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Glutroter Mond

Glutroter Mond

Titel: Glutroter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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auseinandergehen.
    »Was hätte ich denn tun sollen?« Meine Stimme kippt, ich klinge schon wieder weinerlich und hasse mich dafür.
    »Du hättest einfach bis zum Abendessen warten und dort jemanden ansprechen können!«
    Cade macht eine beschwichtigende Geste. »Mach der jungen Dame keine Vorwürfe.« In seinen Augen funkelt etwas, das ich nicht deuten kann. »Es ist nur ihr gutes Recht.«
    Als Neal die Fäuste ballt, was mich zutiefst erschüttert, bleibt Cade ganz ruhig. Ich habe gewusst, dass Neal ein temperamentvoller Hitzkopf ist, aber dass er sich offen gegen einen Obersten auflehnt, schockiert mich.
    Neal tritt neben mich, legt einen Arm auf meine Schulter und zieht mich zu sich heran. Es ist mir unangenehm, aber ich möchte ihn nicht von mir stoßen. Jetzt funkelt eine Träne in seinem Augenwinkel. Trifft es ihn wirklich so hart, mich gehen zu lassen?
    Cade stößt ein tiefes Knurren aus. Ich fürchte schon, die beiden Männer würden aufeinander losgehen, als sich die Gesichtszüge des Obersten plötzlich wieder entspannen. Er hält die Handflächen offen vor sich, als wolle er demonstrieren, dass er es auf keinen Kampf anlegt. Wie lächerlich das auch gewesen wäre! Neal muss wissen, dass ich keine Wahl habe. Sollte sich der Irrtum aufklären - und das hätte er früher oder später ohnehin - dann wäre mir gar nichts anderes übrig geblieben als zu gehen.
    »Ich mache euch einen Vorschlag«, sagt Cade und lächelt schief. »Ihr kommt beide mit mir mit.«
    Im ersten Moment begreife ich nicht, was er soeben gesagt hat. Ist das sein Ernst?
    Neal nimmt die Faust herunter, seine andere Hand gleitet von meiner Schulter. Er scheint ebenso verwirrt zu sein wie ich. Seine Stirn legt sich in Falten, er starrt Cade an, als hätte dieser den Verstand verloren.
    »Wie ich Holly gerade schon einmal erklärt habe, rekrutieren wir nicht ausschließlich Menschen, deren körperliche Merkmale für unsere Zwecke geeignet sind, sondern manchmal auch andere. Andernfalls könnten wir unsere Stellen auch gar nicht alle besetzen. Ich bin mir sicher, einen Platz für dich finden zu können. Ihr wäret beisammen und müsstet euch nicht voneinander verabschieden.« Er grinst breit und offenbart eine Reihe makelloser Zähne.
    Neal und ich sehen uns an. Mein Herz schlägt schnell. Mein größter Traum könnte in Erfüllung gehen, und Neal wäre sogar dabei! Ich werfe ihm einen flehenden Blick zu, der meinen unbedingten Wunsch, mit Cade mitzugehen, Nachdruck verleiht.
    »Ich kann das gar nicht glauben.« Trotz seiner Worte sehe ich Hoffnung in Neals Augen aufflammen. Heimlich ist auch er begeistert von der Idee, das merke ich ihm an.
    »Ich werde jetzt gehen. Kommt mit oder lasst es bleiben« Cade verschränkt die Arme vor der Brust. »Wenn Holly erst heute Abend um Aufklärung des Irrtums bittet, wirst du sicherlich nicht mitkommen dürfen«, sagt er an Neal gewandt. »Eine einmalige Gelegenheit.«
    Ich habe den Eindruck, dass er ihn unter Druck setzen will, doch erschließt sich mir nicht der Grund dafür.
    Neal willigt schließlich ein und wir folgen Cade den Broadway hinunter. Ich bin so aufgeregt!
     

    ***
    »Weshalb benutzen wir nicht die Brücke?«, frage ich und starre die gewaltige mehrspurige Straße an, die vor uns irgendwo im Erdboden versinkt. Sie umschreibt eine riesige Schleife, ehe sie sich in der Schwärze eines Tunnels verliert.
    »Stell mir bitte keine Fragen«, presst Cade zähneknirschend hervor. »Ich weiß, was ich tue. Es gibt mehr als einen Weg aus der Stadt heraus.«
    Seine Worte versetzen mich in Erstaunen. Das hatte ich nicht gewusst.
    »Die Brücke liegt aber auf der anderen Seite der Stadt«, wirft Neal ein. »Wir müssen über den East River, das hier ist der Hudson River. Das kann doch nicht richtig sein. Die Zentrale liegt im Osten.«
    In Cades Augen flackert etwas auf, das mich an ein loderndes Feuer erinnert. Der orangebraune Ton seiner Iris unterstreicht meinen Eindruck nur. Verdammt, Neal! Kannst du nicht einfach den Mund halten? Wie kann man einem Obersten vorwerfen, nicht zu wissen, wohin er gehen muss? Obwohl ich zugeben muss, dass mir auch allmählich leise Zweifel kommen ...
    »Ich weiß, was ich tue«, wiederholt Cade. »Was wisst ihr denn schon von der Welt außerhalb eurer Stadt? Bist du je dort gewesen? Nein? Dann stelle meine Entscheidungen nicht infrage.«
    Neal schweigt. Er nimmt meine Hand in seine und wir gehen hinter Cade her. Dieser steuert ein Auto an, das unweit des

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