Glut in samtbraunen Augen
gesagt haben, dass sie ihn liebte? Er schüttelte den Kopf. Eines stand für ihn fest: Sie mochte eine eiskalte Betrügerin sein – aber etwas würde sie nie tun: dieses unschuldige fünfjährige Mädchen anlügen! Er hatte selbst gesehen, wie sie mit dem Kind umging, wie sie es wieder zum Sprechen gebracht hatte. Nein, sie würde Felicia nicht belügen. Niemals!
Aber das bedeutete dann ja, dass …
„Es stimmt, was meine Enkelin sagt“, erklang Giovannas Stimme ganz in der Nähe. Seine Angestellte war von ihm unbemerkt aus dem Haus getreten und stand jetzt direkt vor ihm. Sie streckte die Hand nach ihrer Enkelin aus, die diese sofort ergriff. „Sei lieb, bambina mia , und geh hinunter in die Küche. Nonna kommt gleich nach. Ich habe nur noch etwas mit Signor Cesare zu besprechen.“
Nur zögernd kam Felicia ihrer Bitte nach. Giovanna wartete, bis das Mädchen gegangen war. Ihre Miene wirkte ungewöhnlich verschlossen, als sie sagte: „Ich wollte ohnehin mit Ihnen sprechen, Signore , aber vielleicht ist es ganz gut, dass Felicia mir zuvorgekommen ist, denn ich bin nicht sicher, ob Sie mir überhaupt zugehört hätten.“
Cesare verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn Sie gekommen sind, um mir Vorhaltungen zu machen, weil ich Vanessa vor die Tür gesetzt habe – die Mühe können Sie sich sparen. Ich habe eine Entscheidung getroffen, und ich denke gar nicht daran, meine Gründe mit Ihnen zu diskutieren.“
„Das ist auch nicht nötig, denn ich kenne sie bereits. Sie glauben, dass Vanessa Sie hintergangen hat, und in gewisser Weise trifft das ja auch zu. Aber ich bin der Meinung, dass Sie auch ihre Motive kennen sollten. Was Sie damit anfangen, ist dann ganz allein Ihre Entscheidung.“
„Wenn Sie unbedingt Ihre Zeit verschwenden möchten …“
„Das Wichtigste zuallererst: Es stimmt, was Felicia sagt – Vanessa liebt Sie wirklich, und mein Herz sagt mir, dass es sich nicht bloß um leere Worte handelt. Sie bereut, dass sie nicht von Anfang an mit offenen Karten gespielt hat, aber ihr Onkel hat ihr keine andere Wahl gelassen.“
„Man hat immer eine Wahl.“
„Auch, wenn man mit der Liebe zu einem Menschen erpresst wird, der für einen das Wichtigste auf der Welt ist?“
„Was?“ Cesare schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was Sie meinen!“
„Ich spreche von Vanessas kleiner Nichte. Sie heißt Grace, ist die Tochter ihrer verstorbenen Schwester und genauso alt wie Felicia.“
„Und was hat Carlisle mit ihr zu tun?“
„Er erpresst Vanessa. Droht, die Kleine dem Mann zu entreißen, bei dem sie aufgewachsen ist, und will sie ihrem leiblichen Vater zuspielen, den das Mädchen überhaupt nicht kennt. Um das zu verhindern, blieb Vanessa keine Wahl – sie musste auf die Forderung ihres Onkels eingehen.“
Cesare stutzte. Zum ersten Mal sah er Vanessas Verhalten mit anderen Augen. Bisher war er davon ausgegangen, dass sie ihn aus reiner Geldgier geheiratet hatte. Wie hätte er denn auch wissen sollen …!
„Ist das wirklich wahr?“
Giovanna nickte. „Ja, das ist die Wahrheit. Zumindest hat Vanessa es mir so gesagt, und ich glaube ihr. Jedes Wort.“
Mit einem Mal fühlte Cesare sich schuldig. Im Grunde genommen hatte er Vanessa nie wirkliches Vertrauen geschenkt. Von Anfang an hatte er sie verachtet, weil er glaubte, ihre Beweggründe zu kennen. Dabei wollte sie einfach nur ihre kleine Nichte schützen – und war bereit gewesen, dafür selbst das größte Opfer zu bringen, das sie sich vorstellen konnte: den Mann zu heiraten, dem sie die Schuld am Tod ihrer Eltern gab.
Wäre er doch nur nicht so stur gewesen! Hätte er sich doch wenigstens ihre Erklärungsversuche angehört!
Du hast offensichtlich nichts dazugelernt seit dem Tod deines Vaters! Willst du wirklich den gleichen Fehler noch einmal begehen?
Hastig fuhr er sich durchs Haar und versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, doch seine Gedanken wanderten immer wieder zurück in die Vergangenheit.
Zu seinem Vater.
Paolo Sanguetti war über die erbitterte Feindschaft zwischen seiner Familie und der seines ehemaligen Geschäftspartners Charles Carlisle nie glücklich gewesen. Natürlich hatten Carlisles hinterhältiges Verhalten und der Verlust von Fatto in CaSa ihm einen schweren Schlag versetzt, von dem er sich erst einmal erholen musste. Doch im Gegensatz zu Cesare fand er sich irgendwann mit den Gegebenheiten ab. Und er betrachtete den hasserfüllten Kleinkrieg, den sein Sohn gegen die Carlisles führte,
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