Glut in samtbraunen Augen
zunächst mit sanftem Tadel, dann mit offener Missbilligung.
„Hass bringt doch immer wieder nur Hass hervor“, hatte er zu ihm gesagt und ihm im selben Atemzug mitgeteilt, dass er mit Carlisles Bruder Harold Kontakt aufgenommen und ihn nach Fornaci eingeladen habe, um mit ihm darüber zu sprechen, wie ein Ende der Familienfehde herbeizuführen sei.
Cesare hatte ihn damals nicht verstanden. Mehr noch: Er schämte sich der offenkundigen Schwäche, die sein Vater an den Tag legte. Statt um das zu kämpfen, was ihm rechtmäßig zustand, sprach er von Frieden und Aussöhnung. Sie waren in einen heftigen Streit geraten, der damit endete, dass Cesare sich wutentbrannt schwor, erst an dem Tag wieder ein Wort mit seinem Vater zu sprechen, an dem der endlich Vernunft annahm.
Doch dieser Tag sollte niemals kommen.
Als Paolo Sanguetti von dem tragischen Unglück erfuhr, bei dem Vanessas Eltern umkamen, brach er zusammen. Der Schock war zu viel für sein ohnehin schwaches Herz, und er starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.
Cesare hatte nie die Gelegenheit erhalten, sich mit seinem Vater auszusöhnen. Und die Schuld daran gab er fortan Charles Carlisle, der mit seinem Verrat an den Sanguettis den Stein überhaupt ins Rollen gebracht hatte.
Heute stellte sich Cesare zum ersten Mal die Frage, ob er es sich damit nicht ein wenig zu einfach machte. Charles Carlisle hatte ihn schließlich nicht davon abgehalten, ein versöhnliches Gespräch mit seinem Vater zu führen. Cesare schüttelte den Kopf. Nein, dafür trug er selbst die Verantwortung. Er ganz allein! Denn die unbequeme Wahrheit lautete, dass er schlicht zu stolz gewesen war nachzugeben.
Die Erkenntnis war niederschmetternd, aber sie zeigte ihm auch, dass er jetzt handeln musste, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, den Fehler, den er an seinem Vater begangen hatte, an Vanessa zu wiederholen.
Er liebte sie, und er wollte sie nicht verlieren.
„Ich muss sofort mit ihr sprechen“, sagte er und wollte schon ins Haus stürmen, um Vanessa zu suchen.
Doch Giovanna schüttelte den Kopf.
„Signora Vanessa ist bereits vor Stunden abgereist und sitzt mittlerweile wahrscheinlich längst im Flugzeug nach England.“ Ein verschwörerisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Aber zufällig weiß ich, dass sie noch heute ihren Onkel in London aufsuchen will und …“
Den Rest bekam Cesare gar nicht mehr mit. Hastig nahm er sein Handy hervor und wählte die Nummer seines Büros. „Richten Sie Flavio aus, er soll den Firmenjet startklar machen“, wies er seine Sekretärin an. „Ich werde in weniger als einer Stunde am Flughafen sein, und es ist mir ganz gleich, wie er es anstellt – aber ich muss heute Abend noch nach London.“
12. KAPITEL
Es war bereits recht spät am Abend, als Vanessa zum Büro ihres Onkels in den Londoner Docklands aufbrach, die dank umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen inzwischen zum angesagtesten und teuersten Pflaster der ganzen Stadt gehörten.
Charles Carlisle beanspruchte das gesamte Obergeschoss einer ehemaligen Lagerhalle, von dem aus man einem fantastischen Ausblick über die träge dahinfließende Themse und bis hinauf zur Tower Bridge besaß, für sich.
Nach ihrer Ankunft in London um fünf Uhr hatte Vanessa als Erstes mit Sam gesprochen und ihm gebeichtet, was in der Zeit ihrer Abwesenheit alles passiert war. Erwartungsgemäß hielt sich seine Begeisterung über ihren Alleingang in Grenzen.
Gleichzeitig war auch ihm klar, dass man nichts rückgängig machen konnte.
Daran musste Vanessa denken, als sie ihren Wagen auf dem Parkplatz vor dem Bürogebäude abstellte, das nur noch die Fassade der früheren Speicherhalle besaß. Nein, rückgängig machen konnte sie nichts. Aber sie konnte dafür sorgen, dass sich wenigstens für Grace und Sam doch noch alles zum Guten wandte. Oder es zumindest versuchen.
Erleichtert und nervös zugleich registrierte sie, dass der schwarze Rolls Royce ihres Onkels auf seinem privaten Abstellplatz stand. Aber eigentlich hatte sie auch nichts anderes erwartet; Charles Carlisle arbeitete meistens bis spät in die Nacht hinein, so etwas wie ein Privatleben besaß er gar nicht.
Sie spürte, wie Furcht in ihr aufkeimte. Es hing so viel davon ab, dass es ihr gelang, ihren Onkel zur Einsicht zu bringen. Andererseits kannte sie ihn gut genug, um zu wissen, dass ihre Chancen gering waren. In seinen Augen hatte sie versagt und musste daher auch die Konsequenzen tragen.
Der Mann am Empfang kannte sie von
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