Glutheißer Höllentrip
sehen, mit wem wir es gleich zu tun bekommen.“
Li hielt den Meißel stoßbereit in der rechten Hand.
Je näher sie dem Lagerfeuer kamen, desto deutlicher waren die Felswände links und rechts von ihnen zu erkennen. Hier war offenbar mit mehreren Werkzeugen gearbeitet worden. Kathy erblickte noch weitere Stemmeisen und Hämmer von unterschiedlicher Größe. Und sie ahnte, wonach hier gesucht worden war. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen.
Das zerschlagene Gestein offenbarte keine Silber- oder Goldader, jedenfalls war davon nichts zu erkennen. Stattdessen sah man Knochen, Schädel und Skelettteile, die aus dem Gestein ragten. Sie mussten uralt sein, und trotzdem flößten sie Kathy Furcht ein. Auch Li schien sich nun nicht mehr besonders wohl in ihrer Haut zu fühlen. Jedenfalls zwinkerte sie nervös.
„Verflucht, was ist das denn?“, rief sie, als sich plötzlich etwas vor ihnen bewegte.
Kathy zuckte zusammen. Im ersten Moment dachte sie, die versteinerten Knochengerippe wären lebendig geworden. Aber ihre Fantasie hatte ihr nur einen Streich gespielt.
Das war auch kein Wunder in dieser Höhle, die nur von den brennenden Holzscheiten beleuchtet wurde. Je stärker die eigene Fantasie war, desto wilder wurden die Vorstellungen, die man sich von den Bewohnern dieser Felsenzuflucht machte. Doch nun sah Kathy, was sie wirklich erwartete.
Aus einer finsteren Ecke schob sich eine Gestalt in das Licht des Lagerfeuers, das im Hintergrund flackerte. Der Mann war in eine bodenlange Decke gehüllt. Er war barfuß, daher hatte man seine Schritte nicht hören können.
Trotz seines seltsamen Aufzuges erkannte Kathy ihn sofort wieder.
6. KAPITEL
„Mister Brown? Was machen Sie denn hier?“, fragte Kathy verblüfft. Sie war hin und her gerissen. Einerseits hielt sie den skurrilen Buspassagier, der vom Diner aus in die Wüste marschiert war, für ziemlich harmlos. Andererseits hatte er Drohungen gegen sie ausgestoßen, als sie ihm in die Quere gekommen war. Kathy war allerdings nicht sicher, ob sie diesen Mann wirklich für gefährlich halten sollte. Im Vergleich zu Pete kam er ihr nicht besonders Furcht einflößend vor.
Über kriminelle Energie verfügte er sicherlich nicht. Der Spinner schien in seiner eigenen Welt zu leben, jedenfalls war das Kathys Eindruck. Wenn man ihn in Ruhe ließ, hatte man von ihm auch nichts zu befürchten. Das war jedenfalls ihre Hoffnung.
Sicher, Reginald Brown war ziemlich neben der Spur. Für geistig normal konnte Kathy ihn nicht halten. Sie erinnerte sich daran, wie seltsam er sich im Bus benommen hatte. Doch er verfolgte offenbar planvoll seine Ziele. Die Hämmer und Meißel mussten aus seinem Gepäck stammen, er würde sie wohl kaum zufällig hier gefunden haben. Also war Reginald Brown wegen dieser versteinerten Knochen gekommen. Aber was hatte das zu bedeuten?
Bevor Kathy ihn dies fragen konnte, öffnete der Sonderling seinen Mund. Seine Stimme klang rauer als bei ihrer ersten Begegnung. Aber vielleicht lag das auch nur an der Akustik in der weitverzweigten und unübersichtlichen Höhle. Plötzlich kam er Kathy gar nicht mehr so harmlos vor.
„Ich kenne dich, ich kenne euch beide. Ihr wolltet nach Reno reisen, jedenfalls habt ihr das behauptet. Aber ich habe euch schon durchschaut, als ich den Bus verlassen habe. Mir könnt ihr nichts vormachen. Ihr beide verfolgt mich!“
Kathy wusste nicht, wie der Wirrkopf auf diese Unterstellung kam. Für sie stand nun endgültig fest, dass Reginald Brown nicht bei klarem Verstand war. Aber er hatte eine Ausrüstung und vermutlich auch Essen und Trinken dabei. Kathy spürte inzwischen eine schmerzhafte Leere in der Magengegend. Ob dieser Mann ihnen etwas von seinen Vorräten abgeben würde?
„Ich bin Kathy aus England“, sagte sie freundlich lächelnd zu ihm. „Und das ist meine Freundin Li. Sie ist Chinesin. Wir sind Studentinnen der Nevada State University.“
Reginald Brown machte eine ungeduldige Handbewegung. „Na, und wenn schon! Ob nun Engländerin oder Chinesin – letztlich arbeiten doch alle für die finsteren Mächte, die mich verfolgen. Aber mich könnt ihr nicht für dumm verkaufen. Und wie ihr seht, bin ich nicht zu stoppen. Ja, Reginald Brown hat das Geheimnis der Si-Te-Cah gelüftet.“
„Ja, das haben Sie geschafft, Mister Brown. Und das, obwohl wir Sie daran hindern wollten“, sagte Li laut. Leise flüsterte sie Kathy zu: „Es hat keinen Sinn, ihm zu widersprechen. Der Mann ist krank, er hat einen
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