Glut und Asche
unfähig, das ... Ding aufzuhalten, in das er sich verwandelt ha t te. Es war, als gäbe es ihn zweimal: das wimmernde, von Angst geschüttelte Etwas, das einmal der alte Andrej gewesen war, und etwas ... anderes, das über all seine Erinnerungen und E r fahrungen verfügte, aber tausendmal stärker war, als er es j e mals hätte werden können, dafür aber nichts Menschliches mehr zu haben schien. Es war jener andere Andrej, der sich jetzt fast gelassen aufrichtete, den drei überlebenden Vampyren und dem toten Mädchen entgegentrat und mit halb ausgebreit e ten Armen auf ihren Angriff wartete.
Immerhin hatten die drei Unsterblichen aus dem Schicksal der beiden anderen gelernt. Keiner von ihnen versuchte noch ei n mal, Andrej auf mentaler Ebene anzugreifen und ihm das Leben zu entreißen, obwohl ihre Chancen nicht einmal schlecht gestanden hätten, hätten sie ihre Kräfte gebündelt und ihn g e sammelt attackiert. Doch Andrej spürte jetzt auch, wie jung und unerfahren sie noch waren. Die beiden Leben, die er genommen hatte, waren noch schwach gewesen und hatten beinahe ... u n schuldig geschmeckt, ganz anders als die Mischung von Ve r dorbenheit und aus dem Leid anderer geborener Kraft, die di e ses Mahl sonst so schrecklich machte. Und was er sah, das schien zu diesem ersten Eindruck zu passen. Zwei der drei Vampyre waren Männer, der dritte eine Frau von so schlankem Wuchs, dass sie fast zerbrechlich wirkte. Alle drei waren noch sehr jung -kaum dass man sie als erwachsen bezeichnen konnte. Ihre elegante Kleidung und die vornehme Blässe ihrer Gesichter wies sie als Bewohner eines besseren Viertels als diesem aus, und auch die Art, wie sie ihre Waffen hielten, machte klar, wie wenig sie den Umgang mit Schwert oder Säbel gewohnt waren. Sie waren Vampyre, daran gab es keinen Zweifel, aber das erst seit wenigen Tagen, wenn nicht gar Stunden. Und etwas ... stimmte mit ihnen nicht. Ihre Kräfte waren gewachsen und d e nen eines Sterblichen nun überlegen, aber sie ... starben.
Die Erkenntnis traf ihn so überraschend, dass er in seiner Konzentration nachließ, was seinen Gegnern nicht verborgen blieb. Unverzüglich und in einer perfekt aufeinander abg e stimmten Bewegung griffen sie an; obwohl jung und unerfa h ren, waren sie doch schnell. Andrej taumelte zurück, von einem Schwer t hieb am Oberarm getroffen, schlug die Klinge mit der bloßen Hand beiseite und zwang die beiden neuen Wunden mit der puren Kraft seines Willens, sich binnen eines Sekunde n bruchteils zu schließen. Seine andere Hand schoss vor, rammte die Brust des weiblichen Vampyrs mit knochenbrechender Wucht und entrang dem dritten Vampyr noch aus derselben Bewegung heraus die Waffe. Es wäre ihm ein Leichtes gew e sen, ihn mit seiner eigenen Klinge zu enthaupten, doch stat t dessen schle u derte er den Säbel davon und rammte dem Mann das Knie mit solcher Gewalt in den Leib, dass dieser vorn übe r kippte und keuchend nach Luft rang.
Es war sein letzter Atemzug. Andrej riss das Leben aus ihm heraus, fügte seine Kraft seiner eigenen hinzu und wandte sich mit dem Knurren eines hungrigen Raubtiers zu den beiden let z ten Angreifern um.
Die junge Frau, die er niedergeschlagen hatte, lag noch i m mer am Boden und rang qualvoll nach Luft, während der män n liche Vampyr all seine Kraft in einen letzten, verzweifelten Angriff legte. Seine Klinge durchbohrte Andrejs Schulter, aber er spürte nicht einmal wirklichen Schmerz. Die weiße Explos i on in se i ner Schulter steigerte nur die kalte Entschlossenheit, mit der er nach der Kehle des Mannes griff, sie zerquetschte und das ve r löschende Leben aus ihm herausriss.
Nicht genug. Sein Hunger - seine Gier - war noch lange nicht gestillt, sondern schien durch dieses jämmerliche Mahl ganz im Gegenteil erst richtig entfacht zu werden. Die Raserei, die er bisher vermisst hatte, war jetzt da, aber es war ein Toben vol l kommen kalter; emotionsloser Art, als wäre er nicht mehr lä n ger ein Mensch, nicht einmal mehr ein Ungeheuer, sondern zu etwas wie einer Maschine geworden - ein teilnahmsloser A u tomat, der dazu gemacht war, eine bestimmte Aufgabe zu e r füllen und sich durch keine Macht der Welt daran hindern la s sen würde. Da war noch ein weiteres Leben, das er nehmen konnte, weitere Nahrung, die er brauchte, und dahinter...
Noch mehr Eine ganze Stadt voll pulsierendem Leben, das nur darauf wartete , von ihm genommen zu werden.
Und dahinter wiederum ein ganzes Land und hinter diesem eine ganze
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