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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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ich. Allerdings scheint Junior nicht zu wissen, was Rassismus ist. »Die Ansprache, die du gerade vorgelesen hast – darin ging es nur um die Trennung der Rassen. Aber darum ging es in der Ansprache von Gettysburg nicht. Außerdem – sieh dich doch an.« Mit einer Handbewegung deute ich auf Juniors braune Haut, die mandelförmigen Augen, die hohen Wangenknochen und das dunkle Haar. »Du bist der ultimative Rassenmix.«
    Junior sieht mich verwirrt an. Er kann nicht begreifen, dass die Rasse einen Teil der Identität eines Menschen ausmacht – er sieht sie nur als etwas Andersartiges, das man am besten ausmerzen sollte.
    Mir wird klar, dass das genau die Denkweise ist, die der Älteste von ihm erwartet.
    Mir war so, als hätte ich in der Nähe der Tür ein leises Kichern gehört, aber als ich herumfahre, um nachzusehen, ist niemand da. Nur Junior, der immer noch nicht versteht, was ich ihm zu erklären versuche. Wie soll er auch? Wie kann er aus der Geschichte lernen, wenn die Geschichte manipuliert wurde?
    Ich bin die Einzige, die weiß, dass es so ist, aber ich weiß nicht genug, um es zu korrigieren.
    Und würden sie mir überhaupt glauben, wenn ich es versuchen würde?

58
    Junior
    Amy starrt auf den Schirm und ist genauso unglücklich wie vor unserer Ankunft. Das hatte ich anders geplant. Ich wollte sie herbringen, um sie aufzumuntern. Ich tippe auf den Schirm und lasse Lincoln verschwinden.
    »Wir sollten zurückgehen«, sagt Amy. »Harley bewacht das Kryo-Deck schon lange genug. Ich werde ihn ablösen.«
    Es gibt noch so vieles, das ich ihr zeigen will: den Raum mit den echten Büchern von der Sol-Erde. Das Museum mit den Modellen von der Sol-Erde, darunter ein Originaltraktor, den wir als Muster für unsere Traktoren genommen haben. Den Raum mit den wissenschaftlichen Aufzeichnungen, in denen nachzulesen ist, wie die Dra-Kom und die Schwerkraftröhren entwickelt wurden. Aber sie will nichts davon sehen, also lohnt es nicht, darüber nachzudenken.
    »Ich kenne den Mann«, sagt Amy plötzlich verblüfft. Sie schiebt mich zur Seite, um sich das Bild auf dem Schirm besser ansehen zu können.
    Ich betrachte das Bild, aber ich weiß nicht, wer darauf zu sehen ist. Der Mann ist schon älter, irgendwo zwischen Harley und Doc, mit dunklen Haaren und braunen Augen, aber er sieht trotzdem anders aus als wir – er ist nicht monoethnisch. Er sitzt vor einer der Wohneinheiten und hat ein dickes Baby auf dem Schoß. Er kann nicht wichtig sein, denn sonst hätte der Älteste darauf bestanden, dass ich mir Fakten über ihn einpräge.
    »Das ist Ed.«
    »Wer?«
    »Ed. Ich habe ihn getroffen, kurz bevor ich eingefroren wurde. Er war einer der Männer, die mich und meine Eltern eingefroren haben.«
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihn das wichtig genug macht, um sein Bild neben dem vom Abraham Lincoln zu zeigen. Ich greife an Amy vorbei und berühre den Schirm, aber das Bild von diesem »Ed« verschwindet nicht. Ich berühre noch einmal den Schirm und jetzt erscheint sogar der Text.
    »Edmund Albert Davis Junior«, lese ich laut vor. »Das erste auf der Godspeed geborene Kind, hier gezeigt mit seinem Vater, Edmund Albert Davis Senior, einem Freiwilligen von der Sol-Erde.«
    »Ich kannte ihn«, sagt Amy. Sie hält den Kopf schief und sieht das Bild von Edmund Albert Davis Senior an, als wäre er lebendig und sie würde mit ihm reden. »Ich hatte keine Ahnung, dass er sich verpflichtet hatte, die Erde auf der Godspeed zu verlassen.«
    Ich denke an Edmund Albert Davis Junior und daran, dass er der Erste war, der hier in Gefangenschaft geboren wurde. Ich frage mich, wie er sich wohl gefühlt hat, unter Leuten aufzuwachsen, die die Erde gekannt haben, und zu wissen, dass er sie niemals sehen würde.
    »Ich wünschte, ich hätte es gewusst«, sagt Amy. »Ich wünschte, ich hätte mehr mit ihm gesprochen. Ich wünschte, ich hätte ihn gefragt, wieso er sich der Besatzung angeschlossen hat. Er erschien mir so verbittert, als wir uns getroffen haben. Aber vielleicht war das nur, weil …« Sie verstummt und starrt auf den Schirm. Plötzlich lacht sie auf. »Stell dir das vor! Ich habe diesen Mann vor Jahrhunderten getroffen und jetzt begegnen mir hier auf dem Schiff vielleicht seine Nachkommen! Die Nachkommen von dem Mann, der mich eingefroren hat! Wäre das nicht total cool?« Sie sieht mich mit großen Augen an. »Vielleicht bist du ja ein Nachkomme von Ed? Wäre das nicht ein irrer Zufall?«
    Ich lache, weil sie

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