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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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sie.«
    »Wieso?«, frage ich und streiche mit den Fingern über das Bild des Monument Valley, kurz bevor es sich in die ägyptische Sphinx verwandelt.
    »Der Älteste sagt, dass es nicht gut ist, sich zu sehr mit der Sol-Erde zu beschäftigen. Dass wir an die Zukunft denken sollen, nicht an die Vergangenheit.«
    »Aber dich lässt er alles sehen.«
    »Es ist Teil seiner Lektionen. Er will, dass ich alles über die Sol-Erde lerne, damit ich ihre Fehler vermeide. Wieso funktioniert das verdammte Ding nicht?«
    Ich will ihm sagen, dass die Erde keine Fehler hatte, aber ich weiß, dass das nicht wahr ist. Und ich würde ihm gern sagen, dass die Methode des Ältesten, über seine Welt zu herrschen, nicht richtig ist, aber ich weiß nicht sicher, ob das wahr ist. Es gibt in dieser Welt, auf diesem Schiff so vieles, das ich nicht verstehe.
    »Orion!«, ruft Junior. »Einer der Wandfloppys hat sich aufgehängt!«
    »Ist er hier?« Ich sehe mich um, aber abgesehen von uns scheint niemand da zu sein.
    Der Schirm hinter Junior zeigt einen amerikanischen Präsidenten nach dem anderen.
    »Wie schon gesagt, der Älteste will, dass ich von der Sol-Erde lerne. Viele eurer Regenten haben es richtig gemacht – sie haben es nur nicht geschafft, dass ihre Leute ihnen gehorcht haben. Wie er.«
    Ich werfe einen Blick auf den Bildschirm. »Wer? Abraham Lincoln?«
    Junior nickt. »Sechzehnter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, gelegen auf der Nordhalbkugel der Sol-Erde zwischen dem Atlantischen und dem Pazifischen Ozean. Er war Anführer während des Bürgerkriegs, der zwischen den Staaten herrschte.«
    »Ja, ich weiß.« Ich bin misstrauisch. Es ist etwas an der Art, wie Junior über Abraham Lincoln spricht, so kühl und unbeteiligt, das mich verunsichert – entweder liegt es daran, was er weiß, oder daran, was ich weiß. Ich glaube, dass sich im Schatten neben der Tür etwas bewegt hat.
    »Der Älteste will, dass ich ein Regent werde, wie er einer war.« Das Bild beginnt zu verblassen, aber Junior berührt den Schirm, und es baut sich wieder auf. Ich warte darauf, dass er weiterspricht. »Als Unfrieden zwischen den Staaten auszubrechen drohte, hat Lincolns straffe Führung sie zusammengehalten.«
    »Ja.« Das Wörtchen kommt mir langsam über die Lippen. Ein Teil meiner Aufmerksamkeit ist auf die Tür gerichtet – ist das Orion, der uns belauscht oder jemand anders? Und wieso kommt er nicht aus dem Schatten hervor und redet mit uns?
    »Und als die Unterschiede zwischen den Staaten zu groß wurden, war Lincoln derjenige, der die Ursache des Unfriedens beseitigte.«
    »Äh – was?«
    »Reinrassigkeit. Die Ursache des Kriegs war die Tatsache, dass zwei Rassen nicht zusammen in einem Land leben konnten. Lincoln hat die schwarze Rasse zurück nach Afrika geschickt und der Krieg war zu Ende.«
    Ich bin vollkommen verblüfft. »Was redest du da? So war das doch gar nicht!«
    Junior tippt auf den Bildschirm und das Bild von Lincoln wird durch einen Text ersetzt. Als er ihn laut vorliest, schwingt in seiner Stimme ein Hauch Ehrfurcht mit.
    »Vor 87 Jahren gründeten unsere Väter auf diesem Kontinent eine neue Nation, dem Grundsatz geweiht, dass alle Menschen gleich sein müssen. Nun stehen wir in einem großen Bürgerkrieg, um zu erproben, ob diese Nation dauerhaft bestehen kann, wenn die Menschen nicht gleich sind. Wir haben uns auf einem großen Schlachtfeld dieses Kriegs versammelt, um die Zukunft einer Nation, eines Volks festzulegen, frei von Gewalt, einig in Gleichheit. Nun wird unsere Nation die Stärke von Einheit und Gleichheit erfahren.«
    Junior holt tief Luft und will weiterlesen.
    »Stopp.«
    Junior sieht mich erstaunt an.
    »Das ist nicht die Ansprache von Gettysburg«, sage ich.
    »Natürlich ist sie das.«
    »Ist sie nicht.«
    »Und was ist sie dann?«
    Ich überlege fieberhaft und versuche, mich an den richtigen Wortlaut zu erinnern. »Das mit den 87 Jahren ist richtig. Aber dieser Teil, in dem es heißt, dass alle gleich sein sollen, das kommt nicht darin vor.«
    »Und wie lautet die richtige Ansprache?«
    »Äh … vor 87 Jahren … äh … okay, ich kann das Ding nicht auswendig, aber ich weiß genug darüber, um zu wissen, dass deine Fassung falsch ist.«
    Junior sieht mich zweifelnd an, und ich merke selbst, wie schwach meine Argumente sind. Insgeheim mache ich mir Vorwürfe. Wie konnte ich die Erde verlassen, ohne so etwas zu wissen?
    »Das da … eure Fassung ist im Grunde Rassismus«, sage

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