellschaft unter „absolutely hardcore“ gefallen wären.
Wie konnte sich ein Mann nur von so einer Frau scheiden la ssen? Das fragte ich mich nicht nur ein Mal auf der Rückfahrt nach Hause.
Traurig rührte ich an diesem Abend eine Tütensuppe in meinem Profi-Kochtopf. Nein, mir war an diesem Tag nicht nach Kochen zumute.
Da hatte man mal jemanden gefunden, der wirklich passte – auch wenn es „nur eine Haushälterin“ im weitesten Sinne gew esen ist – und dann so was… Ich fühlte mich wieder als Pechvogel. Aber dann erinnerte ich mich an Florentynas Weisheiten und beschloss, mich nicht weiter hängen zu lassen.
Wie hatte sie immer gesagt? „Kommt Zeit, kommt Tat!“
Ich nahm mir fest vor, jetzt endlich mal Taten folgen zu la ssen. Denn Hannibal Lektor saß mir noch immer im Genick und der Abgabetermin für Band 3 rückte näher und näher. Ich musste mich zusammenreißen und wieder die Autorin werden, die ich einmal gewesen bin. Die Frau, der die Ideen nur so aus den Fingern sprudelten – gerade so wie eine nie versiegende Quelle der Geschichten.
Doch der Wille allein schien in meinem Fall von Gehirnvakuum nicht auszureichen. Mir fiel einfach nichts ein. Alle Vorgaben seitens des Lektors erschienen mir unstimmig und hatten nichts mit mir und meiner Art zu schreiben zu tun. Ich fühlte mich als Autorin mehr als genötigt. Ständig diese Anmerkungen „Zuviel Männerfeindlichkeit“ oder „Die Figur des Arne ist noch entwicklungsbedürftig“… Ich war mehr als genervt.
Und ohne Ahmed und sein Schnurren konnte ich sowieso nichts in die Tasten hauen.
Doch dann träumte ich die Lösung. Im Traum sah ich mich wieder in meinem alten Möbellager sitzen, auf Omas uraltem Sofa, neben mir der Hauskater im Schnurrmodus – und die Wö rter flogen nur so über die Tastatur in den Bildschirm. Ich tippte wie eine Weltmeisterin. Und als ich wach wurde, sah ich klarer: ich musste einfach zurück zu meinen Wurzeln. Ein Haus weiter, ins Kellergeschoss. Dort würde sich alles finden.
Und genauso war es auch.
Klammheimlich ging ich eines Abends nach der Tagesschau, meiner klassischen Schreib-Phase, hinüber in meine ehemalige Wohnung, die nun zufälligerweise leer stand, weil Florentyna noch einmal Oma werden sollte. Ich stellte also meinen Laptop auf, öffnete das Fenster zur Straße, so dass ich ein bisschen etwas vom Leben im Frühsommer mitbekam, machte den Fernseher an, der wie immer etwas Langweiliges oder eine Wiederholung präsentierte, und legte los.
Und, was soll ich Ihnen sagen?
Der Zauber wirkte.
Keine halbe Stunde später saß mein Kater Ahmed, der wohl vertraute Geräusche in seinem Domizil vernommen haben musste, neben der Tastatur, schnurrte sich einen Wolf und guckte fasziniert auf meine zehn Finger, die im Blindflug über die Buchstaben rasten.
Zack-zack! Jetzt werden Meter gemacht…
Heute hatte ich einmal keine Zeit zu verlieren.
Sorry, Florentyna!
Ich komme, Hannibal Lektor!!!
Schnell hatte ich meinen alten Rhythmus wieder gefunden. Tagsüber hing ich in meinem SPA herum, ließ mich massieren und genoss die Freuden des Neureich-Seins in vollen Zügen. Nach der Tagesschau ging ich jedoch in meinen alten, löchrigen Hosen und meinem noch älteren Kapuzenpullover, der noch aus meiner Lehrzeit in Marburg stammte, hinüber in mein
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