Glühende Leidenschaft
Owain, ob er eingreifen sollte. Seine Position war kompliziert – er war halb Freund, halb Verwalter –, aber eine seiner unausgesprochenen Aufgaben bestand darin, Sax davor zu bewahren, seinem Hang zu Katastrophen nachzugeben.
Der schien jedoch voll im Besitz seiner geistigen Kräfte zu sein. »Ich nehme an, du hast eine bestimmte Person im Sinn, Susie.«
»Stimmt, Mylord.«
»Eine Lady?«
»Ja, Mylord. Jedenfalls war ihr Vater ein studierter Gentleman.«
Nims hielt ihm eine bestickte Weste hin, und Sax schlüpfte mit den Armen hinein. »Klingt auf jeden Fall vielversprechend. Wie ist sie in ihre Notlage gekommen?«
»Ihre Eltern starben, Mylord. Ganz plötzlich, vor ein paar Monaten. Dann stellte sich heraus, dass kaum Geld da war. Und da ist nun die arme Miss Gillingham mit ihren Brüdern und Schwestern, um die sie sich kümmern muss, und praktisch ohne jedes Geld.«
»Eine herzzerreißende Geschichte. Woher kennst du sie?« Nims schloss die silbernen Knöpfe der Weste, und Knox setzte sich auf die ausgestreckte Hand seines Herrn.
»Meine Schwester war dort im Dienst, Mylord. Sie blieb noch eine Weile ohne Bezahlung, weil ihr die Geschwister so leidtaten, aber schließlich musste sie sich eine andere Stelle suchen. Aber ich will nicht sagen, Sie sollten mit dieser Miss Gillingham … eine Verbindung eingehen. Ich weiß wirklich nicht viel über sie. Nur, dass es noch viele andere wie sie geben muss. Froh, vor den Altar treten zu können, sogar in aller Eile, und dankbar für die Chance.«
Mit Knox auf dem Arm drehte Sax eine gedankenvolle Runde im Zimmer. »Sie würde auf jeden Fall keine falschen Liebesbeteuerungen erwarten«, sagte er dann an Owain gewandt. »Und man müsste sie nicht mit süßen Worten überreden. Und wahrscheinlich wäre sie auch nicht extravagant oder flatterhaft …«
»Sie könnte hässlich wie die Hölle sein.«
Sax blickte fragend zu Susie.
»Meine Schwester hat nie etwas davon gesagt, wie sie aussieht, Mylord.«
»Wo ist deine Schwester?«
»Nicht in der Stadt. Ihre Familie ist über Weihnachten ins Landhaus in Shropshire gefahren.«
Nach einer Weile des Überlegens setzte Sax den Papagei auf eine Schulter und wandte sich erneut zu Owain um. »Eine Münze.«
Ganz und gar nicht glücklich mit der Situation kramte dieser ein Zweischillingstück aus seiner Tasche hervor und warf es ihm zu.
Sax fing es aus der Luft auf. »Bei Kopf ist es Miss Gillingham, bei Zahl irgendeiner dieser Namen, den ich aus dem Hut ziehe.«
Noch ehe Owain protestieren konnte, wirbelte die Münze durch die Luft, und Sax fing sie auf und schlug sie auf den Handrücken. »Kopf!«, verkündete er und warf das Geldstück Susie zu. »Geh und teile Miss Gillingham die Freuden mit, die ihr bevorstehen.«
»Ich?«, piepste Susie.
»Du. Und um dir und Monk die Sache zu versüßen – wenn sie gleich morgen dazu bereit ist, gebe ich euch genug, dass ihr eure eigene Wohnung einrichten könnt.«
Die beiden Bediensteten tauschten verwirrte Blicke aus. »Wirklich, Mylord?«, fragte Monkey.
»Das Wort eines Torrance.« Sax wandte sich wieder Owain zu. »Besorge mir eine Sondergenehmigung …«
»Aber …«
Sax drehte sich noch einmal zu Susie um. »Sie ist doch volljährig?«
»Vor fast einem Jahr ist sie einundzwanzig geworden.«
»Eine alte Jungfer«, erklärte Owain, der sich von einer Minute zur anderen unwohler fühlte.
»Das ist mir schnurzegal. Susie, wie heißt sie mit Vornamen?«
»Weiß ich nicht, Mylord.«
»Frag sie, wenn du ihre Zustimmung einholst. Owain, fang mit der Sondergenehmigung an. Susie, mach dich auf den Weg und überrede sie. Und beeil dich. Sicher gibt es einen Haufen Papierkram zu erledigen. Wo wohnt sie?«
»Mallett Street, Mylord. Unten, südlich vom St. James’ Park. Aber …«
»Anständig, wenngleich bescheiden. Äußerst vielversprechend.« Knox geschickt von einer Hand auf die andere setzend, schlüpfte er in das dunkelblaue Jackett, das Nims vor ihn hielt. »Erkundige dich auch gleich nach ihrer Kirchengemeinde – die brauchen wir für die Genehmigung ebenfalls, vermute ich –, und sag ihr, die Trauung findet dort morgen um elf Uhr statt.«
»Aber, Mylord …«
Jetzt musste Owain unter allen Umständen einschreiten. »Sax, wäre es nicht fair, der Lady eine Chance zu geben, dich kennenzulernen, bevor sie sich entschließt? Und zusätzlich hättest du dann eine Gelegenheit, sie zu treffen.«
»Wenn ich die Katze im Sack kaufe, dann wüsste ich nicht, weshalb
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