Glutheißer Höllentrip
mehr, was ihn noch stoppen konnte. Richard war vorwärtsgestürmt wie ein Bulldozer, ohne Rücksicht auf Verluste.
Genauso war es auch bei Henry.
„Du redest wohl nicht mit jedem, wie?“, stieß er hervor und verpasste dem Soldaten gleichzeitig einen Fausthieb oder vielmehr, er versuchte es.
Buck hatte den Schlag kommen sehen und wich blitzschnell aus. Gleichzeitig schnellte er aus seinem Sitz hoch und verpasste Henry einen gewaltigen Schwinger. Es knallte laut.
Der Verbrecher schrie auf und wurde gegen das Busfenster geschleudert. Doch schon im nächsten Moment griff er Buck wieder an.
Inzwischen hatte sich David den beiden Kämpfenden genähert. Er versuchte, sie zu trennen. Doch es stellte sich heraus, dass das keine besonders gute Idee von David war, denn nun wurde er sowohl von Buck als auch von Henry attackiert.
Die Studentinnen auf dem Rücksitz begannen angesichts der wüsten Schlägerei zu kreischen. Jay starrte einen Moment lang unschlüssig vor sich hin. Schießen konnte er nicht. Zu groß war die Gefahr, dass er versehentlich entweder Henry oder David traf.
„Hört doch auf“, rief er lahm und eilte durch den Mittelgang auf die Kämpfenden zu.
Nun erwachte auch Pete. „Was ist denn jetzt schon wieder los?“, grollte er. „Kann man hier denn keine fünf Minuten seine Ruhe haben?“
Auch Pete eilte dorthin, wo Buck, Henry und David immer noch ineinander verkeilt waren. Gemeinsam mit dem starken Jay versuchte er, die Streitenden auseinanderzubringen.
Es war niemand mehr vorn im Bus.
„Das ist unsere einzige Chance!“, raunte Li Kathy zu. Und bevor Letztere etwas erwidern konnte, stand die Chinesin auf. Schnell und lautlos rannte sie zum Buscockpit. Kathys Herz schlug bis zum Hals. Sollte sie es wirklich riskieren, ihrer Begleiterin zu folgen? Wenn sie erwischt wurden, konnten sie ihr Testament machen. Pete kannte keine Gnade, das hatte er nun schon öfter bewiesen. Doch falls sie im Bus blieben, gab es ebenfalls keine Überlebensgarantie für sie. Liza war einen sinnlosen Tod gestorben, das sollte ihnen nicht auch passieren.
Sie mussten es riskieren.
Als Kathys Stiefvater noch gelebt hatte, war das Fortlaufen für Kathy nur ein Traum gewesen. In vielen tränenfeuchten Nächten hatte sie sich vorgestellt, nicht mehr unter seiner Fuchtel leben zu müssen. Damals war das eine Fantasie gewesen, die sie niemals verwirklichen konnte. Jetzt aber hatte sie die einmalige Möglichkeit, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen – wenn auch unter Lebensgefahr.
Im mittleren Teil des Busses herrschte völliges Chaos. Die Schlägerei war immer noch in vollem Gang, wütende Rufe und Flüche ertönten. Noch war die Situation nicht geklärt. Kathy fasste sich ein Herz und sprang auf. Sie lief hinter Li her. Die Bustür war selbstverständlich verschlossen. Aber darüber hatte sich die Chinesin offenbar schon Gedanken gemacht. Jedenfalls griff Li zielsicher ins Cockpit und betätigte einen Hebel. Nun ließ sich die Tür manuell öffnen. Und genau das tat Li jetzt.
Kalte Nachtluft strömte ihnen entgegen.
Die beiden jungen Frauen sprangen in die Finsternis.
In diesem Moment ertönte Petes Stimme. Ihr Klang ließ beinahe das Blut in Kathys Adern gefrieren.
„Bleibt hier, ihr verfluchten Kröten! Ihr werdet noch um den Tod betteln, bevor ich mit euch fertig bin!“
5. KAPITEL
Kathy rannte in die stockfinstere Nacht. Hinter ihr blitzte Mündungsfeuer auf. Das Schussecho hallte schaurig durch die Dunkelheit. Kathy stolperte über einen Stein und fiel der Länge nach hin. Ihre Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. In ihrem heimatlichen Nottingham hatte niemals eine solche Finsternis geherrscht wie hier in der Wüste von Nevada. Jedenfalls konnte sich Kathy nicht daran erinnern.
„Au, verflucht!“
„Bist du getroffen?“, rief Li.
„Nein, ich bin nur gestürzt.“
„Dann wieder auf die Beine mit dir!“, spornte Li sie an. „Wenn die Mistkerle uns erwischen, haben wir endgültig verloren.“
Das war Kathy natürlich auch klar. Sie war erleichtert, als sie Lis Hand spürte. Die Chinesin half ihr beim Aufstehen. Zwar wäre Kathy auch allein wieder auf die Beine gekommen. Aber sie fand es ungeheuer erleichternd, dass Li die Flucht nicht ohne sie fortsetzte. Li riskierte es sogar, ihren eigenen Vorsprung aufzugeben und dadurch den Verfolgern in die Hände zu fallen. Einen Moment lang dachte Kathy, dass sie für Li nur ein Klotz am Bein war.
Denn die Kidnapper waren hinter ihnen her,
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