Glut der Verheißung - Kleypas, L: Glut der Verheißung - Seduce me at sunrise
Kutsche beaufsichtigte, die sich schon bald zum Londoner Hafen
aufmachen würde, kam er nicht umhin, sich zu fragen, ob er einen Fehler beging. Er hatte seiner frischgebackenen Ehefrau versprochen, für ihre Familie zu sorgen. Aber knapp zwei Monate, nachdem er Amelia geheiratet hatte, schickte er bereits eine ihrer Schwestern nach Frankreich.
»Wir können warten«, hatte er Amelia erst in der vergangenen Nacht gesagt, während er sie an seine Schulter gedrückt und ihr über das volle kastanienbraune Haar gestreichelt hatte, das sich in einer sinnlichen Flut über seiner Brust ergoss. »Wenn du Win noch ein wenig länger bei dir haben willst, können wir sie im Frühling in das Sanatorium schicken.«
»Nein, sie muss so schnell wie möglich nach Frankreich. Dr. Harrow hat seinen Standpunkt klar und deutlich gemacht: Es ist bereits viel zu viel Zeit vergeudet worden. Wins größte Hoffnung auf eine Besserung ihres Gesundheitszustands liegt allein darin, auf der Stelle mit der Behandlung zu beginnen.«
Cam hatte über Amelias pragmatischen Ton lächeln müssen. Seine Frau übertraf sich selbst darin, ihre Gefühle zu verbergen, und trug eine solch starke Fassade zur Schau, dass nur wenige Menschen ahnten, wie verletzlich sie in Wirklichkeit war. Cam war der Einzige, bei dem sie ihren Panzer vollständig ablegte.
»Wir müssen vernünftig sein«, hatte Amelie hinzugefügt.
Cam hatte sie auf den Rücken gerollt und in ihr kleines, liebliches Gesicht gestarrt, das vom Licht der Lampe erhellt wurde. Solch runde blaue Augen, dunkel wie die tiefste Nacht, dachte er verwundert.
»Ja«, hatte er sanft erwidert. »Aber es ist nicht immer einfach, vernünftig zu sein, nicht wahr?«
Sie schüttelte den Kopf, und ihre Augen wurden feucht.
Er streichelte ihre Wangen mit den Fingerspitzen. »Armer Kolibri«, flüsterte er. »Du hast in den letzten Monaten so viele Veränderungen ertragen müssen – nicht zuletzt eine Heirat mit mir. Und jetzt schicke ich auch noch deine Schwester fort.«
»In ein Sanatorium, damit sie geheilt wird«, flüsterte Amelia. »Ich weiß, es ist zu ihrem Besten. Es ist nur … Ich werde sie vermissen. Win ist die Liebste und Sanftmütigste in der Familie. Die Friedensstifterin. Während ihrer Abwesenheit wird sich der Rest von uns wahrscheinlich zerfleischen.« Sie bedachte ihn mit einem düsteren Blick. »Erzähl niemandem, dass ich geweint habe, oder ich werde für immer sehr böse auf dich sein!«
»Nein, Monisha «, hatte er sie beruhigt und an sich gezogen, als sie schniefte. »All deine Geheimnisse sind bei mir sicher. Das weißt du.«
Und dann hatte er sie geküsst, ihr Nachthemd zärtlich nach oben geschoben und noch zärtlicher mit ihr geschlafen. »Mein kleiner Liebling«, hatte er geflüstert, als sie unter ihm erschauderte. »Ich werde dafür sorgen, dass du dich besser fühlst …« Und während er behutsam Besitz von ihr ergriff, hauchte er ihr in der alten Sprache ins Ohr, dass sie ihm auf jede erdenkliche Art gefiel, dass er es liebte, in ihr zu sein, und er sie nie verlassen würde. Obwohl Amelia die fremden Worte nicht verstand, erregte sie der Klang. Ihre samtenen Hände bearbeiteten seinen Rücken wie Katzenpfoten, und ihre Hüften
drängten sich gierig an ihn. Er hatte ihr Vergnügen bereitet und sein eigenes Bedürfnis gestillt, bis seine Frau in tiefen Schlaf gefallen war.
Noch lange Zeit hatte Cam sie in den Armen gehalten, das köstliche Gewicht ihres Kopfes an seiner Schulter. Er war nun für Amelia verantwortlich, und für ihre gesamte Familie.
Die Hathaways waren ein Grüppchen von Außenseitern, das aus vier Schwestern, einem Bruder und Merripen bestand, der wie Cam ein Rom war. Niemand schien viel über Merripen zu wissen, abgesehen von dem Umstand, dass er als Junge von den Hathaways aufgenommen wurde, nachdem er bei einer Zigeunerjagd verwundet und dann sterbend zurückgelassen worden war. Er war mehr als ein Dienstbote, aber kein echtes Familienmitglied.
Man konnte nicht vorhersehen, wie Merripen Wins Abwesenheit aufnähme, aber Cam beschlich das untrügliche Gefühl, dass es keine angenehme Zeit werden würde. Es gab keine größeren Gegensätze als diese beiden Menschen, die blasse blonde Invalide und der riesige Rom. Die eine kultiviert und wie aus einer anderen Welt stammend, der andere dunkel und ungehobelt. Aber eine unsichtbare Verbindung bestand zwischen ihnen, wie der Flug eines Falken, der immer wieder zum selben Wald zurückkehrte, einer
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