Gnadenthal
sage Ihnen gleich, dass es reine Freundlichkeit von mir ist, dass ich Sie hier vernehme und nicht einzeln vorlade.»
«Haben wir etwas falsch gemacht?», fragte Maria schnippisch.
Toppes Augen wurden schmal. «Sie haben nicht die Wahrheit gesagt, und das, glauben Sie mir, war ein großer Fehler. In diesem Fall werde ich völlig humorlos. Frau Henkel, kommen Sie bitte kurz mit hinaus!»
Dagmar schlich hinter ihm her.
«Laut Belegungsplan sind Sie und ihr Mann in Zimmer 116, aber nach den Vernehmungen gestern habe ich den Eindruck, dass Sie in getrennten Zimmern sind.»
«Nicht von Anfang an», druckste Dagmar. «Wir haben uns gestritten, und da ist Rüdiger ausgezogen.»
«Wann war das?»
«Vor zwei Tagen.»
«Und in welchem Zimmer ist Ihr Mann jetzt?»
«Keine Ahnung.»
Toppe schüttelte den Kopf und ging wieder in den Salon. «Jupp», forderte er Ackermann auf, «ein Zimmer haben wir gestern leider nicht durchsucht, weil man uns verschwiegen hat, dass es von Herrn Henkel bewohnt wird. Kümmerst du dich darum?»
«Klaro.» Er streckte Rüdiger die flache Hand entgegen. «Den Schlüssel, bitte!»
Dann machte er sich auf den Weg. «Na denn man tau», meinte er fröhlich. «Wie schnell is’ nix getan, sag ich immer.»
Toppe zeigte wenig Geduld. «Sie haben den Streit, den Sie am Montagabend hatten, bewusst heruntergespielt, Frau Henkel. Warum?»
Dagmar senkte den Blick. «Es war mir peinlich, und es hatte nichts mit Frieders Tod zu tun.»
«Das würde ich gern selbst entscheiden. Also, schildern Sie mir bitte den Verlauf des Abends, und ich rate Ihnen dringend, bei der Wahrheit zu bleiben.»
«Gut.» Sie faltete die unruhigen Hände. «Ausgelöst worden ist der Krach eigentlich durch Patricia. Sie deutete an, dass Frieder uns allen etwas verschweigt, aber Frieder hat dazu nichts gesagt, also hat sie es uns erzählt. Dass Frieder bei der ‹13› aussteigt, weil er demnächst eine eigene Comedyshow bei SAT 1 hat, und die entsprechenden Verträge seien alle schon unterschrieben …»
«Und?» Toppe regelte die Lautstärke am Aufnahmegerät nach.
«Na ja, wir waren verständlicherweise ziemlich geplättet, aber richtig schlimm wurde es erst, als herauskam, dass er uns den Namen gestohlen hat. Seine Show heißt ‹Die Wilde 13›.»
«Ist der Name denn nicht geschützt?», fragte Toppe ungläubig.
Sie lachte bitter auf. «Jetzt ja, Frieder hat ihn schützen lassen. Wir hatten das leider all die Jahre versäumt, wie so vieles andere auch.»
«Und damit ist Ihre Truppe quasi gestorben», schloss Toppe.
«Richtig», antwortete sie, und ihre Augen funkelten. «Wenn Patricia sich nicht verplappert hätte … Frieder wollte nämlich das WDR-Feature und die Jubiläumstour noch mitnehmen, bevor er uns vor vollendete Tatsachen gestellt hätte. Wäre ja auch eine Superpublicity für seine Sendung gewesen.»
«Weiter!»
«Was weiter?», regte sie sich auf. «Wir sind natürlich ausgerastet. Sibylle ist auf Patricia los, und ich habe Frieder ein paar gescheuert. Dann musste ich heulen und bin auf mein Zimmer.»
«Wo Sie dann kurze Zeit später Frau Langenberg aufgesucht hat.»
«Ganz genau.»
«Bleiben Sie bei Ihrer Aussage, was den Rest Ihrer Nacht angeht?»
«Ja, natürlich.» Die Hitzewallung kam wie immer völlig aus dem Nichts, Schweißbäche liefen ihr aus den Haaren ins Gesicht. Sie wischte sie mit dem Pulloverärmel weg und lächelte entschuldigend.
Toppe lächelte nicht. «Darüber reden wir noch einmal.»
Kai Janicki wusste, dass er die hübsche Kommissarin auf die Palme brachte, so wie er seit gestern alle auf die Palme brachte. Aber er schaffte es einfach nicht, seinen Zynismus abzustellen. Es war die einzige Möglichkeit, diesen Irrsinn durchzustehen.
«Doch, doch, Frau Steendijk, Frieder hat seine Gründe sehr schön dargelegt. Die ‹Wilde 13› sei doch nur zweite Liga, und er habe keine Lust mehr, den ganzen unprofessionellen Rest der Truppe mit durchzuschleppen.» Er lachte. «Aber ein paar Brosamen hatte er auch zu verteilen: Einige von uns wollte er nämlich mit zum Fernsehen nehmen. Angeblich hatte er schon großartige Verträge ausgehandelt für diejenigen, die – ich zitiere wörtlich – ‹was auf der Pfanne haben›.»
«Wen wollte er mitnehmen?»
«Sein holdes Weib, selbstverständlich, Hartmut für die Musik und Dagmar und mich als Autoren.»
«Und alle anderen wären auf der Strecke geblieben», stellte sie fest.
«Richtig.»
«Und das haben Sie für so
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