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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Wenn du mich fragst, dann klingt das nicht nach etwas, das man essen sollte ... eher nach einem Geräusch, das eine Weile nach dem Essen entsteht.«
    »Abu Dun!«, sagte Andrej vorwurfsvoll.
    »Plumpspudding!« Abu Dun kicherte und sog schnüffelnd die Luft ein. »Und wenn du mich fragst, dann riecht es hier auch passend dazu.«
    Andrej hätte ihm gerne widersprochen, musste ihm aber be i pflichten, nachdem er seinerseits prüfend die Luft eingeatmet hatte. Es roch nicht einmal schlimmer als auf der anderen Seite des Flusses. Was er spürte, war einfach der allgegenwärtige Gestank der Stadt. Vielleicht fiel er nur umso mehr auf, je mehr sich die Einwohner des entsprechenden Viertels für etwas Be s seres hielten.
    »Und wenn man genau über dieses Geräusch nachdenkt ...«, begann Abu Dun, und Andrej unterbrach ihn noch schärfer:
    »Abu Dun!«
    Abu Dun sah ihn nur vorwurfsvoll an und drückte die Tü r klinke noch ein kleines Stück weiter herunter Ein leises Kni r schen erklang, als sich der an sich robuste Mechanismus des Schlosses in seine Bestandteile auflöste. Er stieß gegen die Tür - sie öf f nete sich nach innen, was ungewöhnlich genug war. Dahinter herrschte tiefste Dunkelheit. Andrej lauschte ang e strengt und hörte tatsächlich ... irgendetwas, ohne es genau identifizieren zu können. Seine geistigen Fühler tasteten wie unsichtbare Finger umher, spürten das Leben in den umliege n den Häusern und suchten nach etwas, von dem er wusste, dass er es nicht finden würde, wenn es nicht gefunden werden wollte - und fühlten nichts als ein gleichmäßiges mentales Raunen. Mit Ausnahme eines einzelnen Paares in einem Haus auf der and e ren Straße n seite, das mit sich selber beschäftigt war, schien das ganze Viertel zu schlafen ... was etlichen von ihnen vielleicht das L e ben retten würde, wenn sie an diesem Ort tatsächlich auf den trafen, den sie erwarteten.
    Nicht zum ersten Mal fragte sich Andrej, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, hierherzukommen. Sie hatten nichts als einen handgeschriebenen Zettel und Frederi cs Wort , dass...
    Andrej erschrak. Der Keim des Misstrauens , den Abu Dun In sein Herz gesät hatte, ging bereits auf.
    Abu Dun warf noch einen sichernden Blick über die Schulter zurück - nichts rührte sich. Mit Ausnahme einiger weniger trüb brennender Laternen, die über der einen oder anderen Tür hi n gen, oder ein schlampig gemaltes Schild, das aus der Schwärze aufzutauchen schien, lag die Straße vollkommen dunkel und still da. Er ergriff die Tür mit beiden Händen, damit die lede r nen Angeln kein verräterisches Geräusch verursachten, und drückte sie weiter auf. So lautlos wie ein Schatten huschte er hindurch, verschmolz mit der Schwärze des Zimmers und kam dann zurück, um Ihm beruhigend und auffordernd zugleich z u zuwinken. Andrej schlüpfte hinter Ihm durch die Tür und nutzte den Moment, um sich In dem wenigen Licht umzusehen, das von der Straße hereinfiel. Sie befanden sich In einem unerwa r tet großzügig geschnittenen Raum, der tagsüber vermutlich sehr hell und freundlich wirkte, denn nahezu die ganze Wand neben der Tür bestand aus einem hölzernen Laden, der komplett nach oben geklappt werden konnte und Licht und Luft hereinließ. Die große Verkaufstheke war überraschend sau bei; und In den langen Reihen von leeren Regalen wurden tagsüber wohl Brot, Kuchen und andere Backwaren feilgeboten. Es roch nach Mehl und Brot, darunter aber auch ganz sacht nach etwas Verdorb e nem - ein Geruch, der weder hierher noch In Irgendein anderes Haus gehörte, In dem Menschen lebten. Er nahm einen leisen Brandgeruch wahr, der aus dem angrenzenden Raum herei n wehte , und die gleichmäßigen Atemzüge von zwei oder drei Menschen, die In einem der oberen Stockwerke schliefen.
    Andrej zog die Tür hinter sich zu, und vollkommene Du n kelheit umgab sie, dann hörte er Abu Dun Irgendwo vor sich rumoren, und ein blassroter Schein fiel durch eine weitere Tür herein, gefolgt von einem Schwall trockener Wärme und noch Intensiverem Brandgeruch. Auf einen lautlosen Wink Abu Duns hin folgte er Ihm In die angrenzende, weit größere Bac k stube und wartete, bis sich seine Augen an das mattrote Licht gewöhnt hatten.
    Im Gegensatz zum ersten Raum, In dem Sauberkeit und Ordnung geherrscht hatten, fand Andrej hier ein unglaubliches Chaos vor: Überall standen Körbe und schmuddelige Kisten mit hart gewordenem Brot und anderen Backwaren, vergammelten Zutaten, klumpig gewordenem

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