Gluecksstern mit Schwips
meinem ganzen Namen anspricht, bedeutet das nichts Gutes. Die Super-Nanny lässt grüßen.
Ich nicke. In meinem Hals steckt ein großer Kloß.
„Bist du denn in Jim verliebt?“ Anna sieht mich mit ihrem Grundschullehrerinnenblick an. Ihre Augen scheinen mich zu durchbohren. Manchmal habe ich das ungute Gefühl, dass Anna meine Gedanken lesen kann. Genau jetzt ist so ein Moment.
„Nein, ich glaube nicht.“ Ich senke meinen Kopf und starre auf meine Fußspitzen.
„Du glaubst?“, lässt Anna nicht locker.
„Ich bin mir nicht sicher. Ich ... ach ...“ Ich schlage die Hände vors Gesicht. Tränen bahnen sich ihren Weg nach oben.
Anna schlingt die Arme um mich. „Sara, solange ich dich kenne, hast du alle wichtigen Entscheidungen mit deinem Verstand gelöst. Du hast die Universität aus rein zukunftsorientierten Erwägungen ausgesucht. Deine Elektrogeräte kaufst du nach den Beurteilungen von Stiftung Warentest. Selbst deine Kleider suchst du nach praktischen Gesichtspunkten aus. Mit Florian bist du zusammen, weil er dir Sicherheit und Alltag bietet. Warum hast du so Angst, auf dein Herz zu hören?“
„Weil ich nicht enttäuscht werden möchte“, schluchze ich.
„Aber du wirst im Leben nie eine Garantie dafür bekommen, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Das Leben ist voll Überraschungen, und niemand auf der Welt kann dich davor schützen. Sieh mich an, ich rutsche von einer Männer -Katastrophe in die nächste. Aber trotzdem gebe ich nicht auf! Sei mutig, nur dies eine Mal, und hör auf dein Herz.“ Anna legt die Hand unter mein Kinn, sodass ich ihr ins Gesicht sehen muss. „Sara, du bist der liebste Mensch, den ich kenne. Vertrau auf dein Gefühl – nur dies eine Mal.“
Mir kullern dicke Tränen die Wange herunter. Ich bin völlig durcheinander.
„Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann Jim nicht mehr unter die Augen treten.“
„ Wieso? Was hat Jim denn gesagt, als er dich geküsst hat?“
Ich überlege einen kurzen Moment. „Dass es ihm leid tut und er mich nicht küssen könne.“
„Aha!“ Anna schüttelt den Kopf. „Hat er auch gesagt , warum?“
Ich schüttele den Kopf. „Nur, dass er seine Meisterin nicht küssen d ürfe.“
„Glaubt er immer noch, dass er ein Flaschengeist ist?“
Ich nicke.
Anna kratzt sich am Kopf. „Das ist allerdings ein Problem.“
„Genau genommen weiß ich gar nichts über ihn. Ich weiß nur, dass er aus einem kleinen Ort namens Hala-Balama stammt. Warum oder weshalb er in Deutschland ist, hat er nie verraten. Ich weiß noch nicht einmal seinen Nachnamen, geschweige denn sein Alter.“
„Das ist nicht gerade viel.“
„Weißt du, ich bin noch nie einem Menschen wie Jim begegnet. Er ist so selbstlos und so anders ...“ Mir fehlen die richtigen Worte.
„Wie meinst du das?“
„Ich werde aus dem Mann einfach nicht schlau. Ständig sagt er irgendwelche komischen Dinge, die ich nicht verstehe. Dann sieht er mich mit seinen Augen an und ich bekomme weiche Knie. Meine Gefühle fahren Achterbahn seit ich Jim getroffen habe. Ach ja, und dann ist da noch das ganze Gerede mit „Meisterin“ und „Herrin“. Manchmal bin ich fast versucht, ihm diesen ganzen Quatsch, von wegen er ist ein Flaschengeist, zu glauben.“ Ich verfalle in dumpfes Schweigen.
„Wo ist Jim jetzt?“
„In unserer Wohnung. Er ist ziemlich sauer wegen des Fotoshootings heute.“
„Sauer? Warum?“ Anna holt eine Mineralwasser flasche aus dem Schrank und stellt sie auf den Tisch. „Möchtest du auch einen Schluck Wasser?“
Ich nicke. „Jim findet die Werbung unehrlich.“
„Womit er nicht ganz unrecht hat. Ich meine, dieser Fisch schmeckt nach nichts, und frisch ist der schon mal gar nicht.“
„Vielleicht, aber schließlich lebe ich davon. Werbung ist mein Geschäft. Ich verkaufe den Menschen etwas, von dem sie bisher nicht wussten, dass sie es brauchen oder mögen.“
Anna sieht mich mit nachdenklicher Miene an. „Weißt du noch, als wir Abitur gemacht haben?“
Ich seufze. Mit einem Mal komme ich mir uralt vor.
„Wir hatten große Pläne. Wir wollten die Welt bereisen, fremde Kulturen entdecken und ...
„... die große Liebe finden“, beende ich ihren Satz.
Anna zuckt mit den Achseln. „Vielleicht wird es Zeit , sich auf unsere Pläne zu besinnen.“
Als ich zurück in di e Wohnung komme, ist es ungewöhnlich ruhig. Keine Helene Fischer die fröhlich trällert. Wahrscheinlich ist Jim in seinem Zimmer. Ich lege mein Ohr
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