Glutheißer Höllentrip
entspannt wirkte. Ob Li bei der Armee auch Nahkampftechniken gelernt hatte? Ob sie versuchen würde, Pete zu entwaffnen? Kathy hoffte nicht, dass sie eine Dummheit machen würde.
„Du bist doch Studentin, oder? Welches Fach?“
„Psychologie.“
„Eine Gehirnklempnerin!“, höhnte Pete. „Na ja, immer noch besser als gar nichts. Irgendwie hat das doch auch was mit Medizin zu tun, oder? Schau dir den Alten mal an, vielleicht kannst du ja was machen. Jedenfalls werde ich keinen Doc holen, das könnt ihr komplett vergessen.“
Von ihrem Sitzplatz aus konnte Kathy sehen, wie Li sich neben Mr Hayes kniete.
„Können Sie mich verstehen, Sir?“, fragte sie ihn.
„Ja, Miss.“
„Hatten Sie schon früher ähnliche Beschwerden?“
„Ich bin öfter etwas matt“, gab der alte Mann zurück. „Mein Hausarzt sagt, ich hätte eine altersbedingte Herzschwäche. Ich darf mich nicht aufregen. Ich habe auch ein Medikament verschrieben bekommen, aber das habe ich dummerweise nicht bei mir.“
„Ich werde jetzt Ihren Puls messen.“ Mit diesen Worten griff Li nach dem Handgelenk des Rentners. Nachdem sie einen Moment den Puls gefühlt hatte, sagte sie: „Ich denke, Sie haben einen leichten Kreislaufkollaps erlitten. Aber dagegen können wir etwas tun. Haben wir Wasser an Bord?“, fragte sie an Pete gewandt.
Der Verbrecher nickte bestätigend. „Ja, in dem Bordkühlschrank ist nicht nur Cola, sondern auch Mineralwasser.“
„Dann mache ich dem alten Mann einen kalten Umschlag.“
Diesmal hatte es Pete auf Kathy abgesehen. Er forderte sie auf, Li eine Dose Mineralwasser zu bringen. Sie tat es, wobei sie viel weniger aufgeregt war als noch vor wenigen Minuten. Momentan führte Pete offenbar nichts Böses im Schilde. Und sie war froh, endlich etwas Sinnvolles tun zu können. Die stundenlange Warterei und die Ungewissheit hatten ihre Nerven doch ziemlich zermürbt. Das wurde ihr erst jetzt so richtig bewusst.
Li nahm die Büchse aus Kathys Hand entgegen. Die Chinesin tränkte ein Halstuch mit Wasser und legte den nassen Stoff auf Mr Hayes’ Nacken. Außerdem brachte sie den alten Mann dazu, sich flach auf den Boden zu legen und seine Beine auf einer Sitzbank zu lagern.
„Es geht mir schon besser, mir ist nicht mehr so schwindlig“, sagte der Rentner nach einigen Minuten.
„Na wunderbar. Dann habt ihr ja ein gutes Werk getan“, sagte Pete zynisch zu Li und Kathy. Er fügte hinzu: „Zurück auf eure Plätze.“
Die beiden taten, was der Anführer von ihnen verlangte. Wenig später kamen David und Henry wieder herein. Der junge braunhaarige Kidnapper merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Stirnrunzelnd ging er zu dem Anführer hinüber.
„Was war hier los, Pete?“
„Es geht dich zwar nichts an, aber der Alte hatte einen Herzkasper. Unsere junge schlitzäugige Gehirnklempnerin hat ihn dann aber wieder auf die Spur gebracht. Und – habt ihr die Leiche gut verscharrt?“
„Ja, der Körper ist jetzt mit Geröll bedeckt“, gab David gehorsam zurück. Doch er konnte sich nicht verkneifen zu fragen: „Warum musstest du die Frau gleich abknallen, Pete? Du hättest sie auch so überwältigen können.“
„Willst du mir schon wieder vorschreiben, was ich zu tun habe?“ Mit diesen Worten stürzte sich Pete auf David und rammte ihm die Faust in den Magen.
Für Kathy sah es nicht so aus, als ob David der Treffer besonders geschmerzt hätte. Trotzdem wich er zurück, denn Pete hatte immer noch eine Pistole in der Hand. Doch der Anführer setzte nicht nach. Es schien ihm für den Moment zu reichen, dass er seine Wut spontan abreagieren konnte.
„Du gehst mir auf die Nerven, David. Ich warne dich, überspann den Bogen nicht. Aber am schlimmsten ist immer noch dieser Versager Henry“, sagte er mehr zu sich selbst. Dann wandte er sich Henry direkt zu. „Dir haben wir den Schlamassel zu verdanken. Wenn dir das Gehirn nicht in die Hose gerutscht wäre, hätte diese bescheuerte Studentin mich niemals mit einer Bleispritze bedrohen können.“
Er unterstrich seine Worte mit einigen kräftigen Boxhieben. Henry brach jaulend zusammen und schützte sein Gesicht mit seinen Unterarmen. Pete ließ schwer atmend von ihm ab, nachdem er noch ein wenig weiter geprügelt hatte.
„Dein Glück, dass ich allmählich müde werde. Ich will mich ein paar Stunden aufs Ohr hauen, damit ich morgen früh fit für die Lösegeldverhandlungen bin.“ Pete reckte sich, um nach vorn blicken zu können. „Jay, du hältst Wache.
Weitere Kostenlose Bücher