Glut und Asche
genug.
Aber es waren schließlich nur Sterbliche. Für jeden einzelnen von ihnen mochte sein eigenes Leben von allergrößter Bede u tung sein, doch Andrej wusste, wie bedeutungslos es eigentlich war Ihre Leben waren so kurz und sie selber so schrecklich verwundbar Viel zu kurz war es, um in einer so lächerlichen Spanne irgendetwas zu bewirken, das Einfluss auf den Lauf der Welt haben konnte. Und wie auch? Selbst wenn diese ganze Stadt mit all ihren Einwohnern verbrannte, die Welt würde sich weiterdrehen und die Zeit nicht stehen bleiben. Schon in wen i gen Tagen war diese Katastrophe nur noch Gesprächsstoff für den Rest des Landes und nach spätestens einer Generation nicht mehr als eine Notiz in den Geschichtsbüchern, falls sie nicht irgendwann ganz in Vergessenheit geriet. Nichts von alledem, was dort draußen geschah, ging ihn an.
Frederic dafür umso mehr. Abu Dun wedelte wieder unwillig mit den Armen, und diesmal stürmte Andrej weiten Frederlcs Vorsprung war noch nicht so groß, dass sie Ihn nicht mehr ei n holen konnten, aber die Zelt, die Ihnen blieb, war trotzdem denkbar knapp.
Dicht hintereinander folgten sie der Treppe, hielten auf dem letzten Absatz noch einmal Inne und schlichen das letzte Du t zend Treppenstufen bis zum Erdgeschoss auf Zehenspitzen.
Der große Raum, In den sie gelangten, war hell erleuchtet. Zuckendes rotes und gelbes Licht erschuf eine Illusion von L e ben und Bewegung, die es fast unmöglich machte, sich zu or i entieren, und der Geruch nach brennendem Holz und Stroh nahm Ihnen schier den Atem. Die Tür auf der anderen Seite führte nach draußen und stand weit offen. In ihrem Rahmen stand eine kindsgroße schwarze Silhouette und starrte Ihn aus unsichtb a ren Augen an. Der flackernde Feuerschein dahinter ließ ihren Schatten hin und her tanzen, zucken und sich winden und größer und kleiner werden, sodass er Ihn manchmal anz u springen, ihn dann wieder zu beschleichen und dann wieder erschrocken von ihm zurückzuprallen schien.
»Frederic?«, fragte Andrej. »Was willst du von mir?«
Andrej machte einen zögernden Schritt auf die Gestalt zu, und sie fuhr auf der Stelle herum, verschwand mit schnellen Schri t ten und blieb wieder stehen, als warte sie darauf, dass Andrej ihr folgte.
Er tat Ihr den Gefallen, trat jedoch nur einen einzigen Schritt aus dem Gebäude heraus und blieb dann wieder stehen, um sich entsetzt umzusehen.
In der kurzen Zelt, die sie hier herunter gebraucht hatten, war Ihnen das Feuer auf den Fersen gefolgt. Vor seinen Augen e r hob sich eine massive Wand aus Glut, die mit dem rot waber n den Himmel über der Brücke zu verschmelzen schien. Das Feuer hatte noch weit schneller um sich gegriffen, als er ohn e hin gefürchtet hatte. Dafür sorgte noch immer der steuerlose Segler, den die Strömung lichterloh brennend quer gegen die Brücke presste. Die Häuser dort drüben brannten wie drei Stockwerke hohe, ölgetränkte Scheiterhaufen. Selbst auf diese Entfernung spürte er die Hitze auf dem Gesicht. Menschen und Gebäude vor der Flammenwand lösten sich in dem gleißenden Licht auf, und er roch verkohltes Holz, heißen Stein und schmorendes Fleisch. Keine zehn Schritte vor Ihm stand Fred e ric und starrte Ihn an.
»Du weißt, dass das eine Falle Ist«, sagte Abu Dun.
Ohne auch nur mit einem Laut zu antworten, stürmte Andrej los, und Frederic fuhr herum und setzte mit großen Sprüngen direkt auf die Flammenwand zu.
Andrej stieß einen unterdrückten Fluch hervor und versuchte, sein Tempo zu erhöhen, aber es gelang Ihm nicht, den flüc h tenden Jungen einzuholen. Jedes Mal, wenn er glaubte, Ihn p a cken zu können, schlug dieser einen unerwarteten Haken, duckte sich oder schlüpfte Im letzten Moment zwischen seinen Fingern hindurch. Auch Abu Dun erging es nicht besser Am Anfang schien es, als hielte Frederic direkt auf die lodernde Feuerwand zu, die die Brücke verschlang, dann aber wurde I h nen klar, dass er sie zur anderen Seite hinzulocken versuchte. Auch dort brannte es bereits, wenn auch erst an wenigen Ste l len, wo Funkenflug oder auch die reine Hitze kleinere Brände ausgelöst hatten. Aber das würde nur noch wenige Augenblicke so bleiben. Die Brücke war unrettbar verloren.
Trotzdem jagte er hinter dem fliehenden Jungen her; der die gegenüberliegende Seite mittlerweile beinahe erreicht hatte und ein zweigeschossiges Gebäude ansteuerte, aus dessen Dach b e reits die ersten Flammen schlugen. Als sie die Tür erreichten, hätte er ihn
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