Glut und Asche
Griff eines gewaltigen Krumms ä bels unter seinem Mantel hervorsah.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Andrej beunruhigt und wart e te Abu Duns Antwort erst gar nicht ab, sondern wandte sich erneut dem Wasser zu. Der Fluss floss so träge dahin, als b e stünde er aus zähem Öl, nicht aus Wasser, und unter seiner schmutzigen Oberfläche konnte sich alles Mögliche verbergen. Alles was er sah, waren jedoch ein toter Fisch, der mit dem Bauch nach oben dahintrieb, und ein paar Klumpen aus undef i nierbarem Unrat.
»Nichts«, sagte Abu Dun, nach einer Pause, die gerade eine Spur zu lang war »Ich dachte, Ich hätte etwas gesehen. Aber Ich muss mich wohl getäuscht haben.« Bevor Andrej noch eine weitere Frage stellen konnte, drehte er sich brüsk weg und steuerte den nächstbesten Mann an - einen schmächtigen Kerl In zerschlissenen Kleidern, dessen Gesicht fast ebenso grau war wie sein Haar. Als er Abu Dun auf sich zukommen sah, erstar r te er und hätte vor Schrecken fast die Kiste mit dem nicht mehr ganz frischen Obst fallen gelassen, die er gerade von einem Lastkahn ganz In der Nähe geholt hatte.
»He, du da!«, polterte Abu Dun. »Warte! Ich habe eine Fr a ge!«
Der Mann stolperte einen Schritt zurück und wurde noch blasser. Andrej sah, wie überall ringsum weitere Männer In I h rem Tun Innehielten und In Ihre Richtung sahen. Rasch ging er zu Abu Dun und seinem unglückseligen Opfer; hob besänft i gend die Hand und zwang ein Lächeln auf seine Lippen.
»Bitte verzeihen Sie meinem Diener, Sir«, sagte er »Er Ist noch nicht lange In diesem Land und kennt die Sitten und G e bräuche hier nicht so gut, wie er es sollte.« Er warf Abu Dun einen übertrieben geschauspielerten ärgerlichen Blick zu, bevor er fortfuhr: »Wir hätten nur eine Frage an Sie, Sir - oder einen der anderen Herren hier.«
Die letzten Worte hatte er mit leicht erhobener Stimme g e sprochen. Noch mehr Männer blieben stehen und sahen In Ihre Richtung, und einige stellten auch Ihre Lasten ab und kamen näher. Nicht alle sahen freundlich aus.
»Wir suchen jemanden«, fuhr Andrej fort. »Einen Jungen. Sein Name Ist Frederic . Er lebt zusammen mit ein paar Freu n den In diesem Haus dort drüben.«
Er deutete auf das Abbruchhaus, aus dem sie gerade herau s gekommen waren.
»Da drüben wohnt keiner«, sagte einer der Männer -nicht der; den Abu Dun gerade angesprochen und sichtlich fast zu Tode erschreckt hatte.
»Das glaube Ich gerne«, antwortete Andrej. »Aber Ich habe erst heute Morgen mit Ihm In eben diesem Haus gesprochen. Vielleicht treiben er und seine Freunde sich ja manchmal dort herum.« Erwartete vergeblich auf eine Antwort und fügte hi n zu: »Er hat ein Mädchen bei sich, ungefähr so groß.« Er deutete mit ausgestreckter Hand Bess' ungefähre Größe an. »Ihr Name Ist Bess, und Ich glaube, sie Ist ganz hübsch ... oder könnte es sein, wenn sich jemand die Mühe machen würde, sie zu w a schen.«
Niemand lachte. Der Mann, der gerade schon einmal gean t wortet hatte, starrte Ihn plötzlich misstrauisch an. »Warum fragst du nach dem Mädchen?«, wollte er wissen.
»Ich frage nicht nach dem Mädchen, sondern nach Ihren Freunden«, antwortete Andrej.
»Und was willst du von Ihnen?«
Andrej lächelte schmerzlich. »Eigentlich möchte Ich mich nur mit Ihnen unterhalten ... mich vielleicht nach dem Verbleib meiner Geldbörse erkundigen und des einen oder anderen Wertgegenstandes, den Ich bei mir gehabt hatte.«
Zaghaftes Gelächter klang auf und verstummte auf der Stelle wieder; als der Mann, den die anderen anscheinend als Ihren Redeführer anerkannt hatten, einen ärgerlichen Blick in die Runde warf und sich dann wieder auf Andrej konzentrierte. Abu Dun hatte mittlerweile direkt hinter ihm Aufstellung g e nommen und überragte ihn nicht nur wie ein lebe n der Berg, sondern hatte auch in unmissverständlich drohender Haltung die Arme vor der Brust verschränkt. Andrej kannte nicht viele Männer; die sich von diesem Anblick nicht hätten einschüc h tern lassen, aber der dunkelhaarige Arbeiter gehörte ganz ei n deutig dazu.
»Sie sehen nicht aus wie ein Mann, der sich in einer Gegend wie dieser rumtreibt und mit Bettelkindern spricht. Was haben Sie mit diesen Kindern zu schaffen?«
Immerhin, dachte Andrej, war er wieder zum respektvollen Sie gewechselt - was vermutlich doch an Abu Duns Präsenz hinter ihm lag.
»Nichts«, antwortete er, hob die Schultern und rettete sich in ein absichtlich verunglücktes Grinsen.
Weitere Kostenlose Bücher