Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
es gibt keine Bilder oder Filme davon, und jetzt dürfen nur noch die Wissenschaftler auf dem Technikdeck fotografieren, und das auch nur, um ihre Entdeckungen zu dokumentieren.«
»Etwas ist während dieser Seuche passiert«, stellt Amy bedächtig fest. »Etwas so Schlimmes, dass alle Aufzeichnungen darüber vernichtet wurden. Und alles danach – die Paarungszeit, die Art, wie die Leute sich verhalten – ist auf die Seuche zurückzuführen.«
59
Amy
Junior will etwas sagen, aber als er den Mund öffnet, wird die Tür des Archivs aufgestoßen.
»Junior!« Die tiefe laute Stimme des Ältesten hallt durch den Eingangsbereich.
Junior hechtet zur Steuereinheit der Bildschirme. Alle verbotenen Bilder von den Leuten und Orten meiner Heimat verschwinden. Die verräterische Ahnentafel verblasst; das Diagramm des Motors ebenfalls.
»Gib dir keine Mühe«, knurrt der Älteste. Er tippt sich mit einem Finger hinter das linke Ohr, wo die Kommunikationseinheit sitzt. »Ich kriege alles mit, was du dir auf diesem Schiff ansiehst. Ich weiß, wozu du dir Zugang verschafft hast.«
»Es tut mir leid«, sagt Junior automatisch, aber ich merke, dass er es nicht ernst meint und sich ärgert, dass er es überhaupt gesagt hat. Er richtet sich auf, was ihn gleich viel energischer wirken lässt. »Seit wann überwachen Sie mich? Ehrlich gesagt wundert es mich, dass Sie es überhaupt mitgekriegt haben. Als ich Sie das letzte Mal gesehen habe, waren Sie ziemlich betrun…«
Mein Kopf fährt herum zum Ältesten. Betrunken? Wollte Junior gerade sagen, dass der Älteste betrunken war?
Meine Reaktion bleibt dem Ältesten nicht verborgen. Er sieht jedoch nicht mich an, sondern Junior und sagt: »Ein wahrer Regent verliert niemals die Kontrolle und ist niemals betrunken.« Jetzt erst sieht er mich an. »Wenn ich mich recht erinnere, war ich der Meinung, dass du dich als potenzielle Störung erweisen würdest. Wie man sieht, hatte ich damit recht.«
»Ich habe doch gar nichts gemacht!«, beteuere ich, aber ich kann den Anflug von Panik in meiner Stimme nicht verbergen. Ich habe seine ursprüngliche Drohung nicht vergessen.
Der Älteste wedelt abschätzig mit der Hand. »Deine Anwesenheit reicht. Sie lenkt meinen … Schüler von seinen Studien ab.« Das sagt er so verächtlich, als wäre ein Schüler für ihn ungefähr dasselbe wie ein lästiger kläffender Hund. Sein Blick wandert wieder zu Junior. »Es wird Zeit, dass du deine Studien wieder aufnimmst. Ich hatte mit der Paarungszeit zu tun und habe dich mit deinem kleinen Mädchen hier herumspielen lassen, aber wenn du die Zeit hast, das nachzulesen, was ich gesehen habe, dann ist es definitiv Zeit, dass du wieder anfängst, etwas Sinnvolles zu studieren.«
Er geht zurück zur Tür. Junior beißt sich auf die Lippe und ist sich nicht sicher, ob er ihm folgen soll oder nicht.
»Warten Sie!«
Der Älteste dreht sich zwar um, kommt aber nicht zurück.
»Ich will jetzt gefälligst ein paar Antworten haben«, sage ich und marschiere direkt auf ihn zu. »Sie wissen genauso gut wie ich, dass hier ein paar total abgefahrene Dinge vor sich gehen. Diese Paarungszeit war schon schlimm genug, aber jetzt bezeichnet der Doktor mich als verrückt und ich muss dieselben Pillen nehmen wie Junior, und hier an Bord …«
»Das reicht«, unterbricht mich der Älteste mit eisiger Autorität. »Ich habe dir gesagt, dass ich keine Störung dulde. Du hast offensichtlich nicht zugehört.«
»Ich denke, dass dieses Schiff etwas Störung gut vertragen kann!«
»Die letzte Person, die dieser Meinung war, denkt jetzt gar nichts mehr.«
Abgesehen von Juniors tiefem Einatmen herrscht absolute Stille im Archiv. Wir stehen uns gegenüber, der Älteste an der Tür, ich beim Modell der Planeten und Junior in der Mitte.
»Komm jetzt, Junior.« Wieder dreht sich der Älteste zur Tür um.
»Was ist während der Seuche passiert?«, schreie ich ihn an. »Was verschweigen Sie uns? Sie wissen es – ich weiß, dass Sie es wissen! Wieso sagen Sie uns nicht endlich die Wahrheit?«
Der Älteste durchquert die Eingangshalle mit drei großen Schritten und baut sich vor mir auf. »Dieses Schiff ist auf Geheimnissen aufgebaut; es wird von Geheimnissen getrieben«, sagt er, und kleine Spucketröpfchen fliegen mir ins Gesicht. »Und wenn du weiter danach fragst, wirst du herausfinden, wie weit ich zu gehen bereit bin, um sie zu bewahren. Geh auf dein Zimmer, und diesmal wird Doc dafür sorgen, dass du dich benimmst.
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