Glut in samtbraunen Augen
fest: Sie wäre jetzt gern überall auf der Welt. Egal wo. Nur nicht hier.
„Wir sind gleich da“, riss der Fahrer der Limousine, ein freundlicher älterer Italiener namens Luigi, sie aus ihren Gedanken. „Sehen Sie das große Gebäude dort oben auf dem Hügel?“
Angestrengt blickte sie nach draußen. Sie hatte das Fenster im Heck des Wagens ganz heruntergelassen, doch trotz des Fahrtwindes, der ihr ins Gesicht wehte, spürte sie, wie sich Schweißperlen auf ihrer Stirn sammelten. So war es seit sieben Jahren immer bei ihr, wenn sie sich in engen Räumen oder in der Nähe von freien Gewässern aufhielt. Es war schon etwas besser geworden im Laufe der Zeit, doch das latente Gefühl von Unbehagen war sie nicht mehr losgeworden seit jenem verhängnisvollen Ereignis.
Sie atmete tief durch. Das gehörte jetzt nicht hierher.
Es war nicht weiter schwer, das Anwesen auszumachen, von dem Cesares Fahrer gesprochen hatte. Es war groß, sehr viel größer als alle anderen Gebäude, an denen sie während der Fahrt vorbeigekommen waren, und die Fassade schimmerte weiß wie eine Perle im Sonnenschein.
Seufzend lehnte Vanessa sich zurück. Ihr Herz klopfte wie verrückt, wenn sie daran dachte, dass es jetzt jeden Moment so weit sein würde.
Um sich abzulenken beobachtete sie die Landschaft, die an ihrem Fenster vorüberzog. Leuchtend rote Mohnfelder wechselten sich ab mit sanften Hängen, an denen wilder Wein und Oliven wuchsen. Hohe Zypressen säumten die Straße zu beiden Seiten. Ein würziger Duft erfüllte die Luft.
Dieser Duft … Vanessa war in ihrem Leben nur ein einziges Mal in Italien gewesen, aber diesen Duft hatte sie nie vergessen können. Er löste ein Gefühl der Wärme in ihr aus, das sie kaum beschreiben konnte. Auch jetzt wieder – trotz der dunklen Schatten, die über ihrer Reise lagen. Nun, von jetzt an würde sie ihn jeden Tag wahrnehmen können. Aber um welchen Preis!
Sie konnte immer noch nicht glauben, dass ihr Onkel es wirklich ernst meinte. Was er von ihr verlangte, war geradezu unmenschlich. Sie sollte Cesare Sanguetti heiraten. Einen Mann, den sie kaum kannte und trotzdem mehr hasste als jeden anderen Menschen auf der Welt.
Wie immer, wenn sie daran dachte, traten ihr Tränen der Verzweiflung in die Augen, doch sie kämpfte sie tapfer nieder.
Auch Onkel Charles hasste Sanguetti, aber das hielt ihn nicht davon ab, sie diesem schrecklichen Menschen zu überlassen. Für ihn war es die Gelegenheit, ultimativ Rache zu üben für das, was in der Vergangenheit geschehen war. Dass er sie damit zum Werkzeug seiner infamen Pläne machte, interessierte ihn dabei nicht.
Und was sie selbst betraf, so blieb ihr kaum eine andere Wahl, als sich auf den Handel mit Charles einzulassen.
Wieder spürte sie, wie die kalte Wut in ihr aufstieg. Sie konnte einfach nicht begreifen, wie ihr Onkel es über sich bringen konnte, der Tochter seines eigenen Bruders etwas derart Abscheuliches anzutun. Besaß dieser Mann denn überhaupt kein Schamgefühl?
Aber wieso stellte sie sich diese Frage überhaupt noch? Sie brauchte doch nur daran zu denken, wie er sich seit dem verhängnisvollen Unfall vor sieben Jahren verhalten hatte. Ihr Schicksal war ihm vollkommen gleichgültig gewesen.
Vanessa atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Es brachte nichts, immer und immer wieder über alles nachzudenken. Sie hatte zugesagt, bei dieser Sache mitzumachen, und nun gab es kein Zurück mehr.
In zwei Tagen schon würde sie eine verheiratete Frau sein – und es für den Rest ihres Lebens bleiben.
In diesem Augenblick bog die Limousine von der staubigen Landstraße ab und fuhr einen gewundenen Privatweg entlang, der die Anhöhe hinauf bis zum Haus hinaufführte. Leuchtend gelber Ginster, roter Oleander und wilder Rosmarin blühten am Wegesrand. Farbenfrohe Schmetterlinge flatterten von Blüte zu Blüte.
Es war ein Bild voller Frieden und Schönheit, doch genießen konnte Vanessa es nicht.
Als der Wagen auf der mit Kies bestreuten Auffahrt vor dem Gebäude hielt, hatte sie für einen Moment das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, so sehr fürchtete sie sich vor dem, was nun unweigerlich folgen musste.
Noch einmal atmete sie tief durch, dann nahm sie ihre Handtasche und streckte die Hand zum Türgriff aus.
Zu ihrem Entsetzen ließ sich die Wagentür nicht öffnen.
Vanessa hielt den Atem an. Schon spürte sie, wie Panik sie erfasste. Ihr Herz fing an wie verrückt zu hämmern, und ihre Kehle wurde so eng, dass sie kaum noch
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