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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Archiv, und Bartie fand, so weit ich das beurteilen konnte, Geborgenheit nur noch in seiner Musik.
    »Wie ist es dir ergangen?«, frage ich und stütze mich auf den Tisch.
    Bartie zuckt mit den Schultern. Neben ihm türmt sich ein Stapel Bücher auf, aber es sind alles dicke Wälzer aus der Politik-Abteilung und keine Werke über Musik.
    »Komisch, dich ohne Amy hier zu sehen«, bemerkt Bartie.
    »Ach, das … also, wir …« Ich seufze und fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Amy und ich haben eine Menge Zeit im Archiv verbracht, sogar genau in diesem Raum, und einen Plan für die Gründung unserer Polizei erarbeitet. Ich weiß, dass sie mir gegenüber misstrauisch ist, seit ich ihr gestanden habe, dass ich derjenige war, der sie aufgeweckt hat, aber … sie hatte aufgehört, vor meiner Berührung zurückzuzucken und auch wieder angefangen zu lächeln.
    Bis ich sie einen Freak genannt habe.
    Verdammt.
    »Alles okay?«, fragt Bartie und ich höre einen Anflug echter Besorgnis in seiner Stimme.
    »Klar«, murmele ich. »Es ist nur … wegen Amy …«
    Bartie runzelt die Stirn. »Es gibt wichtigere Probleme auf diesem Schiff als einen Freak von der Sol-Erde.«
    »Nenn sie nicht Freak!«, fahre ich ihn an.
    Bartie lehnt sich in seinem Stuhl zurück und hebt entschuldigend die Hände. »Ich wollte nur darauf hinweisen, dass du Wichtigeres zu tun hast.«
    Meine Augen verengen sich, als ich das dicke Buch betrachte, das Bartie sich geholt hat. Auf dem Titelbild ist eine Frau mit noch blasserer Haut als Amy. Ich lese den Titel – es ist die Geschichte der Französischen Revolution.
    »Warum liest du das?«, frage ich. Mittlerweile sehe ich Bartie mit anderen Augen und mein Misstrauen ist geweckt. Es ist viel Zeit vergangen, seit wir Kayleigh und Victria ins Archiv gefolgt sind und auf der Veranda Schaukelstuhlrennen veranstaltet haben.
    Und ich hätte nie erwartet, dass sich Bartie für ein Thema wie die Französische Revolution interessieren würde.
    Oder interessiert ihn vielleicht der Frea… ich zwinge mich, das Wort nicht zu Ende zu denken – interessiert ihn vielleicht die ungewöhnliche Frau auf dem Umschlag des Buchs? Oder die Guillotine, mit der dem König der Kopf abgeschlagen wurde? Ich verdränge diese Gedanken schnell wieder. Ich glaube, ich werde paranoid.
    »Essen«, sagt Bartie.
    »Essen?«
    Er nickt, schiebt mir den Wälzer hin und nimmt ein dünnes, in grünes Leder gebundenes Bändchen in die Hand. »Das fand ich interessant. Diesen Teil mit ›Lasst sie Kuchen essen‹ – ich frage mich, ob es überhaupt zum Aufstand gekommen wäre, wenn es die Nahrungsmittelknappheit nicht gegeben hätte.«
    »Vielleicht waren diese Kleider der Grund«, scherze ich und zeige auf die vielen Lagen Seide, aus denen das Kleid der Frau besteht. Aber Bartie lacht nicht und ich auch nicht, denn ich muss an die Tabelle mit der rückläufigen Nahrungsproduktion denken, die Marae mir gezeigt hat. Wenn alle anderen auf dem Schiff merken, wie schnell das Essen knapper wird – dass das Schiff tot im All treibt und wir das auch bald tun werden –, wie lange wird es dann noch dauern, bis die Menschen ihre Ackergeräte als Waffen einsetzen, und es zu einer Revolution kommt wie in Barties Buch?
    Bartie antwortet nicht. Er schlägt das dünne grüne Buch auf, aber seine Augen wandern nicht über die Zeilen, und ich habe den Eindruck, dass er darauf wartet, dass ich etwas sage oder tue. Jetzt bin ich nicht mehr sicher, ob ich wirklich nur paranoid bin.
    »Es muss sich etwas ändern, und zwar bald«, sagt Bartie, ohne vom Buch aufzusehen. »Es bahnt sich schon seit Monaten an. Seit du sie verändert hast.«
    »Hab ich nicht –«, verteidige ich mich automatisch, obwohl in seiner Stimme nichts Anklagendes war. »Ich habe nur … also, gut, in gewisser Weise habe ich sie verändert, aber ich habe sie nur zu dem gemacht, was sie einmal waren . Was sie sein sollen. Was sie sind.«
    Bartie sieht nicht überzeugt aus. »Wie auch immer. Jedenfalls sind sie jetzt anders. Und es wird schlimmer.«
    Die erste Ursache für Unfrieden , denke ich, ist Verschiedenartigkeit.
    Bartie blättert in dem dünnen grünen Buch eine Seite um. »Jemand muss etwas tun.«
    Die zweite Ursache für Unfrieden: Das Fehlen eines starken Anführers.
    Was glaubt er, was ich die ganze Zeit tue? Verdammt, ich renne doch in letzter Zeit von einem Problem zum nächsten! Wenn es kein Streik irgendwelcher Arbeiter ist, sind es Beschwerden von anderen –

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