Glutheißer Höllentrip
Wenn es Ärger gibt, weckst du mich sofort, kapiert?“
Der bullige Schwarze nickte. Er drehte sich auf dem Fahrersitz halb nach hinten, sodass er den ganzen Bus im Blickfeld hatte. Pete schnappte sich eine Decke und rollte sich auf der ersten Sitzbank direkt hinter dem Fahrersitz zusammen.
Henry wischte sich leise fluchend das Blut aus dem Gesicht. Kathy merkte, dass er innerlich vor Wut kochte. Erst hatte er sich von Liza hereinlegen lassen, dann wurde er auch noch von seinem eigenen Anführer beschimpft und aufgemischt. Henry war nicht so dominant wie Pete. Aber er hatte trotzdem seinen eigenen Kopf, während Jay ausschließlich auf Petes Anweisungen hörte. Andererseits war er zu feige und zu wenig durchsetzungsfähig, um Pete seine Führerrolle streitig zu machen. Kathy glaubte trotzdem, dass es zwischen Pete und Henry auch weiterhin Ärger geben würde.
Leise schnarchende Geräusche zeugten davon, dass Pete im Handumdrehen eingeschlafen war. Aber Henry hatte sich noch nicht wieder beruhigt. Er schaute sich suchend um. Dann stand er auf.
„Was hast du vor?“, fragte David.
„Lass mich!“, fauchte Henry. „Warum lasst ihr mich nicht einfach alle in Ruhe?“
„Der sucht jemanden, an dem er seinen Frust abreagieren kann“, wisperte Li in Kathys Ohr. „Und dafür kommt eigentlich nur einer infrage. Nicht Mr Hayes, der ist wegen seines Alters kein richtiger Gegner. Auch nicht eine von uns Frauen, nicht nach Henrys Erfahrungen mit Liza. Und auch keiner von den anderen Entführern, auf die ist Henry schließlich angewiesen. Da bleibt nur noch einer übrig.“
Es zeigte sich, dass Li mit ihrer Vermutung richtiglag. Henry steuerte nämlich zielsicher auf Buck zu. Der junge Soldat schlief nicht. Er hatte wieder die Ohrstöpsel seines MP3-Players angelegt und die Arme vor der Uniformbrust verschränkt. Henry kniete sich auf die Polster in der Sitzreihe unmittelbar vor Buck und starrte den jungen Soldaten herausfordernd an.
„Was gibt es denn da zu glotzen?“, knurrte der Verbrecher. Es war klar, dass er Buck provozieren wollte.
Jay gab nach wie vor keinen Ton von sich, doch er behielt das Geschehen im Auge. Der Schwarze redete offenbar nur, wenn es unbedingt sein musste.
Doch David versuchte abermals zu schlichten. „Henry, hör doch auf. Es war eine elende Plackerei, Liza unter die Erde zu kriegen. Ich bin völlig erledigt. Lass uns etwas essen, ich habe mächtigen Hunger nach unserem Einsatz als Totengräber.“
„Ich auch, aber erst will ich mir noch unseren Freund Buck vorknöpfen“, gab Henry dreckig lachend zurück. „Hey, Soldat, ich rede mit dir!“
Mit diesen Worten riss der Verbrecher dem Uniformierten die Ohrstöpsel heraus. Buck war offenbar stinksauer, das konnte Kathy sogar auf die Entfernung erkennen. Aber noch blieb er äußerlich ruhig. Er hatte Disziplin gelernt, aber irgendwann würde auch ihm der Kragen platzen.
„Lass mich einfach in Ruhe, dann passiert dir auch nichts“, gab er Henry drohend zu verstehen.
„Was soll mir denn passieren, he?“, fragte dieser herausfordernd. „Willst du mich vielleicht anmachen? Ihr Soldaten seid doch echt das Letzte. Unsereiner muss hinter Gittern parieren, weil es dort eben nicht anders läuft. Aber ihr geht freiwillig zur Army und lasst euch dort drillen und herumkommandieren. Du glaubst wohl, weil du deine blöde Uniform trägst, bist du ein richtig harter Kerl? Ich sage dir, was du bist – ein Schwächling!“
David griff in den Konflikt ein. Er bewegte sich auf Henry zu. Kathy vermutete, dass er seinen Kumpan irgendwie von dem Soldaten trennen wollte. Von Jay konnte er keine Unterstützung erwarten. Der athletische Farbige hielt zwar seine Pistole schussbereit, blieb aber ansonsten wie angewachsen ganz vorn im Bus sitzen.
Und Pete musste einen festen Schlaf haben. Jedenfalls bekam er von der vergifteten Atmosphäre nichts mit. Aus seiner Richtung ertönte nach wie vor ein gleichförmiges Schnarchen. Bisher hatte er im Bus das Zepter geschwungen. Doch nun gab es keinen eindeutigen Anführer. Und Henry glaubte offenbar, zumindest zeitweise in diese Rolle schlüpfen zu können.
Buck gab Henry keine Antwort, aber damit erreichte er auch nichts. Henry war auf Krawall gebürstet. Kathy erinnerte sich sehr gut an dieses Verhalten, sie hatte es oft genug bei ihrem Stiefvater beobachtet. Sie träumte dann und wann immer noch nachts davon. Wenn Richard ausgerastet war, wurde er früher oder später auch gewalttätig. Es gab dann nichts
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