Glut und Asche
aus, und die Erschü t terung fegte Andrej abermals von den Beinen. Auch Frederic stürzte, und ein erstauntes Grunzen hinter ihm verriet Andrej, dass es Abu Dun nicht besser erging. Es war so heiß, dass seine Wimpern und Brauen versengt wurden und er nicht mehr atmen konnte.
Als sich die tanzenden Flammen vor seinen Augen lichteten, hatte sich der Hof radikal verändert. Die morsche Ziegel Stei n mauer auf der linken Seite war verschwunden, an ihrer Stelle erhob sich eine Wand aus doppelt mannshohen, brüllenden Flammen, die erstickende Hitze ausstrahlten. Funken und bre n nendes Papier torkelten wie Schmetterlinge mit versengten Flügeln rings um ihn herum zu Boden, und als er wieder atmen konnte, stellte er fest, dass die Luft durchdringend nach heißem Metall schmeckte. Der Blick auf den Fluss war noch frei, aber auch in der Tiefe loderte dort jetzt rotes Licht, als hätte mit t lerweile die gesamte Themse Feuer gefangen.
Irgendwie war es Frederic gelungen, vor ihm wieder in die Höhe zu kommen, und anders als Andrej hatte er nicht einmal seine Waffe fallen gelassen, sondern hielt den Säbel noch i m mer in der rechten Hand. Aber er nutzte diesen Vorteil nur, um Andrej einen kräftigen Fußtritt in die Seite zu versetzen. Andrej kippte nach Luft schnappend auf die Seite, erwischte den Ju n gen aber seinerseits hart genug, dass dieser nach hinten und d i rekt in Abu Duns ausgestreckte Arme stolperte.
»Halt ihn fest!«, keuchte er.
Abu Dun umschloss mühelos Frederics Handgelenke mit e i ner einzigen seiner riesigen Pranken und hob ihn einfach in die Höhe, doch als Andrej sein Schwert aufhob und auf ihn zutreten wollte, schüttelte er mit grimmigem Gesicht den Kopf. »Nein.«
»Was - nein?«, fragte Andrej.
Abu Dun wiederholte sein Kopfschütteln. »Ich weiß, was du vorhast, Hexenmeister«, sagte Abu Dun. »Aber das lasse ich nicht zu.«
»Was?«, fragte Andrej lauernd. »Was lässt du nicht zu, P i rat?« Und was willst du dagegen tun?
»Lass mich los, du schwarzes Schwein!«, kreischte Frederic. Er begann wild mit den Beinen zu strampeln und traf den N u bier mit mehreren hastigen Fußtritten an Oberschenkel und Knie, was Abu Dun aber nicht einmal zu spüren schien. »Lass mich los! Ich befehle es!«
»Du solltest vielleicht besser tun, was er verlangt«, sagte Andrej. »Er kann ziemlich unangenehm werden, wenn er ve r ärgert Ist, glaub mir!«
»Du sollst mich loslassen, du Hund!«, brüllte Frederic . »Auf der Stelle!« Er strampelte weiter mit beiden Füßen und ve r suchte Abu Dun nun zwischen die Beine zu treten. Zu seinem Pech gelang es Ihm sogar. Abu Dun zuckte zwar nicht einmal mit der sprichwörtlichen Wimper, versetzte Ihm aber trotzdem eine schallende Ohrfeige, die seinen Kopf In den Nacken warf und Ihn benommen In seinem Griff erschlaffen ließ. Andrej ließ er dabei nicht nur keine Sekunde aus den Augen, er drehte sich auch so, dass er nun halb zwischen Ihm und Frederic stand.
»Was soll das, Pirat?«, fragte Andrej gefährlich leise. Er war zwar stehen geblieben, aber seine Hand schloss sich fester um Gunjlrs Griff, und er ertappte sich dabei, den Nubier auf eine vollkommen andere Art anzusehen, konzentriert auf seine Ha l tung, auf winzige Anzeichen In seinem Gesicht und die A n spannung seiner Gestalt. Er sah Ihn an, wie er einen möglichen Feind angesehen hätte, auf der Suche nach einer Schwachstelle oder einer Lücke In seiner Verteidigung. Und vielleicht nicht nur einen möglichen. Er wusste noch nicht genau, was der N u bier vorhatte, aber er überlegte, seinerseits diesen ungeschlac h ten Klotz In seine Schranken zu weisen. Abu Dun und er waren Freunde, doch möglicherweise war es an der Zelt, Ihm zu ze i gen, wer hier das Sagen hatte.
»Das frage Ich dich, Andrej«, antwortete Abu Dun grimmig. »Seit wann töten wir Kinder?«
Andrej spannte sich fast unmerklich an. »Das da«, sagte er mit einer Kopfbewegung auf den allmählich wieder zu sich kommenden Jungen, den Abu Dun noch Immer wie eine Spi e l zeugpuppe am ausgestreckten Arm hielt, »Ist kein Kind. Es sieht nur so aus.«
Abu Dun schüttelte den Kopf. »Das lasse Ich nicht zu.«
Vielleicht so dicht wie noch nie zuvor In seinem Leben stand Andrej davor, seine Waffe zu ziehen und den Nubier niederz u strecken. Er wusste, dass er es konnte. Seine Kräfte waren nicht einfach gewachsen, sie hatten sich potenziert. Zum allerersten Mal, seit auch Abu Dun zum Vampyr geworden war, war er der Stärkere von Ihnen. Er wusste
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