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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Haferkamp zum Fenster und schob den Vorhang beiseite.
    «Der Wind», sagte er, «es war nur ein Ast.»
    Sibylle hatte ihre Knie bis unters Kinn gezogen und die Arme um ihre Unterschenkel gelegt. «Ich habe furchtbare Angst, das kann euch auch nicht anders gehen. Es ist unheimlich. Sollen wir nicht alle zusammen hier im Salon schlafen? Wir könnten einfach die Matratzen und das Bettzeug runterholen.»
    Kai Janicki lachte freudlos. «An deiner Stelle würde ich mir das gründlich überlegen, Bylle. Es könnte nämlich sein, dass du die Nacht zusammen mit einem Mörder verbringst.»
    Sie wurde blass. «Hör auf, du weißt genau, dass es keiner von uns gewesen sein kann.»
    «Bist du dir sicher? Wenn ja, frage ich mich, warum du Angst hast. Oder glaubst du etwa, dass draußen ein Wahnsinniger herumschleicht, der es darauf abgesehen hat, die ganze ‹13› zu meucheln?»
    «Du bist unmöglich, Kai», sagte Dagmar müde.
    Dann lauschte sie. «Da kommt ein Auto.»
    «Ach, du Scheiße, daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht.» Haferkamp rieb sich die Schläfen. «Das müssen Johanna, Hartmut und Beate sein.»
    «Und sie wissen noch von nichts», vollendete Janicki den Gedanken.
    Sibylle war schon hinausgelaufen.
     
    Es war ein tristes Abendessen.
    Den drei Neuankömmlingen wurde nur allmählich klar, was man ihnen eben eröffnet hatte. Sie saßen hilflos da und bekamen keinen Bissen herunter.
    «Ihr seid wahrhaftig fein raus, dass ihr nicht hier wart», meinte Maria bitter, «sonst stündet ihr jetzt auch unter Mordverdacht.»
    «Was?» Johanna schlug die Hand vor den Mund. «Glaubt die Polizei etwa …»
    «Das kann doch nicht deren Ernst sein!» Hartmut Stollner schüttelte heftig den Kopf.
    Beate sagte nichts, starrte Maria nur ungläubig an und schien sich in sich zu verkriechen.
    «Tja, wir sind in einer dummen Lage», erklärte Kai. «Außer uns war kein Mensch im Haus.»
    «Das kann schon sein», entgegnete Hartmut, ganz offensichtlich um Sachlichkeit bemüht, «aber in den Park kommt doch jeder ungesehen hinein.»
    «Der große Unbekannte, der schwarze Mann?» Janickis Stimme war kalt. «Glaubst du tatsächlich, Frieder hätte sich mit jemandem verabredet – nachts um vier im Park, bei strömendem Regen? Ach, komm!»
    «Muss er doch gar nicht. Vielleicht hat er nur etwas beobachtet, das er nicht sehen sollte», beharrte Stollner. «Wer weiß, welches Gesindel sich da nachts herumtreibt.»
    Haferkamp hörte nur mit halbem Ohr zu. Er beobachtete Johanna. Der Schock, der ihr Gesicht noch vor einer halben Stunde in eine weiße Maske verwandelt hatte, hatte nachgelassen. Sie sah jetzt nur noch sehr, sehr traurig aus.
    «Ha, Kai», mischte sich Maria wieder in das Gespräch, «erzähl ihnen, welche Bombe Frieder letzte Nacht hat platzen lassen, erzähl ihnen, was dieser …»
    «Tu’s doch selbst», sagte Kai und schob sich ein Tomatenachtel in den Mund.
    Aber dazu kam es nicht, denn Kommissar Toppe betrat das Zimmer.
    «Man hat mich benachrichtigt, dass die letzten Mitglieder des Ensembles angekommen sind», sagte er und schaute sich die neuen Gesichter an. «Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten. Aber essen Sie in Ruhe zu Ende, ich warte im Blauen Saal auf Sie.»
    Der ist stinksauer, dachte Haferkamp, und zwar stinksauer auf uns.
    «Ich kann sowieso nichts essen.» Johanna war gleich aufgestanden, und Beate und Hartmut folgten.
     
    Der Polizist holte zwei weitere Stühle an den Tisch unterm Fenster und nahm ihre Personalien auf. Jetzt schaute er freundlich, und seine Stimme war warm.
    «Ich mache das Bühnenbild», erklärte Johanna.
    «Und ich bin für die Maske und die Kostüme zuständig», ergänzte Beate.
    «Dann müssen Sie der Musiker sein», schloss Toppe, machte sich eine Notiz und blickte wieder auf. «Ich möchte mir gern ein möglichst umfassendes Bild von Ihrer ‹13› machen, Struktur, Konstellationen, Aufgaben, wie alles angefangen hat, wie Ihre Beziehungen außerhalb der Gruppe sind.» Er schmunzelte. «Erzählen Sie ganz unsortiert, was Ihnen dazu einfällt. Ich picke mir schon raus, was für mich interessant ist.»
    Es war Johanna, die das Wort übernahm. Sie war mit Autoritäten schon immer am unbefangensten von ihnen allen umgegangen.
    Sie erzählte von ihrer Anfangszeit an der Uni, von den gemeinsamen Urlaubsreisen, vom allmählich immer größeren Erfolg.
    Toppe stellte interessierte Zwischenfragen, ein Nicken, ein Lächeln an der richtigen Stelle machten das Gespräch zu einer

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